Honoraruntergrenzen bei der Kulturförderung

Münzen

Foto: pixabay

Claudia Roth will ein Versprechen einlösen und Mindeststandards für Honorare von Freien bei der Kulturförderung des Bundes sichern. Laut Ampel-Koalitionsvertrag von 2021 sollten öffentliche Gelder für die Kultur an faire Vergütung gekoppelt sein. Nun, so die Kulturstaatsministerin, werden „für den Kernbereich der Bundeskulturförderung“ Mindesthonorare für Künstler*innen und Kreative eingeführt.

Ab 1. Juli 2024 gibt es demnach eine garantierte Mindestvergütung für freie Kreative „in den Sparten Darstellende Kunst, Bildende Kunst, Wort, Musik und kulturelle Bildung“. Die Honoraruntergrenzen sollen garantiert sein, wenn Freie bei Institutionen oder an Projekten mitarbeiten, die zu mehr als 50 Prozent vom Bund gefördert werden. Eine neue Studie des Deutschen Kulturrates belege neuerlich, dass das Einkommensniveau freier Künstler*innen in Deutschland „nach wie vor erschreckend niedrig“ sei, begründete Roth ihren jetzigen Vorstoß. Öffentliche Kulturförderung müsse bei angemessener Vergütung mit gutem Beispiel vorangehen.

Für einen langfristigen Strukturwandel

Die Aufnahme von Honoraruntergrenzen in die Bestimmungen der Kulturförderung der Beauftragten für Kultur und Medien (BMK) werde ab sofort Bestandteil der zu erlassenden Bescheide und gilt ab 1. Juli verbindlich. Maßstab für die einzuhaltenden Untergrenzen seien „die entsprechenden Empfehlungen der jeweils einschlägigen Berufs- und Fachverbände der Künstlerinnen, Künstler und Kreativen“. Diese gelten für Tätigkeiten, die in der sogenannten Honorarmatrix der Kulturministerkonferenz erfasst sind, erläutert ein Sprecher der Kulturstaatsministerin auf M-Nachfrage. Journalistische Tätigkeiten und Öffentlichkeitsarbeit fallen nicht explizit unter die Vorgaben, sondern lediglich im „Bereich Wort werden Autorenlesungen erfasst. Hierfür existieren Empfehlungen des VS in ver.di.“

Lena Falkenhagen, Vorsitzende des Schriftstellerverbandes VS, geht von einem „langfristigen Strukturwandel“ aus, der die Einkommenssituation verbessern könne: „Die tatsächliche Auswirkung der neuen Förderrichtlinie besteht allerdings in ihrer Strahlkraft“, so Falkenhagen. Die Einführung von Honoraruntergrenzen im Bund werde hoffentlich die Kulturförderung auch auf Landes- und kommunaler Ebene beflügeln.

Erfolg für Freie

Lisa Mangold, ver.di-Bereichsleiterin Kunst und Kultur, sieht es als Erfolg vor allem der gewerkschaftlichen Bemühungen, dass Honoraruntergrenzen bei Bundesförderung nun für viele freien Künstler*innen und Kreative greifen. ver.di hat bekanntlich bereits im Sommer 2022 ein spartenübergreifendes Basishonorarmodell für freie Künstler*innen und Kreative nach real geleisteten Arbeitsstunden und mit dem TVÖD als Berechnungsgrundlage vorgelegt. Ziel war immer eine existenzsichernde Erwerbstätigkeit und die verbindliche Verankerung in Förderrichtlinien. In aktuellen Absprachen mit der BMK sei klargestellt worden: „Diese ver.di-Basishonorare können nun hinsichtlich der Vergütungsuntergrenzen für die Bundeskulturförderung als übergreifendes Modell genutzt werden.“

Der ver.di-Erfolg ermögliche es laut Mangold gegebenenfalls auch Journalist*innen und anderen Medienschaffenden, für eine freie Mitarbeit an Kulturprojekten des Bundes Honoraruntergrenzen zu bestimmen und einzufordern. „Wir ermutigen Freischaffende ausdrücklich, auf angemessene Konditionen zu achten und diese bei Bedarf von Auftraggebenden auch aktiv einzufordern“, so auch der Sprecher von Kulturstaatsministerin Roth.

