Fragdenstaat.de

Erleichterter Zugang zu Behördeninformationen

Seit gut 5 Jahren ist in Deutschland das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in Kraft, doch noch viel zu selten wird es genutzt. Das meint zumindest ein Bündnis aus Organisationen wie Reporter ohne Grenzen, Netzwerk Recherche, das Nachrichtenbüro n-ost, transparency international und den Mediengewerkschaften dju in verdi und DJV. Gemeinsam haben sie jetzt das neue Rechercheportal fragdenstaat.de in Betrieb genommen. Das soll nicht nur Journalisten, sondern auch interessierten Bürgern den Weg in die Archive und zu den Unterlagen deutscher Behörden erleichtern.

Stefan Wehrmeyer (Bild) studiert Software-engineering in Potsdam. In monatelanger ehrenamtlicher Arbeit hat er nach dem englischen Vorbild whatdotheyknow.com das deutsche Pendant fragdenstaat.de programmiert. In England erfreut sich whatdotheyknow.com größter Beliebtheit. Mehr als 12% aller Behördenanfragen werden bereits darüber online gestellt.
Mit dem neuen Programm sollen komplizierte Behördenanfragen auch in Deutschland kinderleicht zu stellen sein. „In der Suchmaske sind bereits alle nötigen Paragraphen nach dem Informationsfreiheitsgesetz angegeben, so dass man nur noch seinen Suchbegriff und das zuständige Ministerium eingeben muss, und ab geht die Anfrage per E-Mail“, erläutert Wehrmeyer.
Fragdenstaat.de will wesentlich mehr sein als nur die bislang in Deutschland fehlende Internet-Plattform zur Behördenhotline 115. Hierzulande müssen sich die Bürger, so scheint es, erst noch daran gewöhnen, ihre Behörden auch nach vermeintlich geheimen Daten, Akten und Unterlagen anzufragen. Auskünfte nach dem IFG wie auch nach dem Umwelt- oder dem Verbraucherinformationsgesetz sind immer noch alles andere als selbstverständlich. Zum Beispiel eine Anfrage nach dem Gesprächsprotokoll des letzten chinesischen Staatsbesuches in Deutschland. Es könnte zum Beispiel eine Recherche danach sein, ob wirklich über heikle Themen wie die Menschenrechte geredet wurde.
„Man sollte möglichst förmlich schreiben, eine einfache und präzise Sprache benutzen und ein spezifisches Dokument erfragen. Dann klickt man an, dass man davor gewarnt werden möchte, wenn Gebühren auftreten. Per Anfragemaske ergeht der Hinweis, dass spätestens nach Ablauf eines Monats die Information zur Verfügung gestellt werden sollte. Nun muss man natürlich seinen echten Namen, Postanschrift und E-Mail angeben. Sollte sich die Behörde weigern, nach Ablauf der 4-Wochen-Frist eine Auskunft zu erteilen, kann man sich an den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar wenden“, erläutert Online-Aktivist Wehrmeyer.
Peter Schaar, der auch Bundesbeauftragter für die Informationsfreiheit ist, begrüßt das neue Anfrage-Tool als Initiative aus der Zivilgesellschaft ausdrücklich. „Es gibt nach wie vor Behördenmitarbeiter, die ein freies Informationszugangsrecht als lästig ansehen, weil sie denken, dass sie jetzt noch mehr zu tun haben oder dass damit Kosten verursacht werden. Sie sehen aber nicht die Chancen. Ich könnte mir vorstellen, dass bei staatlichen Planungsvorgängen die Akzeptanz größer wäre, wenn mehr Transparenz geschaffen würde“, denkt Peter Schaar.
Natürlich blieben auch mit dem neuen Recherchetool sicherheitssensible Bereiche wie die Nachrichtendienste oder personenbezogene Daten tabu, versichert Schaar. Nach nur wenigen Tagen sind auf fragdenstaat.de bereits mehr als 100 Anfragen an die Behörden öffentlich gemacht worden. Bald sollen auch Anfragen in den 11 Bundesländern möglich sein, in denen es eigene Landesgesetze zur Informationsfreiheit gibt. Zwar können Journalisten ihre Anfragen zu Beginn anonymisieren bzw. ganz geheim halten, um so einen exklusiven Recherchevorteil zu behalten. Ziel des neuen Portals soll im Sinne der Open-data-Bewegung aber sein, möglichst alle freigegebenen Akten und Dokumente öffentlich zu machen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Komplett-Verweigerung der Rundfunkpolitik

Nachdem die Ministerpräsident*innen am heutigen Donnerstag zur Rundfunkpolitik beraten haben, zeichnet sich ein düsteres Bild für die öffentlich-rechtlichen Medien, ihre Angebote und die dort Beschäftigten ab. Beschlossen haben die Ministerpräsident*innen eine Auftrags- und Strukturreform und einen ab 2027 geltenden neuer Mechanismus zur Festsetzung des Rundfunkbeitrags. Nicht verabschiedet wurde jedoch der fällige Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.
mehr »

KI: Menschen wollen Regeln

Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland sorgen sich einer Umfrage zufolge um die Glaubwürdigkeit der Medien, wenn Künstliche Intelligenz (KI) im Spiel ist. 90 Prozent der Befragten fordern dazu klare Regeln und Kennzeichnungen. Dies ergab eine am Mittwoch in Berlin veröffentlichte Studie der Medienanstalten. Für die repräsentative Erhebung "Transparenz-Check. Wahrnehmung von KI-Journalismus" wurden online 3.013 Internetnutzer*innen befragt.
mehr »