Widerstand und Rechtsberatung gegen Outsourcing-Pläne beim WDR
Ich belausche zwei WDR-Kollegen im Gespräch auf dem Weg zum Veranstaltungsraum. War es nun zwölf Jahre her, oder sogar mehr? fragten sie sich. Wie lange hatten sie keine Gewerkschaftsveranstaltung mehr besucht? Jetzt, wo der Westdeutsche Rundfunk darauf zusteuert, von seinen 4500 Beschäftigten rund 500 per „Outsourcing“ in eigene Tochterunternehmen zu entlassen, war ihnen der Anlaß wichtig genug. Rund 220 WDR-Beschäftigte füllten schließlich am 8. September den Saal, in den der WDR-Betriebsverband der IG Medien eingeladen hatte. Unter der Überschrift „Gehste mit, biste hin“ gab es Informationen von Rechtsanwalt Horst Welkoborsky.
Bedroht sind unter anderem die Beschäftigten in der Elektrotechnik, der Bauabteilung, der Hausverwaltung, Klimatechnik, Telefonzentrale, der Audio-, Video- und Niederfrequenztechnik und der Betriebsausrüstung. Nach den Empfehlungen der Unternehmensberatung Kienbaum sollen sie überwechseln in zwei GmbHs für „Gebäudemanagement“ bzw. „Service, Planung und Beratung“. Die Aktion würde weiteren Arbeitsplatzabbau auch im Rest-WDR nach sich ziehen. So würde z.B. in der Personalabteilung jeder zehnte Arbeitsplatz wegfallen müssen, damit sich die Auslagerung der Bereiche überhaupt rechnen kann. WDR-Intendant Fritz Pleitgen hat angekündigt, über das „Outsourcing“ Ende dieses Jahres zu entscheiden. Dann beginnt das Beteiligungsverfahren mit dem Personalrat.
Welkoborsky begleitet als Rechtsanwalt der Arbeitnehmerseite nach eigenen Angaben jährlich rund 20 Outsourcingfälle, meist in der gewerblichen Wirtschaft. In keinem Fall sei es den Beschäftigten nach der Auslagerung ihres Betriebsteiles besser gegangen als zuvor, berichtete er den WDR-Angestellten. Nach seiner Erfahrung kann ein Personalrat oder Betriebsrat durch seine umfangreichen Informations- und Mitspracherechte eine Privatisierung von Abteilungen lange hinauszögern. „Meistens wissen die Arbeitgeber nicht genau, was sie mit den Verträgen der Beschäftigten vorhaben.“ Die Vorlagen an den Personalrat sind in der Regel lückenhaft. Da wird einfach behauptet, für die Beschäftigten ändere sich nichts („Das sagen sie immer“), was natürlich nicht stimmt. Wenn dann aufgelistet werden muß, was sich rechtlich genau ändern soll, ist die Arbeitgeberseite zunächst überfragt.
Aber, so Welkoborsky; ohne die Rückendeckung der Belegschaft kann auch ein noch so entschlossener und findiger Personalrat letztlich nichts ereichen. Wenn zuviele Kolleginnen und Kollegen Einzelarbeitsverträge mit den neugegründeten Tochterfirmen unterschreiben, ist der Kampf leicht verloren. Sein Rat: Die Betroffenen sollen dem Arbeitgeber erklären, daß ihre Unterschrift erst dann unter einen Arbeitsvertrag kommt, wenn eine Betriebsvereinbarung mit dem Personalrat und Tarifverträge mit den Gewerkschaften abgeschlossen sind. Die Arbeitnehmervertreter wiederum sollten sich auf keine Kompromisse einlasssen. Soll heißen: Für die Tochterunternehmen müssen wortgleich die WDR-Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gelten – und sie müssen sich verpflichten, nicht aus dem Geltungsbereich der Tarifverträge zu flüchten. Bedingungen, die die WDR-Vertreter bisher stets abgelehnt haben. Sie würden ein Outsourcing unrentabel und unsinnig machen. Was zeigt, worum es ihnen geht: Schlechtere Arbeitsbedingungen zu schaffen als die, die bisher beim WDR gelten.
Beifall für die Informationen und kämpferische Worte gab es von den 220 WDR-Beschäftigten in der Versammlung. Entschlossenheit ist spürbar, Gegenwehr zu leisten. In betroffenen wie nicht betroffenen Abteilungen haben die Kolleginnen und Kollegen in den vergangenen Monaten Fachgruppensprecher gewählt und nutzen so nach vielen Jahren wieder Rechte aus der Beteiligungsordnung.