Ausbildung jenseits des Rampenlichts

Sebastian Grutza, Art Director und Co-Regie, bei der Produktion "Laika und Nemo" im Sudio 1 Filmuniversitaet Babelsberg Konrad Wolf
Murat Tueremis

Spannende und abwechslungsreiche Berufe hinter den Bühnen

Vor der Kamera und auf der Bühne, da stehen die Protagonisten, die das Publikum kennt. Doch damit die Sendung, die Aufführung, das Rockkonzert ein Erfolg wird, braucht es viele Fachkräfte im Hintergrund. Ihre Ausbildungs­wege gehören nicht zu den meist gewählten bei den jungen Leuten. Doch gibt es für künftige Azubis und Studierende eine interessante Welt abseits der bekannten Pfade zu entdecken.

Sie ist die einzige in diesem Bereich, die sich seit wenigen Jahren hierzulande  Universität nennen darf: die „Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf“. Andere bekannte Ausbildungsstätten für den Film nennen sich Hochschule wie in München oder Akademie wie in Ludwigsburg. In der Filmuni Potsdam-Babelsberg sind noch Semesterferien, doch im Keller herrscht in den Studios 1 und 2 Hochbetrieb. Die Animation-Masterstudenten Jan Gadermann und Sebastian Grutza arbeiten an ihrem Abschlussfilm über „Nemo“, den Taucher, und „Laika“, die Astronautin. Eine Geschichte, die Jan Gadermann schon lange im Kopf hatte. Der bei Stuttgart aufgewachsene Gadermann hatte immer mit einem Studium an der Filmakademie in Ludwigsburg geliebäugelt, dafür mehrere Praktika gemacht, doch bei der Bewerbung kein Glück. Nach einem Studium der Filmwissenschaft in Mainz hat er es dann an die Filmuniversität Babelsberg geschafft – und kann endlich „Nemo und Laika“ umsetzen. Sein Partner dabei ist Sebastian Grutza, ein „Ur-Babelsberger“, wie Grutza lachend sagt. Nur wenige Straßen von der Filmuni entfernt aufgewachsen, war sie immer sein Ziel. Vorher hat er aber noch die Medienschule in Potsdam zum Gestaltungstechnischen Assistenten absolviert.

Zum Team dieses Abschlussfilms, der vom RBB und dem Medienboard Berlin-Brandenburg gefördert wird, gehören aber noch viel mehr junge Leute, wie der aus Österreich stammende Johannes Schubert als Produktionsleiter. Rund 20 Praktikant_innen hat Grutza teilweise an der Medienschule angeworben. Dazu kommen Kameraleute, Regie-Studierende, Szenographen, Sound-Spezialisten, Filmmusiker, „eigentlich alles, was es hier an Studiengängen gibt“. Für diese Kommiliton_innen ist dies nicht ihr Abschlussfilm, der wird eher im „Realfilm“ angesiedelt sein. Aber gegenseitige Hilfe bei den Abschlussfilmen wird in Babelsberg offenbar großgeschrieben. Gezeigt wird der 15-Minuten-Film, dessen Postproduktion wohl bis Ende 2018 dauern wird, dann 2019 im RBB und auf Filmfestivals.

Szenenbesprechung mit den Studienkollgen, Johannes Schubert (Producer), Sebastian Grutza, Jan Gadermann (Buch und Regie) und Vincent Engel (Kamera) (v.l.n.r.) Foto: Murat Tueremis

Ein Gewerk fehlt an der Filmuni: die Kostümbildnerei. Für „Nemo und Laika“ hat die Praktikantin Juliane Taubert die Kostüme genäht. Bei anderen Abschlussfilmen wird gern mit der Berliner Kunsthochschule Weißensee zusammengearbeitet. Das Institut bietet den Studiengang Bühnen- und Kostümbild an. Die Universität der Künste in Berlin hat ebenfalls die Bühnen- und Kostümbildnerei im Angebot, allerdings in getrennten Studiengängen.

Auch der RBB bildet in vielen Berufen für die Arbeit hinter der Kamera aus: Mediengestalter_in Bild und Ton, Veranstaltungstechniker_in, Fachkraft für Medien und Informationsdienste, IT-Systemelektroniker_in, Kauffrau/Kaufmann für Büromanagement. Die Ausbildungsvergütungen liegen hier zwischen knapp über 800 bis fast 930 Euro, je nach Ausbildungsjahr. In allen diesen Ausbildungsrichtungen besuchen die Azubis öffentliche Berufsschulen, nur die Veranstaltungstechniker, zu 80 Prozent junge Männer, gehen auf eine private Berufsschule in Neukölln namens „b-trend-setting“. Wie Constanze Gratz, die sich um die Azubis im RBB kümmert, erläutert, können bei den Veranstaltungstechnikern nicht alle vorgesehenen Ausbildungsabschnitte im Sender absolviert werden: „Die Berufsschule b-trend-setting gleicht dies durch Extrakurse aus.“ Zu den Ausbildungspartnern der privaten Berufsschule in Neukölln ge­hören unter anderem auch KFP Five Star Conference Service und PAM events Veranstaltungsgesellschaft. Die Berufsschule bietet sowohl Weiterbildungen und Meisterkurse an, als auch Umschulungen zum Veranstaltungstechniker, gefördert von der Agentur für Arbeit oder der Rentenversicherung.

Im RBB gibt es noch mehr Ausbildungsangebote wie etwa Duale Studiengänge, Traineeprogramme, zum Beispiel in Wissenschaftlicher Dokumentation, Volontariate für Aufnahmeleiter_innen oder Referendariate für Jurist_innen. Die Federführung bei der Aufnahmeleitung hat der NDR und die jungen Leute werden bundesweit eingesetzt. Da dies für die etwa zwei bis vier Volos, die jeweils beim RBB sind, häufigen Wohnungswechsel bedeutet, gibt es vom Sender einen Mietkostenzuschuss.

