Das alternative Videokollektiv Filmpiratinnen und Filmpiraten e.V. aus Erfurt muss sich derzeit gegen eine Klage der FPÖ vor dem Handelsgericht in Wien wehren. Die rechte Partei verletzte das Urheberrecht der Erfurter Journalisten und überzieht sie nun im Gegenzug mit einem Prozess, dessen Kosten bereits das Aus für das Filmkollektiv bedeuten könnten.
Fast ein Jahrzehnt berichten die Videojournalisten über Antifademonstrationen, Flüchtlingsproteste oder Solidaritätsaktionen beispielsweise während des Einzelhandelsstreiks. Zunächst konzentrierte sich ihre Medienarbeit auf Thüringen. Mittlerweile sind die kritischen Journalisten europaweit mit der Kamera unterwegs. So berichteten sie auch über das Verfahren gegen den Jenaer Antifaschisten Josef S. in Wien. Die österreichische Justiz hatte den Studenten schweren Landfriedensbruch bei Protesten gegen den jährlichen Akademikerball in 2013 vorgeworfen. Dazu lädt die rechtspopulistische FPÖ alljährlich Ende Januar Politiker der rechten Szene Europas ein. Wegen der monatelangen Untersuchungshaft trotz unklarer Beweislage sprachen Menschenrechtsorganisationen von Kriminalisierung des Antifaschisten. Der Jenaer Oberbürgermeister Albrecht Schröder (SPD) verlieh S. im vergangenen Jahr einen Preis für Zivilcourage.
Die FPÖ stellte Ausschnitte eines Videoberichts der Filmpiraten über den Prozess gegen Josef S. und die Preisverleihung auf ihren Kanal FPÖ-TV. „Sie haben die Aufnahmen in einen neuen Kontext gesetzt und gleichzeitig gegen die Creative Commons-Lizenz verstoßen, die nicht-kommerzielle Nutzung und Weitergabe unter gleichen Bedingungen voraussetzt“, erklärte der Videojournalist Jan Smendek. Daher hatte der Verein die FPÖ wegen der Urheberrechtsverletzung abgemahnt. Daraufhin verklagte die FPÖ die Filmpiraten beim Wiener Handelsgericht wegen Behinderung der Meinungsfreiheit und falscher Anschuldigungen. Gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) erklärte ein FPÖ-Sprecher: „Wir fordern in unserer Klage gegen die ‚Filmpiraten‘ weder Geld noch Sonstiges, sondern lediglich die gerichtliche Feststellung, dass die von den ‚Filmpiraten‘ behaupteten Ansprüche gegen die FPÖ nicht zu Recht bestehen“.
Mittlerweile wurde bekannt, dass die FPÖ auch in Österreich ihre Kritiker häufiger mit solchen Klagen überzieht. Betroffen davon sind die „Initiative Heimat ohne Hass“, die Zeitschrift „Linkswende“ und der österreichischen Kriminalbeamte und Datenforensiker Uwe Sailer, der sich gegen die FPÖ engagiert. Die aufgrund der österreichischen Parteienfinanzierung sehr solvente Partei versucht, ihre Kritiker mit den Klagen finanziell unter Druck zu setzen, kritisiert ein Autor der „Linkswende“. Für die Filmpiraten geht es dabei um ihre Existenz. Der Streitwert liegt bei 35000 Euro. „Bis jetzt sind schon über 5.000 Euro an Anwaltskosten entstanden, die wir im Vorfeld aufbringen mussten“, erklärt Smendek. Die Auseinandersetzung kann sich noch über Monate hinziehen und teuer werden. Ein vom Wiener Handelsgericht vorgeschlagener Vergleich, bei dem beide Seiten ihre Klagen zurückziehen, ist für Smendek nicht annehmbar. „Die FPÖ könnte dann weiter unser Urheberrecht verletzen und wir würden auf einen Teil der Gerichtskosten sitzen bleiben“, begründet der Journalist die Ablehnung. So wird es wohl in einigen Monaten zum Prozess kommen.
Unter dem Motto „Sei unser Held – FPÖ kostet Nerven und Geld“ wird auf der Homepage www.filmpiraten.org zu einer Spendenkampagne aufgerufen. SPENDENKONTO Filmpiratinnen e.V. IBAN: DE56430609676027819400