Gemeinsame Aktionen von ver.di und amnesty international in «M» 2003
Es wirkt: Briefe an Behörden haben auch im vergangenen Jahr wieder dazu geführt, dass inhaftierte Journalistinnen und Journalisten frei kamen sowie Morddrohungen, Einschüchterungen gestoppt wurden.
Im Augenblick seiner Freiheit dachte Ali Lmrabet sofort an Andere. Kaum aus dem Gefängnis entlassen, dankte er amnesty international telefonisch für den Einsatz und bat die Organisation, sich weiterhin für die verbliebenen politischen Gefangenen Marokkos einzusetzen. Dass dies notwendig ist, hatte sein eigenes Schicksal eindringlich gezeigt. Am 21. Mai 2003 war er festgenommen und später zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der Journalist und Karikaturist soll als Herausgeber der Satiremagazine „Demain“ und „Doumane“ den König beleidigt, die Monarchie unterhöhlt und das Staatsgebiet Marokkos gefährdet haben. Ein Interview, mehrere Artikel und einige Zeichnungen waren den Richtern Beweis für diese Anschuldigungen. Die Behörden des nordafrikanischen Landes steckten nicht nur Lmrabet ins Gefängnis, sondern verboten auch seine Zeitungen. Massive internationale Proteste, an denen sich auch ver.di mit einer Aktion in «M» beteiligte, sowie ein 47-tägiger Hungerstreik des Journalisten führten schließlich zum Erfolg. Im Rahmen einer königlichen Amnestie kam Ali Lmrabet am 7. Januar 2004 frei.
Auch für den sudanesischen Journalisten Edward Terso Lado war der Aufenthalt im Gefängnis befristet. Seine Freilassung erfolgte allerdings mit dem Hinweis, ihm drohten „ernsthafte Konsequenzen“, sollte er weiterhin Artikel im englischsprachigen „Khartoum Monitor“ schreiben, die von den Behörden des afrikanischen Landes als „Anstiftung zum Rassenhass“ betrachtet würden. Anlass für die Repressionen war ein Artikel über die frühe Geschichte des Islam. Dieser passte den Machthabern um Präsident Omar Hassan-al-Bashir offenbar genauso wenig ins Konzept wie jede andere oppositionelle Äußerung. Freie Medien sucht man seit rund 15 Jahren im Sudan vergeblich.
Ohne Anklage in Haft
Auch in Bangladesch können Journalistinnen und Journalisten ins Visier der Sicherheitskräfte geraten – so wie Saleem Samad und Pricila Raj. Weniger eigene Geschichten als vielmehr ihre Unterstützung eines britischen Fernsehteams wurden ihnen zum Verhängnis. Nach der Übersetzerin Raj kam auch der Journalist Samad schließlich frei. Der Mitarbeiter der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ hatte fast zwei Monate im Gefängnis verbracht, ohne dass Anklage gegen ihn erhoben oder gar ein Urteil gefällt worden wäre.
Nur gegen Zahlung einer Kaution wurde sein iranischer Kollege Mohsen Sazegara aus der Haft entlassen. Allerdings ließen sich die Behörden damit Zeit. Schon im August hatten die Angehörigen des Regierungskritikers die stolze Summe von umgerechnet 720.000 Euro hinterlegt. Erst im Oktober kam Sazegara frei, nachdem er von einem Revolutionsgericht zu einer einjährigen Freiheitsstrafe wegen „Propaganda gegen das Regime“ verurteilt worden war. Er hatte auf seiner Homepage im Internet eine grundlegende Verfassungsreform für den Iran gefordert. Zur Zeit hält sich Sazegara zu einer medizinischen Behandlung in London auf. In Abwesenheit wurde das Urteil gegen ihn im März 2004 in zweiter Instanz bestätigt.
Für Ibrahim Moosa Luthfee von den Malediven war nicht in Sicht, dass sich die Gefängnistore bald öffnen könnten. Er nutzte im Sommer 2003 die Gelegenheit zur Flucht, nachdem er in ein Krankenhaus ins benachbarte Sri Lanka gebracht worden war.
Nicht nur die Lage der inhaftierten Kolleginnen und Kollegen, auch die derjenigen, die bedroht und eingeschüchtert wurden, hat sich zumeist verbessert. Unklarheit herrscht noch über das Schicksal von Michèle Montas aus Haiti. Auf die Rundfunkjournalistin war noch unter Präsident Aristide ein Mordanschlag verübt worden. Ob sie nach dem Regierungswechsel in Sicherheit lebt, ist ebenso offen wie die Frage, ob der Angriff auf sie und die Ermordung ihres Mannes jemals Gegenstand einer Untersuchung werden.
Anonyme Morddrohungen
Angel Mario Ksheratto Flores aus Mexiko lebt wieder sicherer. Seit gut einem Jahr erhielt er keine Morddrohungen mehr. Er hatte im August 2002 in der Zeitung „Cuarto Poder“ über Unregelmäßigkeiten beim staatlichen Ausschuss für den Bau von Schulen berichtet und musste sich daraufhin am Telefon anonyme Morddrohungen anhören. Ähnliches gilt offenbar für Luis Mamami und Andrés Béjar Torreblanca. Amnesty international weiß zumindest nichts von neuen Einschüchterungsversuchen gegen die beiden peruanischen Radioreporter, die nach kritischen Berichten über einen regionalen Bürgermeister bedroht worden waren.
Für Clara Britos aus Argentinien gingen hingegen die Repressionen erst einmal weiter. Im Juli gab es einen Brandanschlag auf ihr Haus, im Oktober 2003 wurde die Herausgeberin der Zeitschrift „La Tapa“ für mehrere Stunden verschleppt. Sie hatte die Tötung zweier Demonstranten durch argentinische Polizisten publik gemacht.
Zum Tode verurteilt
Immer noch nicht entschieden ist über das weitere Schicksal von Rehmat Shah Afridi. Der zum Tode verurteilte Journalist aus dem südasiatischen Pakistan wartet auf seine Berufungsverhandlung. Sie wurde zuletzt Mitte März auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Urteil gegen ihn erfolgte in einem unfairen Verfahren. Afridi wird Drogenhandel vorgeworfen; er hat aber auch Artikel über korrupte Regierungsbeamte veröffentlicht. amnesty international kündigte an, sein Schicksal weiter zu verfolgen und weitere Aktionen zu starten, um seine Hinrichtung zu verhindern und eine Neuauflage des Prozesses zu erreichen.
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