Madsack-Titel: Widerstand gegen Kahlschlag im Norden

Spontaner Protest von Beschäftigten der "Ostsee-Zeitung" gegen die Madsack-Sparpläne. Foto: Herbert Steinfort

„Von Kahlschlag im Norden“ berichteten die Medien bereits, bevor am Mittwoch die Beschäftigten von „Lübecker Nachrichten“ und Rostocker „Ostsee-Zeitung“ offiziell informiert wurden: Beide zum Madsack-Konzern gehörende Verlage sollen zusammen erneut mehr als 30 Arbeitsplätze abbauen und weitere 35 Stellen in Tochterfirmen ausgliedern. Damit wird der bereits im Vorjahr begonnene massive Personalabbau fortgesetzt. Er bleibt nicht unwidersprochen. In Rostock versammelten sich Beschäftigte direkt nach der Verkündung der Abbaupläne spontan.

Sie trugen ihren Protest in der Mittagspause vor das Steintor im Zentrum der Hansestadt. In Lübeck sollte die Belegschaft erst am Nachmittag über die Details der Streichungspläne informiert werden. „Keine genauen Aufschlüsselungen der Streichungspläne auf Abteilungen“ habe es dabei gegeben. Allerdings seien sämtliche zwölf Stellen in der Anzeigenproduktion zur Disposition gestellt worden, heißt es aus dem Betriebsrat. Die Interessenvertretung wolle jedoch an die Tradition anknüpfen, dass bei den „Lübecker Nachrichten“ bislang stets sozialverträgliche Lösungen im Interesse der Beschäftigten erreicht worden seien.

Bereits zuvor hatte ver.di Nord den Stellenabbau scharf kritisiert. „Mit Entlassungen und Tarifflucht macht man Zeitungen nicht besser“, erklärte ver.di-Fachbereichsleiter Martin Dieckmann. Die geplanten Einschnitte seien um so unverständlicher, da beide Zeitungen zusammen – die „Ostsee-Zeitung“ ist eine hundertprozentige Tochter der „Lübecker Nachrichten“ – zuletzt ein sehr gutes Geschäftsergebnis erwirtschaftet hätten. Dieckmann kündigte an, dass ver.di auf der Wiederaufnahme von Verhandlungen zur Beschäftigungssicherung bestehen werde.

Der angekündigte Stellenabbau konterkariert Äußerungen von SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan, mit denen er sich am gestrigen Dienstag bei der Vorstellung des Geschäftsberichtes 2015 der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft (DDVG) hervorgetan hatte. Es sei Aufgabe der SPD-Medienholding DDVG „einen Beitrag für die plurale Meinungslandschaft in Deutschland zu leisten“. Diese brauche einen „starken unabhängigen Journalismus“. Der sei „nicht umsonst zu haben, sondern benötigt ein solides finanzielles Fundament“, so der Generaltreuhänder der DDVG. An der Madsack-Mediengruppe, zu der auch die „Hannoversche Allgemeine“, die „Neues Presse“ und andere Lokalzeitungen gehören, ist die SPD-Medienholding zu 23 Prozent beteiligt.

(aktualisiert am 22.09.2016)

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Freie unter Honorar-Druck

Die prekären Arbeitsverhältnisse im Journalismus sind schon lange bekannt. Besonders trifft es aber freie Journalist*innen, deren Honorare sogar noch weiter sinken. Das hat auch Auswirkungen auf die Art des journalistischen Arbeitens.
mehr »

Anti-SLAPP-Gesetz ungenügend

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di kritisiert das von der Bundesregierung beschlossene Anti-SLAPP-Gesetz. Es beschränke den Schutz vor Einschüchterungsklagen nur auf grenzüberschreitende Fälle. Damit bleibe ein Großteil der realen Bedrohungslagen für Journalist*innen in Deutschland unberücksichtigt.
mehr »

Die Newsfluencer kommen

In Deutschland vertraut eine Mehrheit der Menschen beim Nachrichtenkonsum in der digitalen Welt noch immer mehrheitlich auf klassische Medien. Das ist eine Erkenntnis aus einer im Oktober 2025 veröffentlichten Studie des Reuters Institute. Die britische Denkfabrik wollte herausbekommen, wie Menschen sich im Netz informieren. Dafür sind Personen in 24 Ländern befragt worden.
mehr »

Trumps digitaler Medienpranger

Donald Trump verfolgt mit seinen Attacken auf Medien und Journalist*innen drei Hauptziele: Ablenkung von eigenen Verfehlungen, Bindung seiner rechten Unterstützer*innen und Selbstbereicherung. Große Medienkonzerne unterstützen ihn, um eigene Profitinteressen zu fördern. Das Resultat ist eine Bedrohung von Pressefreiheit und Demokratie.
mehr »