Wie bekommt man einen Imagewechsel hin und gewinnt an Quote? Man nehme eine unaktuelle Papstserie, kündige diese mit einem Jesus-lästerlichen Plakat an und warte ab.
Am 21. März verkündete MTV, dass man ab 3. Mai Popetown ausstrahlen werde. Auf einem Werbemotiv war der vom Kreuz gestiegene Jesus im Fernsehsessel zu sehen. Untertitel: »Lachen statt rumhängen«. Dagegen, wie auch gegen die Serie protestierte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) am 10. April »scharf«. Alle Christen sollten MTV auffordern, auf die Ausstrahlung der Serie zu verzichten. Wenig später stiegen Politiker in die Diskussion ein.
Doch wird, wie Edmund Stoiber behauptet, der christliche Glaube verhöhnt? Der ist gar nicht Gegenstand der Serie. Weder das Leiden Christi ist zu sehen noch wird auf die moralischen Botschaften der Bibel eingegangen. Was bringen höhere Strafen wegen Gotteslästerung, wie Markus Söder sie fordert? Muss gar – wie gefordert – das Papsttum von der Verächtlichmachung ausgenommen werden? Steht also der Papst höher als die Bundeskanzlerin?
Gegenstand der technisch gut gemachten Serie soll die Institution Kirche sein. Doch das, was überzeichnet wird, ist nicht kirchenspezifisch. Das, was dargestellt wird, findet man in einigen Vereinen, vielen Unternehmen, allen Parteien und eben in der Kirche. Mehr oder weniger bekannte Witze wurden auf die Kirche übertragen. Und so ist es eben keine Kirchensatire. Die Serie wurde gemacht, um sie zu verkaufen, nicht um die Kirche als Institution in ihrem Wesen zu kritisieren. Deshalb bleibt man weit hinter dem zurück, was schon in der Zeit der Reformation an Bild und Tiefgang geboten wurde. Da war Satire ein publizistisches Mittel im Streit um die »wahre« christliche Lehre, der Papst, dargestellt als Esel oder gar Drache, keine Seltenheit.
Nach all den Protesten tat MTV das einzig Richtige, um im Gespräch zu bleiben: Man kündigte an, erst einmal nur eine Folge der Serie auszustrahlen. Die Protagonisten wurden zu einer Diskussionsrunde eingeladen, zu der sie wohlweislich absagten. Der Sender wollte die Zuschauer befragen, wie es weitergehen soll. Die letzte kostenlose Werberakete startete das Erzbistum München-Freising noch kurz vor Schluss. Die Ablehnung des Verbotsantrags lief nur wenige Stunden vor Sendestart durch fast alle Nachrichten.
Wer hätte vor dem 10. April gewusst, dass MTV auch Comic-Serien zeigt. Für die meisten war MTV ein Musiksender, den zudem nicht gerade viele einschalteten. Durchschnittlich sahen nur 100.000 der 14- bis 49-Jährigen das Programm. Der Marktanteil lag bei 0,8 Prozent. Nun, nach dem 4. Mai weiß wohl ganz Deutschland, dass MTV nicht nur Musikvideos zeigt. Am Mittwoch, dem Tag als Popetown ausgestrahlt wurde, verdreifachte sich die Quote. MTV hat mit einem alten Hut seinen Marktanteil verdreifacht und gleichzeitig einen Imagewandel vorangetrieben. Anscheinend profitieren »inszenierter« Glaube und Kommerz voneinander