Liquiditätshilfe für den RBB?

Debatte über Alternativen für neues Radio Multikulti

Wenn die Ministerpräsidenten bei ihrer Konferenz am 22. und 23. Oktober in Sachsen der Empfehlung der Gebührenkommission KEF folgen, besteht für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) die Chance auf Linderung seines Defizits.

Das wird sich in der kommenden Gebührenperiode (2009–2012) auf bis zu 54 Millionen Euro belaufen, da im Sendegebiet 14,5 Prozent statt wie im Bundesdurchschnitt 9,9 Prozent der Haushalte aus sozialen Gründen von Rundfunkgebührenzahlung befreit sind. Dies hat die von den Ministerpräsidenten um Rat gefragte KEF nun als echtes Problem erkannt und schlägt vor, dass der ARD-Verbund dem RBB „im Bedarfsfall Liquiditätshilfe“ leisten soll. Auch für die kommende Gebührenperiode bis 2016 sollen „weitere Ausgleichzahlungen“ an den Berlin-Brandenburger Sender fließen, meint die KEF. Zugleich lehnt sie aber Alternativen wie etwa ein Ausgleichsmodell mit Sockelbeträgen ab und will auch nicht, dass jede Anstalt künftig ihren Bedarf einzeln bei der Gebührenkommission anmeldet. Allerdings, so der KEF-Sonderbericht, sollte dann die ARD die für den Verbund insgesamt angemeldeten und bewilligten Mittel bei der internen Verteilung je nach Anstaltsbedarf „individuell zuordnen“. Im Klartext: Künftig darf die ARD als Gesamtverband nicht mehr wie bisher bedarfsgerecht anmelden und dann intern nur nach der Zahl der zahlenden Gebührenhaushalte das durch die KEF bewilligte Geld verteilen, sondern wieder nach Bedarf. Genau dieses strukturelle Defizit hatte ein Gutachten im Auftrag des RBB festgestellt.
Ob die Ministerpräsidenten dem KEF-Votum folgen, ist noch unklar. Genau so wie die Reaktion der RBB-Geschäftsführung: Rückt sie von Programmeinsparungen wie der Einstellung der Sendung „Polylux“ für das Erste und der Schließung von Radio Multikulti ab und beantragt stattdessen dafür ARD-Liquiditätshilfe? Oder wird nur zur Abwendung weiterer Einsparungen Liquiditätshilfe beantragt? Immerhin hätten die bisher beschlossenen Einschnitte ohnehin nur 30 bis 34 von 54 Mio Euro Defizit gedeckt. Schon vor dem KEF-Sonderbericht hatten Anhänger von Radio Multikulti auf Einladung der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus über Alternativen zur Aufschaltung von Funkhaus Europa des WDR auf die Multikulti-Frequenzen diskutiert. Die Rede war u.a. von EU-Fördermitteln oder die Verbreitung als Web-Radio. Doch alle Initiativen dazu müssen aus dem Sender und seinen Gremien kommen, was nach der bisherigen Lage nicht realistisch ist. Deshalb appellierten die Grünen-Abgeordneten und früheren SFB-Rundfunkratsmitglieder Alice Ströver und Jochen Esser an „alle interessierten Gruppen und gesellschaftlichen Kräfte, einen kreativen Neuanlauf für ein neues Integrations-Radio“ in Berlin zu unternehmen.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Fakten, Fame und Follower

Im Netz dominiert mittlerweile der Content, den kommerzielle BigTech-Plattformen pushen. Er ist nicht mehr gebunden an eine „öffentliche Aufgabe“ von Journalismus, nämlich durch Information und Fakten zur Selbstverständigung der Gesellschaft beizutragen.
mehr »

Junger Journalismus: Lernen, vernetzen und schützen

Angriffe auf Journalist*innen nehmen zu, online wie auf der Straße. Umso wichtiger, Pressefreiheit nicht nur als Prinzip zu verstehen, sondern sie im Alltag zu verteidigen. Mit diesem Anspruch lud die Jugendpresse Deutschland Anfang November rund 80 junge Medieninteressierte nach Dresden ein. Bei der „YouMeCon kompakt“ ging es um journalistisches Handwerk, Verantwortung und darum, wie man Menschen schützt, die berichten.
mehr »

Lokaljournalismus verliert Quellen

Viele Städte und Gemeinden betreiben inzwischen ihre eigenen Social Media Kanäle und ihre eigene Informationsstrategie. Auch Akteure wie Polizei und Feuerwehr setzen immer mehr auf direkte Kommunikation – was Vorteile hat. Gleichzeitig, so der Verband der Deutschen Zeitungsverleger (VDL), erschwert diese Entwicklung die Arbeit von Lokalkjournalist*innen. Eine Sendung des Deutschlandfunks hat nachgefragt.
mehr »

Deutsche-Welle: Beschäftigte wehren sich

Mitarbeiter*innen der Deutschen Welle (DW) protestieren an der Marschallbrücke in Berlin gegen die geplanten massiven Kürzungen im Etat des deutschen Auslandssenders. Sie wollen bis Freitag jeweils frühmorgens Bundestagsmitglieder auf ihrem Weg ins Parlament um Unterstützung für eine ausreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Deutschen Welle bitten.
mehr »