„Geld ersetzt nicht Ideen“

Manfred Schmidt will mit der Mitteldeutschen Medien-Förderung (MDM) neue Akzente setzen

»M«: Bei der jüngsten MDM-Vergaberunde gingen insgesamt über 700.000 Euro an solche Projekte wie ein „Spielmodul für Breitbandnetze“ von Teleport Sachsen-Anhalt und „Edutainment“ von cine plus Leipzig auf. Verschleudern Sie nicht Filmfördergelder für Abwegiges?

Manfred Schmidt: Sie werden nicht wirklich erwarten, dass ich mit „Ja“ antworte. Die MDM war die erste Fördereinrichtung in Deutschland, die den Bereich der Neuen Medien expliziert in ihren Förderrichtlinien verankert hatte. Das heißt wir unterstützen nicht nur die Entwicklung, Produktion und den Vertrieb von Kino- und Fernsehfilmen, sondern auch bewegtbildgestützte multimediale Projekte, die allerdings einen kulturellen Aspekt haben müssen und wirtschaftlich erfolgversprechend sind. Und um solche Vorhaben handelt es sich hier.

Zum einen geht es um Spielesammlungen, die in Kooperation mit Kabelnetzbetreibern in Haushalte eingespeist werden. Dabei handelt es sich natürlich um keine „Ballerspiele“ oder ähnliches. Die Kooperation mit Kabelnetzbetreibern ist für uns wichtig, da hier ein wirtschaftlich erfolgversprechendes Vertriebsmodell getestet werden kann.

Beim zweiten Projekt handelt es sich um den weiteren Ausbau einer online- Bewegtbilddatenbank im Wissensbereich und Auskopplungen auf CD-Rom. Dieses Projekt entsteht in Kooperation mit der Bundeszentrale für politische Bildung, die die Produkte auch vertreiben wird. Darüber hinaus wird aber auch ein großer Verlag beteiligt sein. Es handelt sich also bei beiden Förderungen um kulturell hochwertige Produkte, die wirtschaftlichen Erfolg haben können. Und wie immer trägt Förderung aber nur einen Teil der Herstellungskosten. Der Löwenanteil muss durch marktorientierte Unternehmen aufgebracht werden.

»M«: Erst im Herbst 1998 gegründet, hat die MDM sicher Nachholbedarf gegenüber etablierten Förderinstitutionen anderer Bundesländer. Versuchen Sie das nur mit erhöhtem Geldeinsatz und ungewöhnlichen Projekten wieder aufzuholen, oder steckt hinter der MDM auch ein neues Förderkonzept und worin besteht das?

Manfred Schmidt: Unsere Förderung ist in der Tat noch jung. Einen Nachholbedarf sehe ich allerdings nicht. Geld ist sehr wichtig, aber es ersetzt nicht die Ideen. Wir sind vielleicht in der glücklichen Situation, bis heute sehr frisch an Aufgaben heranzugehen, da die Argumentation: „Das haben wir schon immer so gemacht“ entfällt. Andererseits wollten wir das Rad nicht neu erfinden. Unsere Richtlinien ähneln denen der anderen Filmförderungseinrichtungen. Das ist auch richtig und wichtig, denn die Medienbranche verlangt zu recht eine hohe Kompatibilität.

Dennoch setzen wir eigene Akzente. Die sind eher inhaltlicher Art. Schwerpunkte unserer Arbeit sind die Unterstützung von Dokumentarfilmen – Leipzig ist nach wie vor ein wichtiges Zentrum des Dokumentarfilms in Deutschland – von Kinder- und Animationsfilmen. Ich halte es für sehr wichtig, gute Angebote für die jungen und jüngsten Zuschauer zu haben. Darüber hinaus ist die Thüringer Landeshauptstadt auf dem Weg, sich zum deutschen Kindermedienstandort zu entwickeln. Hier ist auch der Sitz des Kinderkanals von ARD und ZDF, das Kinderfilmfestival Goldener Spatz ist dort und in Gera beheimatet. In Halle entsteht ein Zentrum für Animationsfilme.

Darüber hinaus sind für uns europäische Koproduktionen vor allem mit osteuropäischen Partnern wichtig, und wir bauen diese Möglichkeit nach und nach, aber sehr zielgerichtet, aus. Europäische Filme müssen wieder stärker die Möglichkeit haben über die eigenen Landesgrenzen hinaus zu wirken. Das hat kulturelle und wirtschaftliche Aspekte. Ich glaube an die Wirtschaftlichkeit solcher Unternehmungen und an osteuropäische Märkte. Das funktioniert aber nur, wenn man auf gleicher Augenhöhe und wirklich zum gegenseitigen Vorteil handelt. Das versuchen wir. Eine solche Strategie schützt aber auch vor selbstzufriedener Provinzialität. Und natürlich ist es wichtig für eine junge Medienregion, wenn Regisseure wie Peter Greenaway, Mika Kaurismäki oder Istvan Szabo hier arbeiten.

»M«: Was können Sie als MDM in eine Umgestaltung der Filmförderung insgesamt in Deutschland an Erfahrungen einbringen, was sind ihre Reformvorschläge?

Die Filmfördermodelle stehen in der Tat auf dem Prüfstand. Ich denke, dass sehr vieles sich bewährt hat und befürchte ein wenig, in Zeiten angespannter Haushaltslagen und dem, was als Medienkrise bezeichnet wird, neigt die Politik dazu, Medien einfach nicht mehr so „hype“ zu finden. Das ist gefährlich, denn es geht darum, dass im Film- und Medienbereich Produkte entstehen, die einerseits kulturelle Identität vermitteln können, was lebenswichtig für die menschliche Gesellschaft ist, und andererseits erhebliche wirtschaftliche Effekte entstehen, die nicht nur Arbeitsplätze schaffen sondern zur ökonomischen Leistungsfähigkeit beitragen. Dass leistet im Kulturbereich nur die Medienbranche. Man braucht aber einen langen Atem, der Politikern bisweilen fehlt.

Dennoch muss nicht alles beim Alten bleiben. Für uns sind Fragen einer optimalen Marktpositionierung von Medienprodukten sehr wichtig. Das betrifft nicht nur den Mainstream, sondern auch kleinere und Low-budget-Produkte, denn jedes Projekt sollte seinPublikum optimal erreichen. Deshalb sollten die Fördereinrichtungen gemeinsam Regelungen finden und Modelle ausprobieren, wie solche Maßnahmen professionell durchgeführt und auch finanziell unterstützt werden können. Und ob die Förderung eines Projektes unbedingt nacheinander in Einzelschritten erfolgen muss oder ob hier ganzheitliche Vorgehensweisen nicht sinnvoller wären. An solchen Modellen arbeitet die MDM und diese Vorschläge wollen wir in der nächsten Zeit sowohl mit der Medienbranche als auch mit den anderen Film- und Medienförderungseinrichtungen diskutieren.

Das Gespräch führte Holger Wenk

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