Bulgarische Journalistin ermordet

Victoria Marinova während ihrer Talk Show "Detektor"
Bild: Screenshot von Youtube https://tinyurl.com/ybwjl57s

Die Internationale und die Europäische Journalisten-Föderation (IJF und EJF) sind zutiefst schockiert über den Mord an der bulgarischen Journalistin Victoria Marinova, die für den regionalen Fernsehsender TVN arbeitete. Sie ist nach Kim Wall in Dänemark, Daphne Caruana Galizia in Malta und Jan Kuciak in der Slowakei die vierte Journalistin, die seit 2017 in der EU getötet wurde. Marinova wurde am Samstag in einem Park in Ruse im Norden des Landes brutal ermordet. Sie hatte sich zuletzt mit einem möglichen Missbrauch von EU-Subventionen beschäftigt.

Nach Aussage des Staatsanwalts sei die 30jährige Journalistin durch Schläge auf den Kopf und Erstickung gestorben. Es hätten ihr Handy, ihre Autoschlüssel, die Brille und Teile ihrer Kleidung gefehlt.

Marinova arbeitete in Ruse für den lokalen Privatsender TVN und war dort gerade mit ihrer eigenen Talk Show „Detector“ gestartet, die zum letzten Mal am 30. September ausgestrahlt wurde. Bei dieser Gelegenheit hatte sie den bulgarischen Journalisten Dimitar Stoyanov vom investigativen Blog bivol.bg sowie den rumänischen Journalisten Attila Biro vom Journalismusprojekt RISE Romania interviewt. Die beiden Journalisten waren letzten Monat von der bulgarischen Polizei verhaftet worden, als sie in der Nähe von Sofia die Zerstörung von Dokumenten untersuchten, die mutmaßlich korrupte Praktiken eines privaten Straßenbauunternehmens enthüllen, das im Verdacht des Missbrauchs von EU-Subvention steht.

IJF und EJF sowie ihre bulgarischen Mitgliedsorganisationen UBJ und Podkrepa fordern die bulgarischen Behörden auf, umgehend die Verantwortlichen für diesen Mord zur Rechenschaft zu ziehen. EJF-Generalsekretär Ricardo Gutiérrez: „Dies ist der vierte brutale Journalistenmord in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union seit 2017. Die Mörder und ihre Auftraggeber wollen offensichtlich den gesamten Berufsstand einschüchtern. Wir fordern die europäischen Regierungen auf, den Vorschlag der IJF für eine Internationale Konvention über die Sicherheit und Unabhängigkeit von Journalisten zu unterstützen und die Empfehlung des Europarats zum Schutz des Journalismus und zur Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten umzusetzen. Die Staaten dürfen nicht länger passiv bleiben.“ Und IJF-Generalsekretär Anthony Bellanger fügte hinzu: „Schon wieder wurde eine Journalistin ermordet, die zu Korruption recherchierte. Investigativer Journalismus ist in Europa zunehmend bedroht. Für die Staaten ist es Zeit zu handeln.“

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Drei Fragen: Zur Deutschen Welle

Bei der Deutschen Welle (DW) arbeiten rund 1.800 festangestellte und 2.000 freie Mitarbeiter*innen in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat die Belegschaft der DW in Bonn und Berlin am 13.11. zu einem ganztägigen Streik aufgerufen. Denn nach sechs Runden stocken die Verhandlungen. Wir sprachen vor Ort in Berlin mit der ver.di-Sekretärin Kathlen Eggerling.
mehr »

Filmtipp: Turmschatten

Hannu Salonens Verfilmung des Romans „Turmschatten“ ist ein famos fotografierter Hochspannungs-Thriller. Heiner Lauterbach spielt in der sechs-teiligen Serie den deutschen Juden und ehemaligen Mossad-Agenten Ephraim Zamir, der zwei Neonazis für den Tod seiner Adoptivtochter verantwortlich macht. Die Internetgemeinde soll über ihr Schicksal entscheiden. Er nennt sich „Vollstrecker“, weil er angeblich nur den Willen der Mehrheit ausführt, aber in Wirklichkeit ist Zamir Staatsanwalt, Richter und Henker in einer Person.
mehr »

Der SWR-Staatsvertrag wird erneuert

Die Landesregierungen von Baden-Württemberg und Rheinland-Platz wollen den Südwestrundfunk künftig (SWR) moderner aufstellen. Dazu legten sie Anfang November einen Entwurf zur Novellierung des SWR-Staatsvertrags vor. Zentrale Änderungen betreffen die Organisationsstrukturen sowie die Aufsichtsgremien des SWR. Rundfunkrat und Verwaltungsrat sollen bei der Mitgliederzahl jeweils um rund 30 Prozent verkleinert werden. Der SWR soll noch stärker auf Regionalität ausgerichtet werden.
mehr »

Die Medienwende nach dem Mauerfall

35 Jahre nach dem Mauerfall bietet die Medienlandschaft im Osten Deutschlands ein zwiespältiges Bild. Nach wie vor verlieren die von westdeutschen Großverlagen kontrollierten ehemaligen DDR-Traditionstitel überdurchschnittlich an Auflage und Anzeigenvolumen. Der aufgelöste staatliche DDR-Rundfunk ist nach anfänglichem Hickhack erfolgreich in ARD und ZDF integriert. Gescheitert ist indes früh der Traum der Ex-Bürgerrechtler von einem „Dritten“ Medienweg.
mehr »