Deal um die Champions League lässt 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Abseits stehen
Gerüchte um den Verkauf der Champions League gab es schon lange. Am 6. Juni war es dann offiziell: Die Verträge mit der UEFA bringen die quotenträchtigen Übertragungsrechte mit Beginn der kommenden Saison zurück zu RTL. Gesendet werden hier Mittwoch-Spiel und die Zusammenfassungen, die Dienstagsspiele sind beim Bezahl-Sender Premiere World zu sehen. Nicht zurück können augenscheinlich die zuvor mit harten Bandagen bei SAT.1 und Premiere abgeworbenen Reporter, Moderatoren und Redakteure. Es existiere angeblich eine „schwarze Liste“.
Hoffnungen setzten die 40 Sport-Journalisten auf Zusicherungen des tm3-Geschäftsführers Jochen Kröhne: Es solle eine friedliche, freundschaftliche und mehr als großzügige Regelung geben, so dass alle Mitarbeiter mit einem „guten Gefühl nach Hause gehen können“. Das war am 20. April. „Die Sportredaktion von tm3 hat sich auf diese Zusagen verlassen und unter anderem auf die Gründung eines Betriebsrates verzichtet“, heißt es in einem „Backgroundinfo“ der tm3-Sport-Journalisten zum Verkauf der Champions-League-Rechte.
„Jetzt wird alles etwas schwieriger“, meint Wille Bartz von connex.av, der gemeinsamen Interessenvertretung von IG Medien und DAG für Medienschaffende in privatem Rundfunk, Film und AV-Produktion. Wille Bartz: „Ansonsten hätte man tm3 bzw. die dahinterstehende NewsCorp zu einem Sozialplan verpflichten können.“
Auch aus der Redaktion ist inzwischen zu hören: „Wir waren einfach blauäugig und naiv. Man hat uns mehr als arbeitnehmerfreundliche Bedingungen bei den Abfindungsverträgen versprochen. Wir haben uns auf Beschwichtigungen verlassen.“
tm3-Gesellschafter Herbert Kloiber habe zudem zugesichert: „Ich werde auch noch einen Topf aufmachen!“ Angesichts eines Einstiegspreises von circa 60 Millionen für seinen Anteil bei tm3 und eines Erlöses von 372 Millionen dürfte der ehemalige Minderheitsgesellschafter durchaus über die entsprechende Bonität verfügen. Gehört hat man in der tm3-Sportredaktion seitdem nichts von Kloiber.
Noch mehr verraten und verkauft dürften sich die Kolleginnen und Kollegen nach der aktuellsten Nachricht aus dem Hause tm3 fühlen: Am 22. Juni meldet kress-report: „Bälle weg von tm3 – Da geht auch Kröhne.“ Voraussichtlich im Juli werde der tm3-Geschäftsführer den einstigen Frauensender verlassen. Wohin es ihn zieht, wusste der sonst wohlinformierte Branchendienst nicht.
Zwischenzeitlich geht das Gepokere um Abfindungsverträge weiter. Den ersten Entwurf hatte die Belegschaft abgelehnt. Das Angebot: 2 Monatsgehälter und 50Prozent der Restgehaltszahlung, wenn eine neue Beschäftigung gefunden wird. Zu mager angesichts einer Kündigungsfrist von 6 Monaten. Die inzwischen ernüchterten Kolleginnen und Kollegen lehnen geschlossen ab. Gestärkt fühlen sie sich durch connex.av und Wille Bartz, dem Projektbeauftragten dieser DAG/IG-Medien-Kooperation. „Wille Bartz ist für uns kurzfristig erreichbar und hat genau zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Wink“, so ein tm3-Kollege.
Kurz vor Redaktionsschluss erreicht uns eine neue Meldung. Ein Monatsgehalt mehr, jetzt also insgesamt 3,und 80 Prozent Restgehaltszahlung bei Unterzeichnung eines Abfindungsvertrages als letztes Angebot.
tm3-Geschäftsführer Kröhne soll inzwischen aus dem Urlaub zurück sein und die Kündigungen mit im Gepäck haben. Zusätzliche Drohgebärde: Wenn nicht 90 Prozent der Redaktion den Abfindungs-Deal akzeptiert, fühlt die Geschäftsführung sich nicht an das neue Angebot gebunden.
„Wer also nicht unterschreibt wird zum „Schwarzen Schaf“, zum Querulanten in der leicht überschaubaren Sport-Journalisten-Zunft gestempelt“, so ein Kollege aus der Redaktion, der auf keinen Fall namentlich genannt werden möchte.
Denn viele tm3-Kollegen würden ja nicht das erste Mal einen Sender im Streit verlassen. Beim Wechsel von SAT.1 und Premiere zu tm3 geschah dies noch mit idealistischen Ambitionen und trotz hoher Bleibe-Angebote. „Wir sahen hier bei tm3 die Chance etwas Neues im Sport-Journalismus aufzubauen!“ So einer, der von Anfang an mit dabei war. Der Idealismus ist verflogen. „Wir haben wohl alle begriffen, dass Moral und Ethik den allerletzten Stellenwert in der Branche haben. Es geht um Macht und Einfluss. Und verdammt viel Geld.“
Der Finanzbedarf von Leo Kirch beim Ausbau von Premiere World hatte sich im August letzten Jahres urplötzlich von 1,7 Milliarden auf 6 Milliarden fast vervierfacht. Um das Geld aufzubringen, musste er sich mit Rupert Murdoch zusammentun. Dass Murdoch die Champions-League nicht beim werbefinanzierten und reichweitenschwachen tm3 belässt und die teuren Rechte lieber bei Premiere World auswerten möchte, war für Insider schon Ende letzten Jahres absehbar. „Wir tm3-Sport-Journalisten haben über solche Meldungen zunächst nur gelacht. Wir haben dazulernen müssen.