In einer Aktuellen Stunde hat sich der Deutsche Bundestag heute mit dem Thema „Umgang mit Presse- und Meinungsfreiheit“ in der Türkei befasst. Während die Opposition eine deutliche Positionierung der Bundesregierung für internationale Werte wie Presse- und Meinungsfreiheit gegenüber der türkischen Regierung forderte, betonten Regierungsvertreter von CDU/CSU, keinen Nachholbedarf zu haben und mit dem strategischen Partner Türkei bereits einen offenen Dialog über die Einhaltung von Menschenrechten zu führen. Im WDR zeigte sich dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß enttäuscht über das Ergebnis der Plenarsitzung.
Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grüne, auf deren Antrag die Aktuelle Stunde einberufen worden war, forderte die Bundesregierung auf, gegenüber dem „Wiederholungstäter“ Erdogan eine klare Haltung für Presse-und Meinungsfreiheit zu zeigen und fand darin Unterstützung durch den Vorsitzenden der Linksfraktion, Dietmar Bartsch, der von Regierung und Kanzlerin deutliche Worte verlangte. Dessen Parteikollegin Sevim Dagdelen dagegen befand eine klare Positionierung für nicht ausreichend und forderte zudem Konsequenzen wie etwa einen deutschen Exportstopp. Das aktuelle Verhalten der Bundesregierung würde Erdogan nur tagtäglich ermutigen, noch dreister vorzugehen.
Vertreter der CDU/CSU-Fraktion beteuerten demgegenüber, dass man über Pressefreiheit mit der Türkei bereits sehr offen sprechen könne. Ein erhobener Zeigefinger, wie ihn die Opposition fordere, sei lediglich kontraproduktiv, so Dr. Andreas Nick. Glaubwürdige Kritik könne man nur aus einer Position als Freund und Partner der Türkei üben. Und mit der türkischen Regierung über die Einhaltung von Menschenrechten zu sprechen, sei schließlich das, was die Kanzlerin bereits „im besten Sinne“ tue, betonte auch Parteikollege Matern von Marschall. Mit „Agitation und Getöse“, wie sie von der Opposition zu vernehmen seien, käme man hingegen keinen Schritt weiter. Nicht zuletzt sei zudem laut Dr. Nick politische Zurückhaltung angebracht, um dem Fakt Rechnung zu tragen, dass Präsident Erdogan demokratisch gewählt worden sei. Es gebe also offensichtlich gesellschaftliche und politische Mehrheiten für seine Politik, die sich in demokratischen Wahlen ausgedrückt hätten.
Von dieser Haltung der Regierungsfraktion zeigte sich dju-Bundesgeschäftsführerin in einer Stellungnahme im WDR-Fernsehen enttäuscht: „Wir erwarten eine klare Ansage. Nicht nur ein Bekenntnis hierzulande, sondern, sowohl von der Bundesregierung als auch von der EU, gegenüber dem strategischen Partner Türkei.“ Eine Aufnahme in die EU sei nur möglich, wenn Presse- und Meinungsfreiheit eingehalten würden, unterstrich Haß.
In der Aktuellen Stunde im Bundestag dagegen fand abschließend auch Erika Steinbach von der CDU/CSU-Fraktion äußerst kritische Worte. Kritisch leider nur gegenüber der EU, die sich in der Frage der Dresdner Symphoniker dem türkischen Druck nicht beugen dürfe. Das Verhalten oder besser die Haltung der Bundesregierung ließ sie hingegen unkommentiert.