Bilanz der gemeinsamen Aktionen von IG Medien und amnesty international
Die Bilanz ist durchwachsen: Appelle nach Aufrufen in „M“ halfen, dass zwei Journalisten aus der Haft entlassen, Morddrohungen gegen eine Kollegin gestoppt und eine Inhaftierung abgewendet wurden. Diesen positiven Entwicklungen stehen zwei weiterhin „verschwundene“ Medienschaffende, ein ermordeter Kollege und ein zu langer Haft verurteilter Journalist gegenüber.
Seit der Ermordung von Georgij Gongadse vergeht in Kiew fast keine Woche ohne heftige Proteste gegen Präsident Leonid Kutschma. Ein hässliches politisches Lehrstück ist publik geworden und hat die Öffentlichkeit aufgerüttelt: Ein Tonband dokumentiert ein mitgeschnittenes Telefonat. Darin ordnet ein Mann die Liquidierung des regierungskritischen Journalisten an. Die Stimme wird dem Staatschef zugeordnet – und im Präsidentenpalast wird das nur schwach dementiert. Als die Appelle zur Aufklärung des Schicksals von Gongadse gestartet wurden, dürfte dieser schon tot gewesen sein, doch absurderweise hat ausgerechnet seine Ermordung Opposition und unabhängigen Medien neues Leben eingehaucht.
Uneingeschränkt negativ hat sich das Verfahren gegen den iranischen Journalisten Akbar Ganji entwickelt. Die politischen Verwicklungen waren so stark, dass die internationalen Proteste gegen die ungerechtfertigte Inhaftierung von Ganji ohne Wirkung blieben. Sein „Verbrechen“ ist lediglich die Teilnahme an einer Iran-Konferenz der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin. Doch seine Verurteilung zu zehn Jahren Gefängnis hat mehr mit innenpolitischen Machtkämpfen zwischen den so genannten Reformern und den religiösen Führern im Land zu tun. Der Versuch der konservativen Teheraner Justiz, demonstrativ die Verurteilungen iranischer Geheimdienstler im Berliner Mykonos-Prozess zu rächen, machte einen fairen Prozess für Ganji unmöglich.
Die Freiheit erlangten demgegenüber die beiden Journalisten aus Jugoslawien zurück, für die sich IG Medien und amnesty international einsetzten: Nebojsa Ristic wurde lange vor, Miroslav Filipovic unmittelbar nach dem Machtwechsel in Belgrad vorzeitig aus der Haft entlassen. Internationale Proteste halfen auch Ileana Alamilla: Seitdem das guatemaltekische Innenministerium mit Protestschreiben überhäuft wurde, gab es offenbar keine neuen Morddrohungen mehr gegen die Direktorin der Nachrichtenagentur CERIGUA. Unterstützung brauchen die Kolleginnen und Kollegen aus dem mittelamerikanischen Land jedoch weiterhin, wie die aktuelle Gemeinschaftsaktion von IG Medien und amnesty international zeigt (siehe folgender Text).
Nahezu unverändert ist die Lage für Mumia Abu Jamal: Seit sechs Jahren ist sein Berufungsverfahren anhängig, seit 19 Jahren lebt er im Todestrakt. Doch ohne die weltweite Unterstützung könnten die US-Behörden das Todesurteil womöglich längst vollstreckt haben. Nicht ins Gefängnis musste Rafael Marques aus Angola, doch eine Bewährungsstrafe und ein Publikationsverbot sind Versuche, ihn auf andere Art und Weise mundtot zu machen. Über das Schicksal von Milan Nepali und Taisa Isajewa gibt es keine neuen Informationen. Doch die Hoffnung, dass die „Verschwundenen“ in Nepal und Tschetschenien noch irgendwo in geheimer Haft leben, besteht weiter.
Internationale Solidarität hilft verfolgten Kolleginnen und Kollegen. Trotz einiger Rückschläge ist unübersehbar, dass engagierte und bedrohte Journalisten viel schlechter dastünden, wenn keine Aktionen zu ihren Gunsten gestartet würden. Jeder einzelne Journalist, der nicht inhaftiert wird und jede Kollegin, gegen die Drohungen und Einschüchterungen abnehmen trägt auch dazu bei, dass die Pressefreiheit ein Stück weit verwirklicht wird.
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