Herbsttreffen der Medienfrauen beim ORF in Wien
Wien! „Ja, das machen wir!“ hatte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bereits 2006 den Netzwerk-Frauen im Sender zugesagt. Und was vom 5.–7. September 2008 beim inzwischen 31. Herbsttreffen der Medienfrauen ARD/ZDF/ORF über 350 Kolleginnen aus allen öffentlich-rechtlichen Sendern unter dem Motto „Blickwechsel“ geboten wurde, war allemal die Reise wert.
Das Programm hielt sich an den bewährten Ablauf: Podiumsdiskussionen, Festvortrag, Führungen durch den ORF und seine Stadt, Berichte der Gleichstellungsbeauftragten aus den Sendern – Mentoring war hier eines der aktuellen Stichworte – Workshops, die Empowerment und Fortbildung boten und für Geschlechtergerechtigkeit im Programm sensibilisierten. Das Besondere dieses Treffens aber schuf der ungebremste Enthusiasmus der ORF-Kolleginnen, die zum ersten Mal ein Herbsttreffen ausrichteten. Die Atmosphäre der Stadt Wien und ihre Geschichte wurden einzigartig vermittelt durch die Frauenspaziergänge mit Petra Unger. Ein Erlebnis war auch das Kabarettprogramm von Frau Dr. Regina Hofer, die auf den Spuren Freuds das „Seelenuniversum der Geschlechter“ als dunklen Kontinent „Afrika“ ausbreitete.
Viel weibliche Prominenz aus Medien und Politik war in Wien aufgeboten: Neben Sissy Mayerhoffer, (noch einzige) ORF-Direktorin: Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und die Ministerin für Frauen und Medien Heidrun Silhavy sowie Staatssekretärin Christine Marek. Einigkeit herrschte in der Kritik am „immer noch sehr männlich orientierten ORF“. Die Medienfrauen wurden aufgefordert, in ihrem Umfeld als „Role Models“ zu wirken. Eine effektive Vereinbarung von Beruf und Familie durch bedarfsorientierte Betreuungseinrichtungen galt als Selbstverständlichkeit und sexistische Werbung wurde ebenso wie die in vielen Programmen praktizierten geschlechterungerechten Rollenfixierungen angeprangert. Besonderes Lob galt deshalb dem Wanderpreis „Saure Gurke“, der in diesem Jahr dem scheidenden ARD-Programmdirektor Günter Struve verliehen wurde. Mit Werken wie „Der Traum ihres Lebens“ oder „Der Arzt vom Wörthersee“ sei es ihm gelungen, „vom Aussterben bedrohte Rollenklischees erfolgreich zu reanimieren“.
In hochkarätig besetzten Podiumsrunden wurden Perspektiven zur Geichstellungspolitik für die kommenden Jahre entwickelt und Möglichkeiten für Frauen in der digitalen und multimedialen Welt ausgelotet. Dass sich gegen solche Zielsetzungen von Frauen in Medien und Gesellschaft starke Gegenkräfte formieren, betonte Prof. Elisabeth Klaus, Universität Salzburg, in ihrem Festvortrag. Eva Hermann, so die Kommunikationswissenschaftlerin, steht keineswegs allein. Mit ihr haben sich „rückwärtsgewandte“ Organisationen wie das „Familiennetzwerk“, die „Neue Initiative Soziale Marktwirtschaft“ und „Väteraufbruch“ sowie AutorInnen wie Christa Meves oder Frank Schirrmacher vernetzt. Notwendig sei deshalb, den Weg zu Gleichberechtigung und Emanzipation mit „kritischer Fantasie“ konsequent weiterzugehen. Kein Medientreffen ohne Resolution: „Einsparungen und Umstrukturierungen nicht auf Kosten der Frauen!“, fordern die Frauen einstimmig von ARD, ZDF und ORF. Und das gilt auch für das von Einstellung bedrohte Frauen-Magazin im WDR-Hörfunk ‚Venus_fm’. www.medienfrauentreffen.de