Zum Tode verurteilt

Der afghanische Journalist Sayed Perwiz Kambachsch wartet weiter auf die Berufungsverhandlung gegen sein Todesurteil. Schon mehrfach hat das zuständige Berufungsgericht in Kabul das Verfahren verschoben – zuletzt am 1. Juni. Begründung: Der Gesundheitszustand von Kambachsch lasse keine Verhandlung zu. Nun soll ein Gutachten die Vorwürfe seines Anwalts überprüfen. Der hatte vorgetragen, sein Mandant sei gefoltert worden, um ein Geständnis zu erzwingen.
Ohnehin wirft der Fall kein gutes Licht auf die afghanische Justiz. Bei der Verhandlung in Mazar-i-Scharif, bei der das Todesurteil gegen Kambachsch verhängt wurde, hatte dieser keinen Rechtsbeistand. Auch sein „Vergehen“ wirkt reichlich konstruiert: Der 23-Jährige wurde wegen Blasphemie verurteilt. Sein angeblich anti-islamisches Verhalten wurde unter anderem dadurch „bewiesen“, dass er in einem Artikel kritisch die Rolle der Frau im Islam beleuchtet hatte.
Mittlerweile haben bereits eine Million Menschen einen Aufruf der britischen Zeitung The Independent unterzeichnet, in dem die Freilassung von Kambachsch gefordert wird. Er ist seit sieben Monaten inhaftiert und sein Gesundheitszustand ist besorgniserregend. „Jeder Tag, an dem Kambachsch nicht freigelassen wird, diskreditiert das afghanische Rechtssystem“, meint Bob Dietz, Asien-Experte des „Komitees zum Schutz von Journalisten“ (CPJ).

Weitere aktuelle Beiträge

Reich durch Medien wird nicht nur Musk

Jeden Tag drei neue Trump-Videos, zwei neue Musk-Gesten, ein neues Zuckerberg-T-Shirt: Die newsgetriebene Medienwelt wartet auf jedes Zucken im neuen autoritären Zirkus jenseits des Atlantiks. Ohne diesen zu relativieren zu wollen: Wer nimmt die Medienmilliardäre oder von Superreichen gepäppelten Portale diesseits des großen Wassers unter die Lupe?
mehr »

Türkei: Kurdische Journalisten in Gefahr

Nach Angaben der in Istanbul ansässigen Media and Law Studies Association (MLSA) standen zwischen dem 4. und 7. März mindestens 21 Journalisten vor türkischen Gerichten. Diese Zahl mag für deutsche Leser*innen schockierend sein, in der Türkei sind diese Ausmaße juristischer Verfolgung von Journalist*innen leider alltäglich. Unter dem Ein-Mann-Regime von Präsident Recep Tayyip Erdoğan sieht es mit der Meinungs- und Pressefreiheit im Land immer düsterer aus. Auch die jüngsten Daten der Journalistenvereinigung Dicle Fırat (DFG) zeigen deutlich, dass der Druck auf Journalisten wächst.
mehr »

RBB will Fehler analysieren

Der RBB räumte bereits schwerwiegende Fehler bei der Berichterstattung über den Grünen-Politiker Stefan Gelbhaar ein. In einer internen Sondersitzung soll nun ein weiteres Vorgehen geklärt werden. Um den Aufklärungsprozess „konstruktiv zu begleiten“, habe der rbb-Programmausschuss für kommenden Montag eine Sondersitzung einberufen, so der Sender. Darin soll es offenbar um die Ergebnisse des Untersuchungsberichts der Beratungsfirma Deloitte gehen.
mehr »

Filmtipp: Dietrich Bonhoeffer

Das unter anderem mit August Diehl und Moritz Bleibtreu sehr gut besetzte Drama setzt einerseits ein Denkmal für den Widerstandskämpfer. Andererseits ist es umstritten, weil Dietrich Bonhoeffer im Zusammenhang mit dem Film durch rechtsnationale amerikanische Evangelikale instrumentalisiert wird. Zum US-Start waren die Nachfahren des im KZ hingerichteten deutschen Theologen entsetzt, wie sein Vermächtnis „von rechtsextremen Antidemokraten" und „religiösen Hetzern verfälscht und missbraucht" werde. Inhaltlich ist die Aufregung unbegründet. Trotzdem ist der Film nur mit Abstrichen sehenswert.
mehr »