Jahrestagung der EJF in Bergamo beschloss rechtliche Veränderungen
„Ich bin einer dieser Terroristen“, meinte Ahmet Sik – der Journalist saß 13 Monate lang wegen kritischer Berichterstattung in der Türkei im Gefängnis. Regierungsvertreter des Landes stellen unliebsame Journalisten immer wieder auf eine Stufe mit Terroristen. Mehr als 100 sind noch in Haft. Manche kamen wieder frei. Man habe ihnen „das Halsband abgenommen“, heißt es dann. „So bleiben wir für die Regierung die Hunde“, stellte Sik fest. Auf der Jahrestagung der Europäischen Journalisten-Föderation (EJF) im italienischen Bergamo berichtete er über das Klima der Angst unter kritischen Kollegen und Kolleginnen in der Türkei. Ihre Verfolgung war ein Schwerpunktthema bei der Versammlung.
Die Solidarität mit verfolgten Kolleginnen und Kollegen und die Verteidigung der Meinungs- und Pressefreiheit sind zentrale Anliegen der EJF, aber das ist nicht alles. Franco Siddi, der Generalsekretär der gastgebenden italienischen Journalistengewerkschaft FNSI, brachte es auf den Punkt: „Die Würde der Arbeit muss unser Leitstern sein. Journalisten und Journalistinnen müssen frei arbeiten können. Das können sie jedoch nur, wenn ihre Arbeit auch ausreichend bezahlt wird – egal ob sie fest angestellt sind oder als Freie arbeiten“. In den meisten Ländern Europas aber nimmt der Druck auf Journalistinnen und Journalisten und ihre Gewerkschaften von Seiten der Medienbesitzer zu.
Die Aufgabe der EJF besteht darin, den Mitgliedsgewerkschaften Hilfestellung im Kampf um die Rechte der Kolleginnen und Kollegen zu geben, versicherte der seit einem halben Jahr amtierende neue EJF-Generalsekretär Stephen Pearse. Breiten Raum nahm die Diskussion über die Zukunft der Freien in veränderten Medienmärkten ein – im Spagat zwischen verkappten prekären Arbeitsverhältnissen und Unternehmertum.
„Die Europäische Journalisten-Föderation ist das Herzstück der Internationalen Journalisten-Föderation“, erklärte der IJF-Präsident Jim Boumelha. Wie viele andere Redner formulierten Cornelia Haß und Wolfgang Mayer das Interesse, in diesem Sinn die EJF stärken zu wollen. In der Frage der Strategie gingen die Einschätzungen der Delegierten aber auseinander.
Mit knapper Mehrheit beschloss die Versammlung am Ende die Eintragung der EJF als eigenständige Organisation nach belgischem Recht. Breiten Raum nahm die Reform der EJF-Satzung ein. Die dju stimmte gegen die rechtliche Verselbständigung, weil die Konsequenzen auf die Finanzen und die Personalstruktur ungeklärt blieben und ein solcher formaler Schritt noch nicht automatisch die angestrebte Verbesserung in der Effizienz der EJF-Arbeit bedingt. Der Schritt bedeutet keine Trennung von der IJF – die EJF bleibt zugleich Teil derselben. Der Antrag von dju und DJV, nun unverzüglich die Diskussion über einen Personal- und Finanzplan zu starten, wurde einstimmig angenommen und soll nun die EJF in die Lage versetzen, die in sie gesetzten Erwartungen zu erfüllen. Dazu zählt die bessere Sichtbarkeit als Interessenvertretung. Die dju hätte sich die Klärung der Strukturen als ersten Schritt vor der Eintragung als eigenständige Organisation gewünscht. Neu im Kreis der EJF-Mitglieder ist nun auch die russische Journalisten-Union mit 57 000 Mitgliedern.