Privater Rundfunk: Eine Erfolgsgeschichte

20 Jahre privater Rundfunk in Deutschland – SAT 1 gab den Startschuss

Vor 20 Jahren starteten in Deutschland die ersten privaten Rundfunksender. Heftige Debatten in Politik und Gesellschaft gingen diesem Ereignis voraus.

Bundeskanzler Kohl und sein Postminister Schwarz-Schilling hatten den privaten Rundfunk nach der Regierungsübernahme 1982 zur Chefsache erklärt. Nun endlich sollte mittels neuer Kommunikationstechniken eine Alternative zum öffentlich-rechtlichen „Rotfunk“ durchgesetzt werden. Die Wirtschaft versprach Arbeitsplätze und hoffte auf enorme Gewinne. Gewerkschaften, Kirchen, APO und Teilen der SPD war kommerzieller Rundfunk zutiefst suspekt: Information und Meinungsbildung sollten nicht zur Ware verkommen, Meinungsmacht sich nicht in den Händen weniger konzentrieren dürfen.

Letztendlich siegte jedoch die technische Innovation. Kabel und Satellit machten das Argument der Frequenzknappheit obsolet und das Bundesverfassungsgericht erklärte unter bestimmten Voraussetzungen die Einführung des Privatfunks für zulässig. Eine davon galt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der seine „essentiellen Funktionen für die demokratische Ordnung“ weiterhin wahrnehmen und dessen umfassende Grundversorgung der Bevölkerung mit Information, Bildung und Unterhaltung gewährleistet bleiben müsse.

Die Erfolgsgeschichte privaten Fernsehens in Deutschland beginnt unspektakulär. Als am 1. Januar 1984 Jürgen Doetz, Geschäftsführer einer Programmgesellschaft, die sich ein Jahr später SAT 1 nennen wird, im Kabelpilotprojekt Ludwigshafen den Start privaten Fernsehens ausruft, sind nur wenige hundert Zuschauende dabei. Ähnlich ergeht es einen Tag später ‚RTL plus‘, wie sich der Sender damals nennt. SAT 1 und RTL bleiben nicht lange allein. 1989 startet ProSieben. Mit Premiere geht 1991 Pay-TV auf Sendung, wenn auch mit geringerem Erfolg als erwartet. 1992 beginnt Kabel 1 den Programmbetrieb. Im Jahr darauf folgen Vox, DSF und Viva. Später kommen RTL2, Super RTL, n-tv und viele andere hinzu. Die Sender gehören nahezu alle zwei Unternehmensgruppen: Bertelsmann / CLT und Kirch / Springer, bzw. nach der Kirch-Insolvenz der US-Investorengruppe mit dem Mehrheitsaktionär Haim Saban. Mehr als 200 kommerzielle Radios berieseln heute teils bundesweit, teils regional, ihr Publikum.

Offene Kanäle gehören dazu

Zum privaten Rundfunk gehören aber auch, bei den Jubelfeiern zum 20jährigen Bestehen kaum erwähnt, einige ‚Offene Kanäle‘, die aufgrund medienrechtlicher Vorgaben interessierten Bürgerinnen und Bürgern offen stehen. Sendezeit für sog. ‚Unabhängige Dritte‘ wie ‚Spiegel‘- und ‚Stern-TV‘ oder Alexander Kluges Kulturprogramm wurden den neuen Sendern ebenfalls staatsvertraglich auferlegt. ‚Freie‘ oder ‚alternative‘ Radiosender, einige davon ehemalige Piratensender, sind in vielen Städten als – zumeist werbefreier – Bürgerfunk mit viel ehrenamtlichem Engagement auf Sendung.

Mit privatem Rundfunk, so Bundeskanzler Kohl in seiner ersten Regierungserklärung, werde „die Meinungsvielfalt erhöht“ und „die Urteilskraft des Bürgers herausgefordert“. Ob ersteres in größerem Maßstab gelungen ist, mag angesichts des Dauererfolges öffentlich-rechtlicher Nachrichten, vor allem der „Tagesschau“, bezweifelt werden. Dass allerdings Urteilskraft täglich aufs Neue herausgefordert wird, belegen die privat-kommerziellen Programme allemal. Während SAT 1 aus dem umfangreichen Film-Fonds Leo Kirchs schöpfen konnte, war RTL auf Einfallsreichtum angewiesen, der möglichst wenig Kosten verursachen sollte. Die Striptease-Show Tutti Frutti wurde billigst in Italien produziert. Boulevard-Journalismus und Infotainment sollten für eine möglichst große Publikumsakzeptanz sorgen. Die erste Daily Soap „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ wandte sich vor allem an Jugendliche. Für die nach und nach bis auf etwa sechs Stunden täglich anwachsenden Nachmittags-Talks ist kaum ein Thema trivial genug. Heute sorgen zwar Formate wie Big Brother oder Dschungel-Show weiterhin für kontroverse Diskussionen, aber vermehrt realisieren anspruchsvolle Filme, gute Krimi- und Late Night-Unterhaltung, viel Comedy und die Abkehr vom Infotainment die Forderung des Bundesverfassungsgerichts, dass auch privater Rundfunk „ein möglichst hohes Maß an gleichgewichtiger Vielfalt erreichen und sichern soll“.

Kulturstaatsministerin Christina Weiss hat anlässlich des Jubiläums die Bedeutung des dualen Rundfunksystems als „Garant für Fernsehqualität in Deutschland“ gewürdigt. Aber „nur mit einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ könne seine Balance auf dem Medienmarkt auch in Zukunft erhalten werden.

 

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