Bekennerschreiben als Täuschungsmittel

Verfassungsgericht verwirft Klage der taz gegen Hausdurchsuchung

Bekennerschreiben, die nur der Täuschung der Polizei dienen, können auch weiterhin in Redaktionsräumen beschlagnahmt werden.

Eine Verfassungsbeschwerde der taz, mit der diese Praxis angegriffen wurde, hatte in Karlsruhe keinen Erfolg. Das Bundesverfassungsgericht sah in derartigen Beschlag-nahmungen keine Verletzung der Pressefreiheit.

Konkret ging es um das Schreiben einer linksradikalen Gruppierung namens „das K.O.M.I.T.E.E.“, die sich 1995 zu zwei Anschlägen bekannte und zugleich ihre Auflösung bekannt gab. Weil die taz (wie auch die „junge Welt“) das Schreiben dokumentierte, wurden an-schließend die Redaktionsräume durchsucht. Die Polizei suchte das Original des Bekennerschreibens, um es auf Fingerabdrücke und andere Spuren zu untersuchen.

Gegen diese Durchsuchung beschwerte sich die taz zuerst beim Bundesgerichtshof (BGH). Der BGH hielt die Polizeiaktion allerdings für zulässig, weil es sich bei dem Bekennerschreiben zugleich um eine Täuschungsaktion gehandelt habe. Mit der angekündigten Auflösung sollten lediglich die Ermittlungsbehörden hinters Licht geführt werden. Auch Angaben zur Zusammensetzung der Gruppe („Männercombo“) wurden als gezieltes Ablenkungsmanöver eingeschätzt. Damit habe das Schreiben aber den „organisatorischen Zusammenhalt der terroristischen Vereinigung“ gefestigt und sei damit selbst ein Tatmittel. Das Beschlagnahmeverbot für Materialien, die der Presse von Informanten zur Verfügung gestellt werden, könne hier nicht gelten, so der BGH.

Die Verfassungsbeschwerde der taz gegen diese Entscheidung wurde nun mangels Erfolgsaussicht erst gar nicht zur Entscheidung angenommen. Taz-Anwalt Christian Ströbele hatte argumentiert, dass durch derartige Durchsuchungen der grundgesetzliche garantierte Informantenschutz der Presse durchlöchert werde. Karlsruhe sah das jedoch anders. Der Informantenschutz könne nicht generell Vorrang vor anderen Verfassungsgütern haben. Er müsse etwa gegen das Interesse an einer effizienten Strafverfolgung abgewogen werden. Immerhin sei es auch denkbar, dass Beschuldigte durch polizeiliche Ermittlungen entlastet würden.

So gesehen sei auch der BGH-Beschluss nicht zu beanstanden, teilte das Verfassungsgericht nun mit. Das Gericht ließ dabei ausdrücklich „offen“, ob Bekennerschreiben generell als „Tatmittel“ eingestuft und deshalb beschlagnahmt werden können. Wegen der „Besonderheit“ der K.O.M.I.T.E.E-Erklärung sei diese Frage hier nicht zu entscheiden. (Az. 1 BvR 77/96)

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Erneute Streiks bei NDR, WDR, BR, SWR 

Voraussichtlich bis Freitag werden Streiks in mehreren ARD-Sendern zu Programmänderungen, Ausfällen und einem deutlich veränderten Erscheinungsbild von Radio- und TV-Sendungen auch im Ersten Programm führen. Der Grund für den erneuten Streik bei den großen ARD-Rundfunkanstalten ist ein bereits im siebten Monat nach Ende des vorhergehenden Tarifabschlusses immer noch andauernder Tarifkonflikt.
mehr »

Schutz vor zu viel Stress im Job

Immer weiter, immer schneller, immer innovativer – um im digitalen Wandel mithalten zu können, müssen einzelne Journalist*innen wie auch ganze Medienhäuser sich scheinbar ständig neu erfinden, die Belastungsgrenzen höher setzen, die Effizienz steigern. Der zunehmende Anteil und auch Erfolg von KI-basierten Produkten und Angeboten ist dabei nur das letzte Glied in der Kette einer noch nicht abgeschlossenen Transformation, deren Ausgang vollkommen unklar ist.
mehr »

Für eine Handvoll Dollar

Jahrzehntelang konnten sich Produktionsfirmen auf die Bereitschaft der Filmschaffenden zur Selbstausbeutung verlassen. Doch der Glanz ist verblasst. Die Arbeitsbedingungen am Set sind mit dem Wunsch vieler Menschen nach einer gesunden Work-Life-Balance nicht vereinbar. Nachwuchsmangel ist die Folge. Unternehmen wollen dieses Problem nun mit Hilfe verschiedener Initiativen lösen.
mehr »

Tarifverhandlungen für Zeitungsjournalist*innen

Bereits Ende Mai haben die Tarifverhandlungen zwischen der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di und dem Zeitungsverlegerverband BDZV begonnen. Darin kommen neben Gehalts- und Honorarforderungen erstmals auch Regelungen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Sprache.
mehr »