BR online – wo bleiben die Urheberrechte der Freien?

IG Medien verhandelt mit dem Bayerischen Rundfunk über Urheberrechte bei der Zweit-Verwendung von Hörfunk-Beiträgen im Internet

„Gehört – gelesen“ – diesen Dienst bietet der Bayerische Rundfunk seinen Hörerinnen und Hörern heute schon an – wer will, kann ausgewählte Beiträge schwarz auf weiß gedruckt am Kiosk kaufen und nachlesen. „Gehört – gelesen“ – und zwar auf dem Computer oder dort gar nachgehört soll die Zukunft sein. Der BR „goes“ – wie er selber sagt – „Online“.

Per Internet ist B5, der Nachrichtenkanal, – zwar noch nicht in berauschender Form, aber immerhin – weltweit zeit-gleich am Computer empfangbar. Eine Woche lang wird das Programm zudem im Viertelstundentakt archiviert, und einige Beiträge sind in einem Archiv noch länger nachlesbar.

Das freut den Autor der Beiträge vielleicht – doch dafür bekommt er keine zusätzliche Vergütung. Das Problem ist weder neu noch rundfunkspezifisch – aber dadurch wird es nicht weniger problematisch.

Urheberrechte im Multimedia-Zeitalter beschäftigen Autoren und Juristen – selbst auf Ebene der Europäischen Union wird darüber nachgedacht. Im Bayerischen Rundfunk entstand die Frage spätestens vor eineinhalb Jahren, als im Oktober ’95 auf den Medientagen der BR seinen Onlinedienst aufnahm. Was ist mit unseren Rechten? – fragten sich vor allem die freien Mitarbeiter/innen. Daß ihre Beiträge in den Programmen des Hörfunkes jetzt schon einmal bezahlt und mehrfach ausgestrahlt werden, das müssen sie schlucken. Die Honorarbedingungen lassen dies zu: sie sind aus dem Jahre ’74 – und damit veraltet, meint die IG Medien. Doch das Haus war bisher zu keinen Nachbesserungen bereit. Und nun gehen mit dem BR auch noch die Beiträge der Freien Online – hier werden Urheberrechte berührt -, darum forderte die IG Medien den Bayerischen Rundfunk zu Verhandlungen darüber auf. Da es sich noch um eine einjährige Probephase handeln sollte, war die Gewerkschaft zu einem Einlenken bereit: in diesem einen Jahr verzichten die Freien auf Ansprüche – dann aber muß verhandelt werden. Soweit so gut? Nein – denn das Jahr ist vorüber, der BR ging weiter Online und die Gewerkschaft hakte nach. Bezahlt wurden und werden nur Zusatzleistungen – die eigentliche weitere Verwendung von Beiträgen wird nicht vergütet.

Im Februar ’97 dann kam es zu einem Treffen mit dem Haus: und da erfuhr die IG Medien dann, daß der BR die Prüfungs- und Erprobungsphase verlängert habe – bis wann, könne keiner sagen. Außerdem sei das Angebot eh noch spärlich, die Nutzung könne nicht nachgewiesen und darum dem einzelnen auch kein Honorar zugewiesen werden, da man ja nicht wüßte, wer alles mit Beiträgen Online dabei sei. Und – das ist der Knackpunkt – im Prinzip handele es sich ja nur um einen weiteren Verbreitungsweg zu Rundfunkzwecken. Das erinnert denn schon an jenen (section)16 der Honorarbedingungen: „Die zeitlich und räumlich unbeschränkte Nutzung des Werkes zu Rundfunkzwecken ist durch das vereinbarte Honorar abgegolten.“

Ist es nicht, meint die IG Medien aus mehreren Gründen:

  • Die Honorarbedingungen stammen aus dem Jahre ’74. Wenn der BR jetzt Neues anbietet, so muß darüber verhandelt werden – auch was die Rechte anbelangt.
  • Ob jedes Online-Angebot Rundfunkzwecken dient, ist mehr als fraglich – natürlich will die Gewerkschaft nicht die Computer stürmen, auch sie hat ein Interesse daran, den Rundfunk attraktiv zu halten, nur kann das nicht auf Kosten der Autor/innen geschehen – das gilt auch für B5.
  • Auch wenn heute noch das Angebot dünn ist und die Kosten hoch: wer sagt, daß der BR später, wenn er mit Online-Diensten auch Geschäfte macht, seine Auffassung ändert? Die IG Medien will jetzt das eindeutige Ja des Hauses dazu, daß die Verwendung in Online-Diensten – auch im Internet – eine Nutzung von Urheberrechten darstellt, die eigens betrachtet und vergütet werden muß.

Darum schlug die IG Medien dem Haus vor: eine Pauschale für alle freien Mitarbeiter/innen im 12a-Status für das zweite Erprobungsjahr – dann muß erneut verhandelt werden. Der BR hat auf einer weiteren Sitzung am 24. März dies – auch unter dem Einfluß der anderen ARD-Anstalten – abgelehnt. Auch bei anderen Sendern wird hier nach einem Prozedere gesucht. Die nächste zentrale Runde zu Urheberrechten – an der der BR immer noch nur als „Beobachter“ teilnimmt – findet am 24. April statt. Sollte hier in puncto Online kein Ergebnis oder wenigstens der Ansatz dazu gefunden werden, dann wird die Gewerkschaft – zusammen mit dem BJV und der DAG – erneut einen Versuch starten, die Urheberrechte der freien Autoren und Autorinnen durchzusetzen.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Österreich: Gefahr für die Pressefreiheit

In Österreich ist die extrem rechte FPÖ bei den Nationalratswahlen stärkste Kraft geworden. Noch ist keine zukünftige Koalition etabliert. Luis Paulitsch erklärt im Interview, welche Entwicklungen in der österreichischen Medienlandschaft zu erwarten sind, sollten die FPÖ und ihr Spitzenkandidat Herbert Kickl an der Regierung beteiligt werden. Paulitsch ist Jurist, Zeithistoriker und Medienethiker. Von 2019 bis 2024 war er Referent des Österreichischen Presserats, dem Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien;  seit 2024 bei der Datum Stiftung für Journalismus und Demokratie.
mehr »

KI beinflusst Vielfalt in den Medien

Künstliche Intelligenz kann journalistische Texte in verschiedene Sprachen übersetzen und damit viel mehr Nutzer*innen ansprechen. Gleichzeitig kann sie aber auch Stereotype, die in diesen Texten enthalten sind, verfestigen. Gefahren und Chancen von KI-Anwendungen im Journalismus standen im Fokus der diesjährigen NxMedienkonferenz der Neuen deutschen Medienmacher*innen (NdM), die sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzen.
mehr »

ARD & ZDF legen Verfassungsbeschwerde ein

Nachdem die Ministerpräsident*innen auf ihrer Jahreskonferenz Ende Oktober keinen Beschluss zur Anpassung des Rundfunkbeitrags ab 2025 fassten, haben heute ARD und ZDF Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingelegt. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di begrüßt die Initiative.
mehr »

AfD als Social Media Partei überschätzt

Eng vernetzt mit dem extrem- und neurechten Vorfeld und gezielt provozierend mit rassistischem Content: Die Landtagswahlkämpfe der AfD in Sachsen, Thüringen und Brandenburg waren von einer hohen Mobilisierung geprägt, auch über die sozialen Medien. Eine aktuelle Studie der Otto Brenner Stiftung (OBS) in Frankfurt am Main zeigt nun aber: die Auftritte der AfD auf Social Media sind weit weniger professionell als zuletzt häufig kolportiert und es gibt deutliche regionale Unterschiede.
mehr »