Arbeitszeitkonten am Set

Vorschläge von Connexx.av für soziale Sicherung von Filmschaffenden

Beim ersten Hamburger Filmschaffenden Forum, einer Veranstaltung von connexx.av und den Berufsverbänden der Filmschaffenden, diskutierten über 60 Filmschaffende aus der Branche im Lichtmeßkino in Hamburg Ottensen drei Stunden lang die schwierige soziale Situation der Kollegen und die tarifliche Herausforderung.

Präsentiert wurden die Auswirkungen der neuen Sozialgesetzgebung sowie die sich aus der Verkürzung der Rahmenfrist von drei auf zwei Jahre ergebenden tariflichen Notwendigkeiten. Im Zentrum der Diskussion stand die Gewerkschaftsidee zur Einführung von Arbeitszeitkonten und der damit einhergehenden Verlängerung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftiguns- sowie Vertragszeiten. Denn eines ist klar: Bei vier Produktionen eines TV 90 Minüters (z.B. Tatort) mit 23 Drehtagen und einer durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit von 12 Stunden kann niemals ein Anspruch auf Arbeitslosengeld erwirkt werden. Anders, wenn ein Filmschaffender auf der Grundlage von Arbeitszeitkonten mit der Berechnung einer Arbeitszeit von 8 Stunden pro Tag bei gleicher Anzahl von Drehtagen im Jahr circa 30 Wochen beschäftigt ist. Wie ein Berechnungsbeispiel für die Regieassistenz zeigt, würden auf der Basis der Wochengagen bei einer 60-Stunden- Woche tariflich e 1.400.- und nach einer Pauschalgagentabelle eines nicht unbedeutenden Produktionsstandorts in Deutschland e 1.508.- gezahlt werden. Die Gesamtkosten für die Produktionsfirmen beliefen sich bei diesen Eckdaten und 23 Drehtagen inklusive Urlaubsansprüchen bei Tarifgage ohne Arbeitszeitkonto auf e 8.033.-, mit Arbeitszeitkonto auf e 8.445.- und bei vereinbarter Pauschalgage auf e 8.560.-.

Wirklich teurer wird es für die Produktionen nur dann, wenn über die 12 Stunden am Tag gearbeitet wird. Dann nämlich erhalten die Filmschaffenden nach Tarif 70 % Zuschlag pro Stunde. Abgesehen von den geringeren tariflichen Personalkosten für die Produktionen gegenüber den Pauschalen bei Einhalten eines 12 Stundentages würden die Filmschaffenden (hier Regieassistenz) bei dem Arbeitszeitmodell netto sogar von e 3.449.- auf einen Verdienst von e 3.720.- kommen und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erwirken.

Das Modell kennt demzufolge nur Gewinner. „Wir müssen daran arbeiten, dass sich dieses Modell auch in der Praxis durchsetzt und von den Produktionen akzeptiert wird, damit die Filmschaffenden sozial abgesichert sind sowie der Branche erhalten bleiben“, kommentiert Olaf Hofmann von connexx.av die Situation. Einige Produktionsleiter setzen dies bereits jetzt schon um, wenn es von Filmschaffenden ausdrücklich gewünscht wird. Damit sind sie auf dem richtigen Weg, denn bis zum 1.2.2006 müssen die Filmschaffenden rückwirkend 360 Tage in zwei Jahren beschäftigt gewesen sein, um den Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erreichen.


Podiumsdiskussion Unter dem Titel „Schlussklappe 2006 – Hartz und die Folgen für die Filmbranche“ veranstalten der Filmverband Süd in ver.di und connexx.av in Zusammenarbeit mit den Berufsverbänden der Filmschaffenden am 26. Juni 2004 um 15.30 Uhr auf dem Filmfest München, Kulturzentrum Gasteig, eine Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik und Filmwirtschaft. Neues wird bis dahin auch von den laufenden Tarifverhandlungen erwartet, die am 12.5. in München stattfanden.

Infos unter www.connexx-av.de .

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