Selten hat der Start eines neuen Mediums in Deutschland derart heftigen Gegenwind erfahren wie im Fall von RT Deutsch. Seit ein kleines Team um den russischen Fernsehjournalisten Iwan Rodionow am 6. November online ging, hagelte es von allen Seiten vernichtende Kritik. Dabei ist unter den gut 2.000 internationalen Mitarbeitern des 2005 gegründeten russischen Auslandsfernsehens gerade einmal knapp ein Dutzend mit der neuen deutschen Homepage betraut. Sie soll das bestehende Programm auf Englisch, Arabisch und Spanisch ergänzen.
Der Anspruch des russischen Auslandssenders RT (Russia Today) liegt zwischen vergleichbaren westlichen Medienprojekten wie der BBC oder der Deutschen Welle einerseits und politisch motivierten Auslandsmedien von Schwellenländern wie dem lateinamerikanischen Nachrichtensender Telesur oder dem chinesischen CCTV andererseits. Es gehe darum, dem „einseitigen und oft interessengeleiteten Mainstream” etwas entgegenzusetzen, heißt es in der Selbstdarstellung von RT Deutsch, womit das Team seine Position zu „den deutschen Medien” von vornherein geklärt hat.
Und die reagierten nicht zimperlich. „Gelogen und verbogen” würde bei dem Onlineprojekt, hieß es in der Zeit, die FAZ warnte vor „russische Staats-Propaganda”, der Tagesspiegel reduzierte Redaktionschef Rodionow zum „Fernsehrussen” und die Augsburger Allgemeine beschäftigte sich vor allem mit der Rocklänge der Moderatorin. Der Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbandes, Hendrik Zörner, erkannte den Machern sogar ihre Rolle als Journalisten ab, indem er ihnen „journalistisch verbrämte Propaganda” vorwarf. Diese Reaktionen stehen indes in einem krassen Widerspruch zu den Publikumsreaktionen. Binnen drei Wochen hatte RT Deutsch bereits gut 40.000 Follower auf Facebook, Tendenz steigend.
Dabei gab es auf der Seite bisher kaum Inhalte, um die Linie des deutschsprachigen Programms schon klar bewerten zu können. Der Auftritt wirkt etwas holprig – sowohl beim täglichen Video-Format „Der fehlende Part” als auch bei den Schriftbeiträgen. Zu Wort kamen neben dem Bundestagsabgeordneten Diether Dehm (Linke) der Eurokritiker Markus Kerber, der ehemalige Bundeswehr-Oberstleutnant Jochen Schulz und der einstige RBB-Moderator Ken Jebsen. Jebsen, war das nicht der Verschwörungstheoretiker? Rodionow selbst lehnt entsprechende Vorwürfe ab. Es gehe nicht um Verschwörungstheorien, auch rechts oder links will er sein Projekt nicht einordnen lassen. Man wolle das „monolithische Meinungsbild zerstören und eine andere Perspektive in dieser Medienlandschaft gewähren”, sagt er und führt die Berichterstattung über die Ukraine an. Die aggressive Kritik seiner deutschen Kollegen weist er zurück: „Aber anscheinend hat sich da recht viel Galle angestaut, die jetzt auf RT Deutsch abgelassen wird”, so Rodionow, der RT Deutsch in einem Jahr als anerkanntes Medium etabliert sehen will.