Fraglicher Finanzierungsersatz

KEF-Vorsitzender bei „ver.di im Gespräch“ in Mainz

„ver.di im Gespräch“ heißt die Veranstaltungsreihe, bei der Uli Röhm im ZDF medienpolitischen Experten oder Entscheidern auf den Zahn fühlt. Der Mann, der sich am 22. Februar den Fragen stellte, gehört in beide Kategorien: der KEF-Vorsitzende Heinz Fischer-Heidlberger. Die Antworten hatten zunächst Beruhigendes, in einem Punkt gab es aber auch überraschend Beunruhigendes!

Am Anfang stand die Aufklärung über Basisfakten. Fischer-Heidlberger erklärte, wie die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) arbeitet und wie sie sich versteht: Als unabhängiges Gremium von Experten, das beurteilt, welchen Finanzbedarf das ZDF und die ARD-Anstalten benötigen, um ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.
Die Aufgabe und Stellung der KEF bleibt unverändert, versicherte der Vorsitzende, auch wenn demnächst von der gerätebezogenen Rundfunkgebühr auf eine Haushaltsabgabe umgestellt wird. Diese Feststellung beruhigt diejenigen, die befürchteten, dass die neue Finanzierungsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein Einfallstor für politische Einflussnahme werden könnte.
Dass die KEF nicht einfach die Anmeldungen der Anstalten durchwinkt, machte Fischer-Heidlberger an einem Beispiel klar: Die KEF gesteht den öffentlich-rechtlichen Anbietern kein Geld für eine eigene Entwicklungsredaktion zu und sieht darin auch keinen Nachteil gegenüber privatwirtschaftlichen Medienunternehmen, die entsprechende Mittel zur Verfügung haben. Die Entwicklung neuer Formate müsse aus dem vorhandenen Budget bestritten werden, stellte Fischer-Heidlberger fest. Auch von Nachfragen aus dem Publikum, die darin einen Widerspruch zur Bestandsgarantie und -entwicklung sahen, ließ er sich nicht beeindrucken. Dieser Vorgabe des Verfassungsgerichts trage die KEF dadurch Rechnung, dass man zusätzliche Mittel für technische Projekte wie etwa der HDTV-Umstellung zur Verfügung stelle, Formatentwicklung hingegen sei normales Programmgeschäft, das kein zusätzliches Geld rechtfertige.
Für diejenigen, die sich mit der komplexen Materie auskennen – und davon gab es im sachkundigen Publikum der Veranstaltung einige – war das noch nichts Überraschendes. Dies gab es dann im Zusammenhang mit der Frage, wie ARD und ZDF die zweijährige Null-Runde überstehen könnte, die nach Ablauf der aktuellen Gebührenperiode bei der Umstellung auf die Haushaltsabgabe gelten soll. Was wäre, wenn wegen der neuen Berechnungsgrundlage die Einnahmen nicht ausreichen würden? Die Möglichkeit der Kreditfinanzierung ist dem ZDF untersagt, doch Fischer-Heidlberger hat eine andere Lösung parat: Die notwendigen Finanzmittel könnten aus dem vorhandenen Versorgungsstock für die Altersrückstellungen entnommen werden. Die KEF würde diese Mittelumschichtung bei der nächsten Finanzanmeldung berücksichtigen, damit eine Rückzahlung möglich wäre.
Eine „Zwischenfinanzierung“ über die Altersversorgung? Da schrillen bei den verdi-Vertretern die Alarmglocken. Werner Ach hält diesen Weg für hoch problematisch. „In der nächsten Gebührenperiode müssten dann nicht nur Mittel für die aktuelle Aufgabenerfüllung bewilligt, sondern gleichzeitig rückwirkend Gelder bereitgestellt werden, um die Finanzlöcher beim Versorgungsstock zu stopfen.“ Der ver.di-Vorsitzende des ZDF-Betriebsverbands befürchtet: „Selbst dann, wenn die Gelder wieder in den Versorgungsstock zurückfließen, ist die Gefahr groß, dass die Mittel dann an anderen Stellen gestrichen werden. Was uns heute als Königsweg aus einer finanziellen Notlage verkauft wird, wäre so der erste Schritt in eine dauerhafte strukturelle Unterfinanzierung.“ Nach dem Ende der offiziellen Befragung wurde dieses Thema denn auch intensiv weiterdiskutiert. ver.di bleibt eben im Gespräch.

 

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Die Zukunft der Filmförderung

In der morgigen Plenarsitzung des Bundestages wird über die Zukunft der deutschen Filmwirtschaft entschieden, der vom Bundestagsausschuss für Kultur und Medien beschlossene Gesetzentwurf zum Filmfördergesetz (FFG) steht zur Abstimmung auf der Tagesordnung. ver.di begrüßt eine Reform der Filmförderung, denn in Zukunft müssen Filmproduktionen Tarif- und Urheber-Vergütungen verbindlich einhalten.
mehr »

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

Komplett-Verweigerung der Rundfunkpolitik

Nachdem die Ministerpräsident*innen am heutigen Donnerstag zur Rundfunkpolitik beraten haben, zeichnet sich ein düsteres Bild für die öffentlich-rechtlichen Medien, ihre Angebote und die dort Beschäftigten ab. Beschlossen haben die Ministerpräsident*innen eine Auftrags- und Strukturreform und einen ab 2027 geltenden neuer Mechanismus zur Festsetzung des Rundfunkbeitrags. Nicht verabschiedet wurde jedoch der fällige Rundfunkbeitragsstaatsvertrag.
mehr »

KI: Menschen wollen Regeln

Rund drei Viertel der Menschen in Deutschland sorgen sich einer Umfrage zufolge um die Glaubwürdigkeit der Medien, wenn Künstliche Intelligenz (KI) im Spiel ist. 90 Prozent der Befragten fordern dazu klare Regeln und Kennzeichnungen. Dies ergab eine am Mittwoch in Berlin veröffentlichte Studie der Medienanstalten. Für die repräsentative Erhebung "Transparenz-Check. Wahrnehmung von KI-Journalismus" wurden online 3.013 Internetnutzer*innen befragt.
mehr »