Debatte um ausländische Investitionen beim Medienforum in Berlin
Vor einigen Jahren scheiterte der US-Investor Liberty mit dem Versuch, das marode deutsche Kabelnetz zu übernehmen. Jetzt scheint sich die Geschichte zu wiederholen. Umstritten sind die Pläne von Kabel Deutschland, sich mit der Übernahme der Kabelnetze von ish, iesy und Kabel Baden-Württemberg eine monopolartige Stellung auf dem deutschen Kabelmarkt zu verschaffen. „Wer investiert in Deutschlands Medienzukunft“ lautete die zentrale medienpolitische Debatte auf dem Medienforum 2004.
Bei den Gesellschaftern von Kabel Deutschland handelt es sich überwiegend um US-amerikanische Fonds. Die großen deutschen Privatsender machen Front gegen die Übernahme. „Natürlich sind wir dagegen, beim wichtigsten Verbreitungsweg für das Fernsehen mit einem einheitlichen, monolithischen Block konfrontiert zu werden, der die Bedingungen diktieren kann“, sagt Ingrid Haas, Generalsekretärin von RTL Television. Die Fast-Alleinstellung eines Netzeigentümers, so Haas, berge die Gefahr, dass dieser eine Art „Gatekeeper-Funktion“ für den Programmzutritt erhalte. Mit entsprechenden Folgen für die Meinungsvielfalt. Dass solchen Eingriffen in die Programmpolitik Grenzen gesetzt sind, erläuterte Wolfram Winter, Geschäftsführer der Universal Studio Networks Deutschland an einem Beispiel aus den USA. Dort habe Time Warner versucht, das Programm von CBS aus seinen Netzen zu werfen. Dies sei an den Protesten der Zuschauer gescheitert. Die hätten geschrien: „Ich will mein CBS wieder haben“. Worauf der Mediengigant nachgeben musste.
Roland Steindorf, Sprecher der Geschäftsführung von Kabel Deutschland, versuchte solche Bedenken zu zerstreuen. Man werde weitere Zugeständnisse machen, um das Bundeskartellamt doch noch zur Zustimmung zu bewegen. Es wäre ein „Trauerspiel erster Güte“, wenn die Kartellwächter die Fusion verhinderten, meinte auch Norbert Schneider, Direktor der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalens. Er fürchtet, dass nach einer abermaligen Untersagung die überfälligen Investitionen in die Netze ausbleiben könnten. Eigentlich steht Schneider ausländischen Investitionen in den bundesdeutschen Medien eher skeptisch gegenüber. Die deutsche Medienkultur sei „mehr als eine rein ökonomiebetriebene“. Eine Medienkonzentration unter Beteiligung von ausländischen Kapitalgebern müsse „publizistisch“ und nicht nur ökonomisch diskutiert werden.
Hubertus Meyer-Burckhardt vom Vorstand der ProSiebenSat.1 Media AG hat bereits einen ausländischen Chef. Und keine Probleme damit. Der Einstieg von Haim Saban auf dem hiesigen Fernsehmarkt sei doch geradezu ein „Kompliment an die deutsche Volkswirtschaft“, schwärmte er. Die von Schneider geforderte öffentliche Debatte über internationale Beteiligungen an deutschen Medien hält er schlicht für überflüssig. Sein Credo:
„Das Kapital ist global, das Fernsehgeschäft ist lokal.“ Die Vorstellung, ausländische Kapitalgeber würden sich in die Inhalte der übernommenen Medien einmischen, hält er schlicht für „absurd“. Schon das Interesse des Investors an schwarzen Zahlen, glaubt der frühere Springer-Manager, werde jeden Versuch einer solchen Einflussnahme verhindern. Außerdem, so Meyer-Burckhardt, wirke es nicht gerade überzeugend, wenn ausgerechnet die Deutschen als Exportweltmeister nach Abschottung des Inlandsmarktes vor ausländischer Konkurrenz riefen. Schließlich erzielten Großverlage wie Bertelsmann, Holtzbrinck, Springer oder der WAZ-Konzern bereits einen beachtlichen Teil ihrer Umsätze im Ausland – „das spricht für sich“.
Solchen Wettbewerbsdruck spürt Catherine Mühlemann, Geschäftsführerin des Musiksenders MTV, nicht. Soeben hat die MTV-Mutter Viacom die Aktienmehrheit beim bisherigen Kölner Konkurrenten VIVA übernommen. Einen Verlust an Vielfalt bedeutet das nicht, beteuert sie. Im Gegenteil. Die Perspektive von Musiksendern werde „bestimmt sehr viel besser werden, da wir uns ja jetzt nicht mehr bekriegen“. Durch die Erweiterung des Spektrums auf vier Kanäle sei künftig „ein vollkommen verschiedenes Musikrepertoire“ möglich, schwärmte sie.
Wenn Ausländer in den deutschen Medien investieren, so das gängige Vorurteil, treibe sie nur die Gier nach schnellem Profit. Stimmt nicht, protestierte Sat.1-Geschäftsführer Roger Schawinski. Wäre dies der Fall, würde sein Sender wohl kaum den Ausbau seiner News-Schiene forcieren. Im gleichen Atemzug schlug er vor, die defizitären Nachrichtensendungen durch Unterbrecherwerbung zu refinanzieren. Was nach deutschem Medienrecht freilich untersagt ist. Heute werde knallhart gerechnet. „Es kann nur investiert werden, wenn man eine Chance hat, das Investierte zurück zu kriegen“ so Schawinski.