Kommen wir zum ursprünglichen Begriff „Backstage“: Hinter der Bühne. Die Stiftung Oper in Berlin, 2004 mit den fünf eigenständigen Betrieben Deutsche Oper, Komische Oper, Staatsoper Unter den Linden, Staatsballett und dem Bühnenservice gegründet, bietet eine ganze Reihe von dualen Ausbildungen für die Arbeit jenseits des Rampenlichts an. Beim Stiftungsdach gibt es im Personalservice und in der Finanzbuchhaltung Ausbildungsplätze für theateraffine künftige Kauffrauen und -männer für Büromanagement. An den Opernhäusern selbst werden Kauf­frauen und -männer für Marketingkommunikation ausgebildet, sowie Fachkräfte für Veranstaltungstechnik und Maskenbildner_innen.

Die meisten Ausbildungsberufe bietet der Bühnenservice, der die zentralen Werkstätten Am Wriezener Bahnhof gleich hinter dem Berliner Ostbahnhof betreibt. Tischler_innen, Schumacher_innen, Damen- und Herrenmaßschneider_innen sowie Bühnenmaler- und Bühnenplastiker_innen können hier eine Ausbildung absolvieren. „Generell ist die Nachfrage für die handwerklichen Berufe sehr hoch, da es sich im Vergleich zur Industrie um eine enorm vielfältige Aus­bildung handelt und quasi nur Unikate hergestellt werden“, erklärt Valerian Geiger von der General­direktion Stiftung Oper in Berlin gegenüber M.

Doch wer Bühnenmalerin oder Bühnenplastiker werden will, hat eine hohe Hürde zu überspringen. Je eine Azubistelle pro Jahr bietet der Bühnenservice für die dreijährige Ausbildung. Berufsschulklassen gibt es für diese eher seltenen Berufe nur in Berlin, Essen und ­Baden-Baden, zu deren Blockunterricht die Azubis dann aus dem jeweiligen Teil Deutschlands anreisen. Ähnlich ist es bei den Maskenbildner_innen: Berufsschulkurse gibt es in Hamburg, Berlin, Köln und Baden-­Baden. Die Zahl der Bewerber_innen, die Bühnendekoration zum Beruf machen wollen, schwankte in den vergangenen Jahren zwischen 60 und 160 bei der Malerei und zwischen 80 und 140 bei der Plastik. Notwendig ist eine Bewerbungsmappe mit eigenen Arbeiten. Ein vorheriges Praktikum wird von den Chefs in Malsaal und Plastiksaal dringend empfohlen.

Läuft die Berufsschulausbildung für Malerei und Plastik weitgehend zusammen, so sind die Ausbildungen im Bühnenservice bis auf Stippvisiten getrennt, erläutern Maik Sinz, der Abteilungsleiter im Malsaal, und Dan Wehner, sein Kollege bei der Plastik. Viele der Werkstücke, die von Azubis angefertigt werden, bekommen die Besucher der Opern aber nicht zu ­Gesicht. Für die 70 Produktionen im Jahr – mit Repertoire-Aufarbeitungen bis zu 95 – die im Lauf eines Bühnenjahres durch die Hände der ausgebildeten 16 Maler_innen und elf Plastiker_innen gehen, sind nur die wenigsten Stücke aus Azubihand. Bis zu 90 Prozent der Arbeiten in den „Lehrlingsecken“ der großen Hallen orientieren sich am Lehrplan. Wenn allerdings Spielplan und Lehrplan zusammenpassen, umso besser und ein Grund zur Freude auch für die jungen Leute. Dann landen ihre Werke nicht nur an den Wänden oder Decken der Säle.

90 Prozent ist übrigens ein Maß, das auch in anderem Zusammenhang bei den beiden Abteilungsleitern fällt: Die ganz überwiegende Zahl der Bewerbungen für beide Richtungen kommt von jungen Frauen sowohl für Praktika als auch für die Ausbildung. Und noch eine hohe Prozentschätzung haben Sinz und Wehner zu bieten: Rund Dreiviertel ihrer Azubis arbeiten später als Freelancer, zum Beispiel bei Filmproduktionen in Potsdam-Babelsberg oder sogar im Ausland. „Es sind gefragte Leute, wenn wir sie ausgebildet haben“, sagt Wehner. Auch Übernahmen in den Bühnenservice Berlin spielten zunehmend eine Rolle.

Die Vergütungen für die dreijährige Ausbildung im Bühnenbereich liegen an der Opernstiftung, den Landestheatern und kommunalen Theatern zwischen 890 und fast 1.000 Euro je nach Ausbildungsjahr, erläutert Andreas Köhn, ver.di-Sekretär für die Kunstfachgruppen in Berlin-Brandenburg. Solche Vergütungen gelten allerdings nicht überall. Kleinere, nicht tarifgebundene Firmen bieten oft weit weniger. Die Maskenbildnerei ist seit 2002 ein anerkannter drei­jähriger dualer Ausbildungsberuf, die Internetseite Ausbildung.de gibt als gestaffelten Verdienst für die Azubis zwischen 530 und 710 Euro an. Und bei manchen Berufsfachschulen müssen die Interessent_innen selbst einiges berappen: Die Hasso-von Hugo Maskenbildnerschule in Berlin fordert etwa 12.400 Euro Gebühren im ersten Ausbildungsjahr sowie je 8.400 Euro für die beiden folgenden.

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