„Der Staat muss überall dort, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung tragen“, erklärte das Bundesverfassungsgericht in einem jetzt veröffentlichten Beschluss. Konkret wurde die Möglichkeit für Journalisten verbessert, zu Recherchzwecken Einblick in das nur begrenzt öffentliche Grundbuch zu nehmen.
Ausgelöst hatte den Rechtsstreit eine Mitarbeiterin der „Wirtschaftswoche“. Sie wollte Anfang der 90er-Jahre wissen, ob eine kriselnde Aktiengesellschaft die laufenden Verluste durch Grundstücksverkäufe kaschiert hatte. Das Grundbuchamt und die Zivilgerichte wollten ihr jedoch die Einsicht ins Grundbuch nicht ohne weiteres gewähren. Zuerst müsse die Aktiengesellschaft gehört werden, um dann entscheiden zu können, ob die Journalistin ein „berechtigtes Interesse“ an der Einsichtnahme habe. Das fand die Reporterin aber ziemlich abwegig, schließlich werde die AG bei diesem Verfahren vor der Recherche gewarnt und könne sonstige Beweisstücke verschwinden lassen. Die Wirtschaftswoche erhob deshalb Verfassungsbeschwerde und erhielt nun in Karlsruhe Recht.
Auch das Bundesverfassungsgericht war der Meinung, dass sich die Anhörung des Grundstückseigentümers in derartigen Fällen mit der Pressefreiheit „nicht vereinbaren“ lässt. Das Risiko, dass das Informationsinteresse der Medien vereitelt werde, sei zu groß. Deshalb müsse das Grundbuchamt selbständig abwägen, ob im konkreten Fall ein berechtigtes Interesse an der Einsicht ins Grundbuch besteht. Dabei sei aber zu respektieren, so Karlsruhe, „dass die Presse regelmäßig auf einen bloßen, und sei es auch nur schwachen, Verdacht hin recherchiert, ja dass es geradezu Anliegen einer Recherche ist, einem Verdacht nachzugehen.“ Regelmäßig habe hier das Zugangsinteresse der Medien Vorrang, „wenn es um Fragen geht, die die Öffentlichkeit wesentlich angehen und wenn die Recherche der Aufbereitung einer ernsthaften und sachbezogenen Auseinandersetzung dient.“ (Az.: 1 BvR 1307/91)