Experiment lokale Grundversorgung

Modellversuch Bürgerfunk in Niedersachsen

Halbzeit beim Modellversuch Bürgerfunk in Niedersachsen. Strittig ist die Bestandsgarantie über das Jahr 2002 hinaus. Über die finanzielle Zukunft der Bürgermedien stritten rund 100 Vertreter der Bürgermedien in der Evangelischen Akademie in Loccum bei einer Veranstaltung von Akademie, Interessengemeinschaft nichtkommerzieller lokaler Hörfunk in Niedersachsen (INGEHN) und IG Medien.

Mit minimalem Etat hängen die sechs Offenen Kanäle und acht Nichtkommerziellen Lokalradios (NKL) am Tropf der niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM). Der Gesetzgeber gewährt dem Bürgerfunk einen zwei-Prozent-Anteil an den Rundfunkgebühren. Das sind derzeit rund 8,5 Millionen Mark. Eine Lösung, die die NLM auch nach Ablauf des fünfjährigen Modellversuches favorisiert. Zu wenig für einige Radioinitiativen. Die halten doppelt soviel für ihre Projekte für nötig.

Außerdem fordern sie von den Medienpolitikern eine finanzielle Bestandsgarantie. Die rechtliche Grundlage dafür bietet ihrer Meinung nach das Grundgesetz. Nach Artikel 5 ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Meinungsvielfalt zu gewährleisten. Nach Ansicht der Lokalfunker sei diese erst umgesetzt, wenn im Rundfunk nicht nur „gesellschaftlich relevante“ Gruppen zu Wort kommen. Sie wollen Partizipation von Individuen an den Medien jenseits der ausgewogenen Modelle der öffentlich-rechtlichen oder marktorientierten der privaten Anstalten. Derartige Spielräume böten nur die Bürgermedien. Bürgerfunk als dritte Säule in der Rundfunklandschaft?

Neue Finanzierungs-Modelle

Der Medienrechtler Martin Stock von der Universität Bielefeld schlägt ein anderes Modell vor. Für die dauerhafte Finanzierung aus dem Gebührentopf sollten die Bürgerfunker ein Bündnis mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingehen. Als eine besondere Art des Rundfunks nehme der Bürgerfunk öffentliche Aufgaben wahr, so Stock. Ihr Programmauftrag könnte gesetzlich fixiert so aussehen: Die Bürgermedien sichern die lokale Grundversorgung. Aber nicht aus Werbung, sondern aus Gebühren finanziert. „Verfassungsrechtlich ist so etwas durchaus möglich, wenn auch durch das Bundesverfassungsgericht nicht zwingend geboten im Sinne einer lokalen Grundversorgung mit Finanzgarantie.“, so das Mitglied der Rundfunkkommission der Landesmedienanstalt in NRW. Aus diesen Modellen könnten für den Gebührenzahler Erkenntnisse für die Weiterentwicklung des Rundfunksystems gewonnen werden. Doch das letzte Wort haben die Medienpolitiker. In drei Jahren entscheiden sie, ob die Bürgermedien in Niedersachsen erhalten bleiben.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

KI: Menschen wollen Regeln

Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland sorgen sich einer Umfrage zufolge um die Glaubwürdigkeit der Medien, wenn Künstliche Intelligenz (KI) im Spiel ist. 90 Prozent der Befragten fordern dazu klare Regeln und Kennzeichnungen. Dies ergab eine am Mittwoch in Berlin veröffentlichte Studie der Medienanstalten. Für die repräsentative Erhebung "Transparenz-Check. Wahrnehmung von KI-Journalismus" wurden online 3.013 Internetnutzer*innen befragt.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Mediatheken löschen ihre Inhalte

In Zeiten von Video-on-demand, Streaming und Mediatheken haben sich Sehgewohnheiten verändert. Zuschauer*innen  gucken wie selbstverständlich Filme, Serien, Dokus oder Nachrichten online. Private und öffentlich-rechtliche Fernsehsender pflegen daher inzwischen umfangreiche Mediatheken. Sendung verpasst? In den Online-Videotheken der TV-Anstalten gibt es nahezu alle Medieninhalte, um sie zu einem passenden Zeitpunkt anzuschauen, anzuhören oder nachzulesen. Irgendwann werden sie dann aber gelöscht.
mehr »

Neues vom Deutschlandfunk

Auch beim Deutschlandfunk wird an einer Programmreform gearbeitet. Es gehe etwa darum, „vertiefte Information und Hintergrund“ weiter auszubauen sowie „Radio und digitale Produkte zusammen zu denken“, erklärte ein Sprecher des Deutschlandradios auf Nachfrage. Damit wolle man auch „auf veränderte Hörgewohnheiten“ reagieren.
mehr »