Rot-Grün ändert Radio-Bremen-Gesetz / Keine Wahlwerbespots mehr
Klarere Mitbestimmungsrechte; ein verkleinerter, aber mächtigerer Rundfunkrat; Schluss mit Wahlwerbespots: Das sind Kernpunkte des neuen Radio-Bremen-Gesetzes, das jetzt von der rot-grünen Bürgerschaftskoalition verabschiedet wurde.
Bei ihrem Regierungsantritt Mitte 2007 hatten SPD und Grüne noch versprochen, „bürgerschaftliches Engagement“ und „politische Teilhabe“ zu fördern. Der RB-Rundfunkrat soll dagegen bürgerferner werden: Die Mitgliederzahl sinkt bei der nächsten Gremienwahl von 34 auf 26. Nicht mehr mitreden dürfen dann etwa der Zentralelternbeirat, die Lehrerschaft und die Hochschulrektoren. Drei Handels- und Handwerkskammern müssen sich einen Sitz teilen, indem sie alle vier Jahre rotieren. Auch dju und DJV sind nur wechselweise vertreten – anstelle der Landespressekonferenz, die seit 2002 alleine den journalistischen Sachverstand verkörpern sollte.
Völlig neu im Rundfunkrat sitzen künftig die Landesseniorenvertretung und die Verbraucherzentrale – diese allerdings nur im Wechsel mit Umweltschützern. Neu ist auch ein Mitglied „mit Migrationshintergrund“. Die muslimischen Gemeinden gehen dagegen immer noch leer aus, anders als Christen und Juden.
Nicht nur bei der rechten und linken Opposition stieß die neue Mischung auf Kritik. Auch RB-Intendant Heinz Glässgen rügte das „Herausdrängen wichtiger gesellschaftlicher Gruppen“ aus dem Gremium: Das sei ein „Beschneiden der Pluralität“. Dafür soll der Rundfunkrat aber professioneller und schlagkräftiger werden. Seine Mitglieder sollen künftig regelmäßig an Fortbildungen zu journalistischen, technischen und Datenschutz-Themen teilnehmen. Sie entscheiden nicht mehr nur generell über den Wirtschaftsplan, sondern auch im Detail über Programmaufträge im Wert von mehr als einer Million Euro (bei Serien: zwei Millionen).
Das Gremium soll häufiger als bisher tagen, und seine Sitzungen werden nicht mehr allein von seinem Vorsitzenden vorbereitet, sondern von einem Präsidium, in dem auch die Vorsitzenden der einzelnen Ratsausschüsse sitzen. Dahinter steckt wohl die Absicht, den oft als Alleinherrscher auftretenden Glässgen etwas stärker zu kontrollieren: Ein ganzes Präsidium kann der Intendant schwerer auf seine Seite ziehen als einen einzelnen Gremienchef. Glässgen Paroli zu bieten, scheint auch Zweck einer weiteren Änderung zu sein. Dem Intendanten werden statt einem zwei Direktoren an die Seite gestellt. Dass dem finanzschwachen Sender dadurch Kosten entstünden, bestreitet SPD-Fraktionschef Carsten Sieling: Dafür könne ja eine Hierarchie-Ebene unterhalb der Direktoren gestrichen werden. Dazu will sich der RB-Personalrat lieber nicht äußern. Sein Vorsitzender Bernd Graul begrüßt aber die besser abgesicherten Mitbestimmungsrechte. So vertritt der Personalrat jetzt auch offiziell die arbeitnehmerähnlichen Freien, was bisher lediglich geduldet wurde und für die Zukunft fraglich geworden war.
Weitere interessante Gesetzesänderungen: Jede Institution mit Sitz im Rundfunkrat soll für die einzelnen Amtsperioden abwechselnd einen Mann oder eine Frau entsenden. Für Beschwerden entsteht eine „Publikumsstelle“ nach WDR-Vorbild. Der Landesrechnungshof darf auch die RB-Tochterfirmen überprüfen. Product Placement bleibt verboten, obwohl nach neuem EU-Recht Lockerungen möglich wären. Und: Vor Wahlen muss RB keine Parteiwerbespots mehr ausstrahlen. Damit hat Rot-Grün die Rechtslage wiederhergestellt, wie sie in Bremen bereits bis 2002 galt.