Verfassungsrichter entscheiden neu über Promi-Fotos
Zum zweiten Mal musste das Bundesverfassungsgericht in der vor 15 Jahren gestarteten Kette von Rechtsstreiten von Prinzessin Caroline gegen deutsche Illustrierten Stellung beziehen. Während die Entscheidung vom 15. Dezember 1999 in Deutschland als Sieg für die Pressefreiheit gefeiert wurde, war das Echo auf den Beschluss vom 26. Februar 2008 geteilt. Denn künftig kommt es bei der Veröffentlichung von Fotos Prominenter im Einzelfall auf den Kontext an.
Zwischen beiden Entscheidungen des Ersten Senats liegen nicht nur acht Jahre, sondern auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „von Hannover gegen Deutschland“. Hatte das Verfassungsgericht damals die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur absoluten und relativen Person der Zeitgeschichte als verfassungskonform übernommen, betonten die Straßburger Richter im Juni 2004 stärker die Persönlichkeitsrechte von Prominenten, wenn sie privat außerhalb öffentlicher Funktionen fotografiert werden. Der BGH passte danach seine Rechtsprechung zugunsten einer Abwägung im Einzelfall an. Dies erklärte Karlsruhe nun für ebenfalls verfassungsrechtlich vertretbar.
Konkret ging es in der erst am 18. März veröffentlichten Entscheidung (Az. 1 BvR 1602/07, 1606/07 und 1626/07) um die zu einer Sache verbundenen Verfassungsbeschwerden von Caroline sowie zweier Zeitschriftenverlage gegen zwei BGH-Urteile. Das Verfassungsgericht bestätigte die BGH-Entscheidung für den Abdruck einer Straßenaufnahme derer von Hannover in der Zeitschrift Frau im Spiegel, weil im nebenstehenden Bericht („Fürst Rainier – Nicht allein zu Haus“) über die schwere Krankheit des damaligen Monegassen-Regenten berichtet worden war. Ebenso folgte es dem Gerichtshof, der die Veröffentlichung anderer Fotos, die etwa die beiden plaudernd im Sessellift zeigten, für unzulässig gehalten hatte. Aufgehoben und an den BGH zurückverwiesen wurde hingegen das Urteil gegen die Veröffentlichung eines Fotos von Caroline und Ernst August in der Zeitschrift 7 Tage, mit dem ein Bericht über die Vermietung ihrer Villa in Kenia („Auch die Reichen und Schönen sind sparsam“) illustriert worden war.
Das wurde von vielen Kommentatoren als Beliebigkeit und nur „halber Sieg für die Pressefreiheit“ gewertet, gar eine Hochkonjunktur für Medienanwälte vorausgesagt. Demgegenüber beinhaltet die Verfassungsgerichtsentscheidung dennoch klare Richtlinien für die Bild-Berichterstattung. Als wichtigstem die Aussage: „Auch der bloßen Unterhaltung kann ein Bezug zur Meinungsbildung nicht von vornherein abgesprochen werden.“ Dabei gehe es nicht darum, Informationen inhaltlich als wertvoll oder wertlos zu bewerten, sondern zu prüfen, in welchem Ausmaß ein „Beitrag für den Prozess der öffentlichen Meinungsbildung“ erbracht werde.
„Soweit das Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, ist sein Informationswert im Kontext der dazu gehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln“, erklären die Verfassungsrichter und halten es auch zugunsten der Pressefreiheit für zulässig „durch Beigabe von Bildnissen der an dem berichteten Geschehen beteiligten Personen die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht zu wecken“, auch wenn die Fotos außerhalb des berichteten Geschehens entstanden sind. Ebenso werden die Grenzen der Bild-Berichterstattung abgesteckt: „Beschränkt sich der begleitende Bericht allerdings allein darauf, irgendeinen Anlass für die Abbildung einer prominenten Person zu schaffen, so lässt die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung nicht erkennen. Insofern ist es verfassungsrechtlich nicht angezeigt, dem Veröffentlichungsinteresse den Vorrang vor dem Persönlichkeitsschutz einzuräumen.“