Mehr Transparenz mit Honorarrechner

www.basishonorare.de

ver.di hat für Soloselbstständige und Freie einen Online-Basishonorar-Rechner entwickelt. Damit können unkompliziert individuelle Honoraransprüche berechnet werden.

Mit einem eigens entwickelten Honorarrechner sorgt die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) ab sofort für mehr Transparenz bei der Vergütung selbstständiger Kreativer.

Mit dem Online-Tool können Kreative und kulturelle Bildner*innen Honorare auf Grundlage des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) kalkulieren. Die Arbeitszeit innerhalb eines Projekts, inklusive Vor- und Nachbereitung, Proben etc., bildet dabei die Ausgangsgröße. Faktoren, die spezifisch für die Selbstständigkeit sind, wie Zeit für Akquise, Buchhaltung und Öffentlichkeit sowie Kosten für Sozialversicherungen, sind bereits eingerechnet. Der Honorarrechner wurde für den Bereich der Kulturfinanzierung entwickelt, um eine einfache Kalkulation von transparenten Honoraren in der Projektförderung zu ermöglichen:

Jetzt ausprobieren: Honorarrechner ver.di
Jetzt ausprobieren: Honorarrechner ver.di
nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Europarat muss Pressefreiheit schützen

Anlässlich der Vorstellung des diesjährigen Europarats-Berichts zur Pressefreiheit in Europa fordert die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di die Gremien der Europäischen Union zur dringenden Umsetzung verbindlicher Schutzmaßnahmen von Pressevertreter*innen auf. „Wir beobachten die drastische Zunahme von Angriffen auf unsere europäischen Kolleginnen und Kollegen mit großer Sorge, denn sie hängen unmittelbar mit dem Erstarken demokratiezersetzender politischer Bewegungen zusammen“, sagt der dju-Co-Vorsitzende Lars Hansen.
mehr »

Fahndungsfotos: Widerrechtlich im Einsatz?

Öffentlichkeitsfahndungen mit Hilfe der Medien sind eigentlich nur bei erheblichen Straftaten erlaubt. Trotzdem greifen Strafermittler auch bei Tankbetrug, Ladendiebstahl oder Rezeptfälschung zu diesem einschneidenden Mittel. Manchmal werden auch völlig Unschuldige an den Fotopranger gestellt. Die Medien veröffentlichen die Fahndungsfotos in aller Regel ungeprüft. Nach Ansicht der dju sollten die Redaktionen aber die Verhältnismäßigkeit hinterfragen. 
mehr »

Viel Parteienfunk, wenig Transparenz

Im Gefolge des Skandals beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) werden auch die öffentlich-rechtlichen Kontrollgremien verstärkt kritisch beäugt. Geht es nach dem Urteil des Journalisten und Medienbloggers Peter Stawowy, dann ist das trotz einiger Reformbemühungen nach wie vor mehr als berechtigt. Zu starker Parteieneinfluss, mangelnde Transparenz, ineffiziente Strukturen -  dies nur einige der Defizite, die der Autor in seiner im Auftrag der Otto Brenner verfassten Studie ermittelt hat.
mehr »

Sprache als Pfeiler der Demokratie

Auf der Jahrestagung des Netzwerks Medienethik in Tutzing ging es um Sprache als Verständigungsmittel und journalistisches Handwerkszeug in einer politisch polarisierten Welt, in der gesprochene und geschriebene Sprache zunehmend von KI generiert wird. Über Probleme wie Hate Speech oder Diskriminierung und Potenziale für Inklusion oder Diversität diskutierten Teilnehmende aus Medienwissenschaft und -praxis. Sie loteten ethische Grenzen für den demokratischen Diskurs aus – mit interessanten Ein- und Ausblicken.
mehr »