Aus für Frecuencia Libre

Bürgerradio verboten und als Piratensender abgestempelt

Sie setzten auf das Wort der Regierung, gegeben am „runden Tisch über die umfassende Reform der Rechtslage elektronischer Medien“: die Radiomacher/innen des Senders 99.1 Frecuencia Libre („Freie Welle“) im mexikanischen Chiapas. Doch gerade ein Monat lang war das Programm der engagierten Ehrenamtlichen wieder zu hören, dann kam erneut das Aus: Sie seien ein Piratensender und das habe strafrechtliche Konsequenzen für die Betreiber, ließ die Staatsmacht verlauten.

Aleida Calleja, die mexikanische Vertreterin des weltweiten Zusammenschlusses von freien und Bürgerradios (AMARC) organisierte Protest. In einem offenen Brief an den Präsidenten der Republik, Vicente Fox, an den Gouverneur des Bundesstaats Chiapas und an andere staatliche Stellen protestieren 60 mexikanische und lateinamerikanische AMARC-Radios gegen Willkür und Unterdrückung der nichtkommerziellen und nicht-staatlichen Stimme 99.1 Frecuencia Libre aus San Cristobal.

Abkommen gebrochen

Sie beklagen, dass die Regierung das am Runden Tisch vereinbarte Stillstandsabkommen gebrochen hat und das Bürgerradio in Chiapas unter Strafandrohung den Betrieb einstellen musste, obwohl man sich am Runden Tisch über die wichtige kommunikative Rolle des Senders für die indigene Bevölkerung einig gewesen war. Auch sollten vor der großen Gesetzesreform keine neuen medienrechtlichen Fakten geschaffen und keine der bisher in einer rechtlichen Grauzone agierenden Bürgerradios verfolgt werden. Stattdessen wurden 82 neue Radiokonzessionen an den Unternehmerverband der Medienindustrie vergeben.

Der Protestbrief endet mit einem Appell an die Regierenden in Mexiko-Stadt und in San Cristobal, keine Übergriffe auf den Sender 99.1 Frecuencia Libre und die Radiomacher/innen zuzulassen, sondern eine Lösung zu finden, die das Menschenrecht auf Information und freie Meinungsäußerung achtet. Außerdem sollte die Regierung alles tun, „um den Spielraum für freie und Bürgerradios zu vergrößern, statt sie als Gesetzesbrecher zu behandeln“.


 

Der Solidaritätsfonds Demokratische Medien in der Welt e.V. und ver.di / Medien haben sich diesem Protest angeschlossen.

Schreiben auch Sie an:

Secretaria de Gobernacion
Fax 51 40 81 14
e-mail mgmorin@segob.gob.mx

Gobierno de Chiapas,
Fax 01·961·613·24·58

Secretaria de Communicaciones y transportes,
Fax 55 30 43 15
e-mail jrodrigc@sct.gob.mx

Der vollständige Beitrag von Aleida Calleja und der Aufruf unter www.solifonds.de

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Nachrichten gegen Desinformation

Über 800 Medien wie Reuters, die Washington Post, Zeit Online und AFP unterstützten den diesjährigen World News Day, der zeitgleich mit dem UN-Tag für den universellen Zugang zu Information, am 28. September gefeiert wird.  „Journalismus ist das Sicherheitsnetz unserer Gesellschaft, sagte David Walmsley, Gründer des Weltnachrichtentages und Chefredakteur der kanadischen Zeitung Globe and Mail. Dieses Sicherheitsnetz hat Risse und hängt fast überall in der Welt am seidenen Faden - und mit ihm alle freien Gesellschaften. Deshalb schlägt Walmsley Alarm. Unterstützt wird er vom Weltverband der Nachrichtenmedien (WAN-IFRA), dem World Editors Forum, der Canadian Journalism…
mehr »

Neue Perspektiven für Klimajournalismus

Besondere Zeiten brauchen einen besonderen Journalismus – ein Motto, dass das im Juli gelaunchte deutschsprachige Medienprojekt „Neue Zukunft“ nicht aus werbestrategischen Gründen ausgegeben hat. Die Klimakrise und die Klimagerechtigkeitsbewegung erhalten in vielen Medien der Schweiz, Österreichs und Deutschlands ihrer Meinung nach nicht genügend Aufmerksamkeit. Gerade Gerechtigkeitsfragen erhöhen den Handlungsdruck im Zusammenhang mit den Folgen menschlichen Raubbaus an Ressourcen und Umwelt.
mehr »

Klimaleugnung in den Medien

Rechtspopulistische Bewegungen machen weltweit mobil gegen den Klimaschutz. Sie zeigen sich „skeptisch“ gegenüber dem Klimawandel und lehnen klima- und energiepolitische Maßnahmen ab. Ein Widerspruch: Obgleich „Klimaskepsis“ und die Leugnung des menschengemachten Klimawandels vielfach zentrale Positionen der politischen Rechten markieren, existieren auch gegenläufige Tendenzen in Bezug auf Umwelt- und Naturschutz. Denn auch Rechte waren stets in Umweltbewegungen zugegen. Das hat Tradition.
mehr »

Klischees, die bis heute wirken

Die MDR-Dokumentation „Es ist kompliziert - Der Osten in den Medien“ prüft die Entstehung des medialen Bilds von Ostdeutschland. Die umfassende Analyse von über 30 Jahren Berichterstattung zeigt, wie entlang von Medien-Stories und Skandalen ein Narrativ vom Osten entstanden ist, das immer wieder aufgegriffen wird und seine Wirkmächtigkeit nicht verloren hat.
mehr »