Wagemutige Journalisten gründeten lokales Zweiwochenblatt
Mehr als vier Jahre lang ging ein Bremer Journalist mit dem Gedanken schwanger, eine Wochenzeitung zu gründen – als Gegengewicht zum dominierenden „Weser-Kurier“ (WK). Jetzt ist sie da, die „neue bremer zeitung“ (nbz).
Alexander Schnackenburg empfand die Bremer Medienlandschaft schon lange als trostlos. Der freie Journalist, der unter anderem fürs FR-Feuilleton und für „Theater der Zeit“ arbeitet und früher auch Rezensionen für den WK schrieb, hatte sich 2004 mit dem Platzhirsch überworfen und träumte fortan von einem eigenen Blatt für Politik, Wirtschaft und Kultur. Er tat sich mit dem freien Kollegen Jens Fischer zusammen, der beim WK nicht mehr schreiben durfte, nachdem sich ein Konzertveranstalter über seine kritischen Rezensionen beschwert hatte.
Andere Wochenblätter wie Karlsruher Rundschau, Hamburger Rundschau oder Göttinger Woche sind längst gescheitert. Schnackenburg und Fischer wollten da lieber auf Nummer Sicher gehen und 250.000 Euro Startkapital sammeln. Dann holten sie den Unternehmer Carsten Borgmeier als Minderheitsgesellschafter ins Boot. Borgmeier stellte den Businessplan vom Kopf auf die Füße: Nicht erst Kapital sammeln, sondern gleich Geld verdienen! So entstand das Konzept, die nbz nicht vorrangig per Abo- oder Kioskverkauf zu finanzieren, sondern vor allem durch Werbung für Besserverdiener. Dafür werden die meisten der 15.000 nbz-Exemplare jetzt kostenlos in gut situierten Stadtvierteln verteilt.
Um Kosten zu sparen, erscheint die nbz zunächst nur alle zwei Wochen und verzichtet auf Eigenwerbung. Dennoch residieren die Blattgründer in zentraler Citylage. In der geräumigen Büroetage stehen schon Schreibtische für Praktikanten. Auch freie Mitarbeiter sind gern gesehen. Sie bekommen mindestens 50 Euro pro Text – etwas mehr als beim WK.
Dass Mitverleger Borgmeier sein Geld vor allem mit einer großen PR-Agentur, Boulevard-Anzeigenblättern und einem Erotik-Branchenmagazin verdient, stört Schnackenburg nicht weiter: „Ich habe da keine Bauchschmerzen, weil er sich bei uns redaktionell völlig raushält.“ Eigentlich stehen Schnackenburg und Fischer eher links. Aber um ein breites Publikum zu erreichen, wollen sie „eine völlig liberale Zeitung“ machen. Sie sehen ihre nbz vor allem als Forum. Schnackenburg: „Es gibt in Bremen eine Menge Köpfe, die etwas zu sagen haben, aber vom WK nicht beachtet werden.“ Deshalb enthält jede Ausgabe Gastkommentare. Für die erste Nummer schrieb ein früherer Staatsrat über den Bremer Neue-Heimat-Nachfolger „Gewoba“. Nicht sonderlich aufregend, ebenso wie die meisten anderen Texte in dem 20-Seiten-Blatt. Erst auf Seite 16 merkt der geneigte Leser auf: Da stellt Schnackenburg die These auf, dass Bremen in Sachen Theater vom benachbarten Oldenburg überflügelt wird. Das ist noch nicht das, was sich unzufriedene WK-Leser als Gegengewicht wünschen.