AfD im TV: Demokratie ist kein Boxring

Portrait von Günter Herkel

Günter Herkel lebt in Berlin und arbeitet als freier Medienjournalist für Branchenmagazine in Print und Rundfunk.
Foto: Jan-Timo Schaube

Meinung

Im Superwahljahr 2024 stellt sich den Medien verschärft die Frage, wie ein angemessener Umgang mit der AfD aussehen könnte. Sie einfach zu ignorieren scheidet als Strategie aus. Zum einen wäre eine solche Verweigerung weitgehend wirkungslos. Mit ihrer Präsenz in den sozialen Netzwerken hat sich die Partei längst eine Bühne geschaffen, von der sie ungefiltert ihr krudes völkisches Weltbild unter den Menschen verbreitet. Zum anderen würde diese Verweigerungshaltung den Informations- und Aufklärungsauftrag der Medien gegenüber einer Partei konterkarieren, die die Zerstörung der Demokratie anstrebt.

Genau deshalb ist auch jeder Umgang mit den Rechtsextremen verfehlt, der sie wie eine ganz normale Partei erscheinen lässt. Der „Stern“-Titel mit Alice Weidel wurde völlig zu Recht kritisiert. Weil er zu dieser Normalisierung beitrug, indem er sie wie eine Parteichefin unter anderen porträtierte, mit weichen Fragen, hinter denen der rechtsradikale Kern der Partei verschwamm.

Wie aber lässt sich vermeiden, in die Falle der rechten Kommunikationsprofis zu tappen, die nach aller Erfahrung systematisch Lügen, Halbwahrheiten, Desinformation als Vernebelungsstrategie einsetzen. Journalist*innen sollten diese Falschinformationen selbstverständlich richtigstellen und widerlegen. Das allein reicht aber nicht aus. Jede Berichterstattung, jede Konfrontation mit der AfD müsse zugleich den Kontext für eine ideologische Einordnung der Partei liefern, fordert Politik-Berater Johannes Hillje. Gegen ihre Pläne für ein ethnisch homogenes Gesellschaftsmodell samt rassistisch motivierter Massendeportation helfe nun mal kein schlichter Hinweis auf perspektivisch fehlende Fachkräfte.

Keine Interviews mit der AfD

Eine solche ideologische Einordnung ist in gedruckten Interviews kaum möglich. Der Spiegel verzichtet aus diesem Grund schon seit Jahren bewusst auf Wort-zu-Wort-Interviews mit AfD-Leuten. Noch komplizierter erscheinen Live-Gespräche. Schon viele Moderatoren haben sich die Zähne an gewieften AfD-Protagonisten ausgebissen, teils mangels ausreichender Vorbereitung, teils, weil den Rechten mit ein paar problematischen Funktionärszitaten allein nicht beizukommen ist. Selbst ein normalerweise als aggressiver Fragesteller berüchtigter Markus Lanz kapitulierte kürzlich vor dem AfD-Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla.

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Der ZDF-Moderator ließ nahezu willenlos zu, wie der AfD-Mann ihm die Regie der Diskussion entriss, sich selbst und seine Partei als Opfer stilisierte. Gegenangriff als Verteidigung. Die AfD rechtsextrem? Ach was. Staatsorgane wie der Verfassungsschutz würden instrumentalisiert, um die AfD zu diffamieren. Höcke ein Faschist? Mitnichten. Er habe sich längst von vielen seiner Aussagen distanziert. Das eigentlich vorgesehene Thema – die wirtschaftliche und gesellschaftliche Agenda der AfD – geriet darüber fast in Vergessenheit. Die „Süddeutsche“ brachte es auf den Punkt: In der heutigen Kommunikationswelt „demaskiert“ man niemanden mehr durch Talkshows, Rededuelle oder Interviews: „Höcke, Weidel und Chrupalla tragen keine Masken. Die sind so.“

Was hilft gegen das Gift der Propaganda?

Unter diesen Umständen weckt die Ankündigung des Springer-Kanals „Welt-TV“, Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt und Björn Höcke zum Fernseh-Duell zu laden, schlimmste Befürchtungen. Termin des Tele-Showdown mit dem Faschisten Höcke ist geschmackloserweise ausgerechnet der 11.April – der Jahrestag der Befreiung des NS-Konzentrationslagers Buchenwald.

Man wolle Höcke durchaus keine Bühne bieten, versichert Welt-TV-Chef Jan Philip Burgard, sondern einen „Boxring der Demokratie“ aufstellen. Fragt sich nur, was passiert, wenn einer der Kämpfer die Spielregeln des Fair Play nicht akzeptiert und stattdessen mit Hassrede und blanken Lügen aufwartet. Gegen das Gift völkischer Propaganda hilft am Ende auch kein Faktencheck.


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