Bundesverfassungsgericht zieht enge Grenzen für Online-Durchsuchung
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 27. Februar 2008 der Online-Durchsuchung enge Grenzen gesetzt (Az.: 1 BvR 370/07; 1 BvR 595/07). Der Erste Senat hat die Vorschriften des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen zur Online-Durchsuchung sowie zur Aufklärung des Internets für verfassungswidrig und nichtig erklärt sowie gleich noch ein neues Grundrecht aus der Taufe gehoben: das „Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“.
Die Überwachung informationstechnischer Systeme ziehe neue Gefährdungslagen nach sich, aus denen wegen ihrer zentralen Bedeutung bei der Persönlichkeitsentfaltung ein grundrechtlich erhebliches Schutzbedürfnis folge, stellten die Karlsruher Richter fest. Es gebe Schutzlücken, da durch Artikel 10 (Telekommunikationsgeheimnis) und 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung) lediglich Eingriffe in laufende Kommunikationsvorgänge sowie raumbezogene Sachverhalte erfasst würden. Mit der Online-Durchsuchung eines PCs werde aber auf einen bereits vorhandenen Datenbestand zugegriffen, der nicht nur der Privatsphäre zuzuordnen sei. Deshalb formulierten die Richter in ihrem bahnbrechenden Urteil „ein neues Grundrecht auf der Höhe der Zeit“ (so titelte die FAZ).
Gesetzliche Ermächtigungen zur Online-Durchsuchung zu präventiven und Zwecken der Strafverfolgung seien nur grundgesetzkonform im Falle von tatsächlichen Anhaltspunkten einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut – also für Leib, Leben und Freiheit der Person oder solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlagen oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berühre. Allerdings müsse ein solcher Zugriff unter Richtervorbehalt gestellt werden. Eine absolute Grenze sei dann gezogen, wenn höchstpersönliche Daten erhoben würden und somit der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung betroffen sei – dann sei eine Verwertung ausgeschlossen und die Daten müssten gelöscht werden.
Die dju in ver.di hat das Urteil begrüßt und insbesondere auf den notwendigen Schutz des Redaktionsgeheimnisses hingewiesen, ohne den „Journalisten keine vertraulichen Informationen gewinnen und veröffentlichen können“.
Nach diesem Urteil erwarten Kritiker der Vorratsdatenspeicherung, dass auch diese vor dem Karlsruher Gericht keinen Bestand haben wird. Die Verfassungsbeschwerde dagegen trägt 34.000 Unterschriften, darunter die der dju-Bundesvorstandsmitglieder.