EU: Beschwerde gegen polnisches Mediengesetz

Sechs Medien- und Pressefreiheitsorganisationen, darunter EJF/IJF, AEJ (Vereinigung Europäischer Journalisten) und CPJ (Kommission für den Schutz von Journalisten), haben am 4. Januar Beschwerde gegen das neue polnische Mediengesetz beim Europarat eingereicht. Die neuen Bestimmungen würden die strategische und redaktionelle Haltung des öffentlichen Rundfunks unter die direkte Kontrolle der Regierung stellen, was in einer funktionierenden Demokratie absolut inakzeptabel sei, heißt es darin.
Das Gesetz wurde am Mittwoch zuvor vom Senat, der zweiten Kammer des polnischen Parlaments, verabschiedet und benötigt um in Kraft zu treten, nun nur noch die Unterschrift des polnischen Präsidenten Andrzej Duda. Konkret sieht das neue Mediengesetz vor, dass künftig der polnische Schatzminister bestimmt, wer die Leitung der öffentlich-rechtlichen Spartensender übernimmt. Bisher wurden die Chefposten vom Landesrat für Rundfunk und Fernsehen (KRRiT) für eine festgelegte Amtszeit gewählt. Damit habe ein Regierungsminister das Recht, alle Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu benennen und zu entlassen wie es der Regierung beliebe, heißt es in der Beschwerde der Medienorganisationen. Auch Katarzyna Janowska, Chefredakteurin des Spartensenders TVP Kultura, kritisierte gegenüber dem ZDF, dass damit das Prinzip der Amtszeit abgeschafft und die Chefredakteure nur noch so lange im Amt blieben, wie sie der Regierung gefallen würden. Da das Mandat der bisherigen Intendanten nach dem neuen Mediengesetz mit sofortiger Wirkung ausläuft, hat Janowska ihren Posten bereits gekündigt, um einer Entlassung zuvorzukommen.
Auf der EU-Kommissionsitzung am 13. Januar soll darüber entschieden werden, ob für Polen der Rechtsstaatsmechanismus aktiviert wird. Laut dem EU-Kommissar für Medienpolitik Günther Oettinger spreche jedoch viel dafür, dass Warschau unter Aufsicht gestellt werde.
Die Sektion Medien, Unterhaltung, Künste der UNI Global Union hat indes Polens Präsidenten Duda in einem offenen Brief dazu aufgefordert, das Gesetz nicht zu unterschreiben und bittet europäische Medien- und Journalistenverbände, mit Blick auf den 13. Januar ebenfalls an Duda sowie die EU-Kommission zu schreiben.
Wie Polens Kulturminister Piotr Glinski angekündigt hat, wolle man mit dem neuen Mediengesetz das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVP, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk PR sowie die polnische Nachrichtenagentur PAP in „nationale Kulturinstitute“ umwandeln. Darüber hinaus umfasst die von der PiS geplante Medienreform aber auch ein novelliertes Pressegesetz, mit dem eine Repolonisierung der Medien durch die Verdrängung ausländischer Medienkonzerne vom polnischen Markt angestrebt wird.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Schon entdeckt? Wie Rechte reden

Jede Woche die Analyse eines rechten Zitats – ob aus dem Bundestag oder beim Weihnachtsessen mit der Familie. Das bietet der Newsletter „Wie Rechte reden“ von Maria Timtschenko und Johannes Giesler. Denn: „Die Neue Rechte ist da“, wie die Autor*innen in der Ankündigung ihres Newsletters schreiben: „Sie ist auf der WG-Party bei deinen Freund:innen eingeladen. Sie steht neben dir in der Schlange für ‚Einmal Döner, bitte‘." Und sie verschiebt ihren menschenfeindlichen und autoritären Diskurs in die gesellschaftliche Öffentlichkeit, in Kommentarspalten, eigenen Medien oder Gruppenchats.
mehr »

RSF: Exilmedien als Quelle

Sie decken Korruption und Unterdrückung auf, wo ausländische Korrespondent*innen keinen Zugang haben: Exilmedien sorgen dafür, dass zuverlässige Informationen aus geschlossenen Diktaturen weiterhin verfügbar bleiben. In Kooperation mit dem JX Fund stellt Reporter ohne Grenzen (RSF) dar, wie wichtig Exiljournalist*innen in der internationalen Berichterstattung sind.
mehr »

Urheberrecht: ChatGPT-Urteil ist Anfang

Ein Präzedenzfall ist das Urteil im Rechtsstreit zwischen der Verwertungsgesellschaft Gema und dem KI-Unternehmen OpenAI vom 11. November 2025 sicherlich. Aber abgesehen von einem zu erwartenden längeren Instanzenweg stellt sich auch die Frage, wie sich die gesamte Kreativwirtschaft gegen die ungefragte Nutzung von geistigem Eigentum wehren kann.
mehr »

Initiative: KI besser nutzbar machen

Der Dominanz der globalen Big-Tech-Konzerne etwas entgegensetzen – das ist das Ziel einer Initiative, bei der hierzulande zum ersten Mal öffentlich-rechtliche und private Medienanbieter zusammenarbeiten. Sie wollen mit weiteren Partnern, vor allem aus dem Forschungsbereich, ein dezentrales, KI-integriertes Datenökosystem entwickeln. Dadurch soll die digitale Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Medienstandorts gestärkt werden.
mehr »