Die Bundesregierung will erneut die Kartellbestimmungen für Verlage lockern. Der Entwurf für eine 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) sieht vor, dass Verlage künftig Kooperationen eingehen können, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Die Redaktionen sollen davon ausgeschlossen sein. ver.di kritisiert das Vorhaben als einen weiteren Schritt in Richtung Medienkonzentration.
In § 30b seines Referentenentwurfs schlägt das Bundeswirtschaftsministerium vor, dass Zeitungs- und Zeitschriftenverlage eine „verlagswirtschaftliche Zusammenarbeit“ vereinbaren können, „soweit die Vereinbarung den Beteiligten ermöglicht, ihre wirtschaftliche Basis für den intermedialen Wettbewerb zu stärken“. Dies „gilt nicht für eine Zusammenarbeit im redaktionellen Bereich“. Mit anderen Worten: Verlage, ob groß oder klein, für Zeitungen oder Zeitschriften, sollen eine Art Generalerlaubnis erhalten, um in allen Bereichen zu kooperieren außer den Redaktionen. Ob Anzeigengeschäft, Vertrieb, Druck oder Zustellung – jede Kooperation soll möglich werden, wenn sie einem Verlag betriebswirtschaftlich geboten erscheint.
Die Gesetzesänderung, die CDU, CSU und SPD bereits in ihrem Koalitionsvertrag angedeutet haben, wird sich aus Sicht von ver.di massiv auf die Verlagslandschaft und ihre Beschäftigten auswirken. Wie ver.di in ihrer Stellungnahme deutlich macht, wird das Vorhaben statt der angestrebten Wettbewerbserleichterungen für Verlage langfristig aber wettbewerbshinderlich sein. Denn vor allem große Medienhäuser und -konzerne werden ihre Marktmacht nutzen, um Kooperationen durchzusetzen und ihre Einflussbereiche auszudehnen. Und wo es Kooperationen gibt, entstehen Abhängigkeiten, die häufig in Fusionen oder Übernahmen enden. Das Ergebnis wäre eine weitere Konzentration auf dem Pressemarkt und weniger publizistische Vielfalt.
Darüber hinaus stellt der Gesetzentwurf ganz offen erhoffte Synergieeffekte ins Zentrum seiner Überlegungen: „Privilegiert werden soll eine Zusammenarbeit, die der Rationalisierung und Synergiegewinnung in der verlagswirtschaftlichen Tätigkeit dienen soll“, heißt es in der Begründung. Aus Sicht von ver.di ist schon jetzt absehbar, dass die vorgesehene Gesetzesänderung Verlage ermutigen wird, in verschiedenen Bereichen Kooperationen einzugehen, um vor allem die Personalkosten zu senken. Frank Werneke, stellvertretender ver.di-Vorsitzender, warnt deshalb bereits vor einer weiteren Verdichtung von Arbeit, Auslagerung von Tätigkeiten in tariflose Tochterunternehmen und dem Abbau von Arbeitsplätzen. Hinzu käme die Gefahr, dass bei weitreichenden Kooperationen nur noch die Redaktionen als letzte eigenständige „Inseln“ bestehen blieben. In solchen „entkernten“ Zeitungen wären die Redaktionen allein nicht überlebensfähig. Die Folge wäre ein weiterer Abbau von Redaktionen – und damit auch hier der publizistischen Vielfalt.
Der Referentenentwurf geht nun in die Abstimmung im Kabinett. Nach der parlamentarischen Sommerpause ist mit der ersten Lesung des Kabinettsentwurfs zu rechnen.