Pro & Contra: Werbung

Werbung ist unverzichtbar

Von Werner Ach | Werbesendungen im deutschen Fernsehen gibt es seit 1956. Damals war die Welt für ARD und ZDF noch in Ordnung. Sie machten sich gegenseitig Konkurrenz. An die kommerziellen Sender dachte noch niemand. Der Gesetzgeber regelte, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten Werbung, zeitlich eng begrenzt, senden sollen. Die Einnahmen waren – insbesondere beim ZDF – als zweite Finanzierungssäule neben der Rundfunkgebühr gedacht. Deshalb war der Verteilungsschlüssel Gebühr zu Werbung beim ZDF 60 zu 40 und bei der ARD 80 zu 20. Überschüsse aus den Werbeeinnahmen sollten kulturellen Zwecken zufließen.

Dann kam die kommerzielle Konkurrenz, die sich ausschließlich aus Werbung finanziert und der Anteil der Werbeeinnahmen sank bei ARD und ZDF. Seitdem sind auch Gebührenerhöhungen politisch immer schwerer durchzusetzen. Parallel zu dieser Entwicklung stiegen die Kosten für Übertragungsrechte immer schneller. Insbesondere bei Sportgroßereignissen ist bis heute kein Ende der Kostenexplosion in Sicht. In der Folge des radikalen Wandels in den 90er Jahren im Werbemarkt gingen die Werbeeinnahmen für alle öffentlich-rechtlichen Sender drastisch zurück. Überschüsse aus Werbeeinnahmen gibt es bei ARD und ZDF schon lange nicht mehr. Vielmehr werden die Werbeeinnahmen zur Kostendeckung benötigt, damit die Gebühren nicht noch stärker steigen. Und damit es nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung kommt, weil sich die Öffentlich- Rechtlichen Sportübertragungen nicht mehr leisten können.

Wer den Verzicht auf Werbung bei ARD und ZDF fordert, muss gleichzeitig sagen, wie er die Lücke finanzieren will, die durch den völligen Wegfall der zweiten Finanzierungssäule entstehen würde. Da eine Finanzierung über eine höhere Gebühr ausscheidet, müssten die Einnahmeausfälle durch Einsparungen erwirtschaftet werden und zwar entweder im Programm, bei Investitionen oder beim Personal. Egal, wo der Sparzwang verstärkt wird, es führt zu einer Verschlechterung der Konkurrenzfähigkeit und gefährdet die Zukunftsfähigkeit des öffentlich rechtlichen Rundfunks. Werbeeinnahmen sind dem politischen Einfluss entzogen. Sie stärken dadurch die Unabhängigkeit und sichern die Staatsferne. Werbung ist längst ein Bestandteil unserer Lebenswirklichkeit und sie ist Teil eines lebendigen Programms. Gut gemachte Werbung kann die Zuschauer an den Sender binden. Viele Werbefilme sind eine eigene Kunstform und faszinieren durch die enorme Kreativität der Macher, die auch Kolleginnen und Kollegen von uns sind.

Werner Ach (ZDF) ist Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der Fachgruppe Rundfunk, Film, Audiovisuelle Medien.

Nicht im Gebührenfernsehen

Von Wendelin Werner | Haben Sie auch keine Lust, vor den Meldungen über den Irak oder die Sozialreform einmal kräftig angebrüllt zu werden? Etwa so: Geiz ist geil!!! Ganz normaler Wahnsinn im öffentlich-rechtlichen Radio. Unverzichtbarer Finanzierungsbeitrag? Werbung hat in öffentlich-rechtlichen, gebührenfinanzierten Programmen nichts zu suchen. Sie wird von den meisten Zuschauern als Belästigung empfunden. In werbefinanzierten Programmen wird sie akzeptiert – sie ist der Preis für den Spielfilm oder die Ratesendung – und zur Not auch willkommene Pause zum Bier holen.

Die Zuschauer von ARD und ZDF haben bereits bezahlt. Sie finanzieren mit ihren Rundfunkgebühren ein Programm, das von der Absicht her unabhängig ist – von der Politik wie von der Wirtschaft. Bei der GEZ sind alle gleich. Schumi zahlt die gleichen Gebühren wie sein Monteur. Das ist nicht sozial, aber Ausdruck dieser Unabhängigkeit.

Werbung im öffentlich-rechtlichen Radio und Fernsehen war gerechtfertigt, solange es in Deutschland ausschließlich gebührenfinanzierten Rundfunk gab. Jetzt hat die Werbewirtschaft eine Alternative. Werbung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist nicht mehr nötig. Im Gegenteil: Sie gefährdet langfristig die Akzeptanz der Gebühren. Sie verwischt den Unterschied zwischen privaten und öffentlichen Rundfunkveranstaltern. Sie ist eine Inkonsequenz, die auch alle Diskussionen auf europäischer Ebene erschwert. Der Wert der Werbung bemisst sich nach den Kontaktzahlen – und beschert den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Einschaltquote als Qualitätskriterium und den Dauer-Gucker, den ein ausgeklügelter „Audienceflow“ an die Glotze fesselt, als Leitbild der Programmgestaltung.

Die sofortige Abschaffung der Werbung und damit den sofortigen Verzicht auf alle Werbeeinnahmen freilich kann niemand wollen. Das Ende der Mischfinanzierung muss und kann sorgfältig vorbereitet werden – die Werbetöchter der ARD haben bereits jetzt zahlreiche neue Aufgaben, jenseits von Werbeakquisition und Werberahmenprogramm. Die fehlenden Werbemillionen können letztlich nur aus dem Gebührenaufkommen ersetzt werden. Ob das lediglich durch die lineare Erhöhung der Grund- und Fernsehgebühr zu bewerkstelligen ist – oder ob man kommerzielle Nutzer der öffentlich-rechtlichen Programme stärker zur Kasse bittet und die Frage stellt, ob der (absolut notwendige) Gebührenerlass aus sozialen Gründen allein von den Rundfunkanstalten zu finanzieren ist – das erfordert eine weitere Diskussion.

Wendelin Werner (WDR) ist Mitglied im geschäftsführenden Vorstand der Fachgruppe Rundfunk, Film, Audiovisuelle Medien.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Weniger Demokratie wagen

Mit dem Slogan „Medienvielfalt stärken – Meinungsfreiheit sichern“ ist die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD angetreten.  Keine Koalitionsvereinbarung ohne Bekenntnis zur „flächendeckenden Versorgung mit journalistischen Angeboten“. Aber halt: Hieß es nicht bei der Ampel (und der letzten Merkel-Regierung!) noch „flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“?
mehr »

AfD-Einstufung zwingt Rundfunkgremien zum Handeln

Das zunächst unter Verschluss gehaltene Gutachten des Verfassungsschutzes, welches zur Einstufung der Partei Alternative für Deutschland (AfD) als „gesichert rechtsextremistische Partei“ führte, wurde nunmehr durch Medien veröffentlicht. Innenminister Dobrindt ließ zunächst offen, inwiefern juristische Schritte gegen die Veröffentlichung geplant seien. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im Bundesvorstand von ver.di, begrüßt, dass nun öffentlich über das Zustandekommen der Einstufung diskutiert werden kann.
mehr »

RBB: Nach- und Neubesetzungen

Beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wird es voraussichtlich im Herbst eine neue Leitung der Programmdirektion geben. Es gehe darum, dann die Neubesetzung mit dem eingeleiteten Konsolidierungs- und Reorganisationsprozess aufeinander abzustimmen, erklärte der RBB auf Anfrage. Damit wird es keine schnelle Nachbesetzung der Programmdirektorenstelle geben.
mehr »

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »