Schon entdeckt? Freshmilk.tv

Frische Milch tut gut und wird jeden Tag benötigt. Das in etwa waren Assoziationen von Kai Wermer zur Namensgebung für seinen Sender freshmilk.tv, den er 2000 als ersten deutschen Internetsender für ein urbanes Publikum gründete. Mit der damals neuen Idee kurzer Videoclips auf Abruf mit Trends und Themen für typische Szenegänger von Anfang 20 bis Mitte 30 behauptet sich freshmilk.tv seit acht Jahren im seitdem stark gewandelten Netz. Eine Ahnung von Internetformaten holte Wermer, der Wirtschaftskommunikation studierte, sich bereits 1996/97 in New York. Dass später gegründete Videoportale wie YouTube den deutschen NetTV Vorreiter im Publikumszuspruch längst überflügelt haben, stört den heute 35jährigen Geschäftsführer der Freshmilk Entertainment GmbH nicht. „Wir haben ein eigenes Angebot und eigene Formate entwickelt.“
Ein fest angestelltes Team von 16 Medien-Profis – Redakteurinnen, Kameraleute, Designer, Cutterinnen – produziert Interviews, Porträts, Reportagen und Kurzfilme über Nachtleben, Musik, Kunst, Kultur, Mode und Design – optisch und journalistisch anspruchsvoll, in Berlin beheimatet, aber nicht darauf begrenzt. Verwackelte Amateurvideos gibt es bei freshmilk.tv nicht.
Nach gerade erfolgter Runderneuerung orientiert das Portal in trendigem schwarz-grünem Flash-Design aufs Fernsehen des 21. Jahrhunderts. Auf fünf Kanälen – Stillabor, Berlin is Music, History, Kunstpark, Kurzfilme und Archiv – lässt sich anklicken, was ein junges Metropolenpublikum und Touristen interessieren könnte. So werden Fotograf Jim Rakete oder Galerist Johann Haeling interviewt, die Schmuckdesignerin Sabrina Dehoff oder Unternehmensgründer Norbert Klauser vorgestellt, Konzerte und Klubaktivitäten angekündigt. Auch das „Festival des gescheiterten Films“ ist berichtenswert – „frische Inhalte, die man so nicht im Fernsehen oder anderswo im Web sieht“, meint Wermer. Noch allerdings muss man wissen, was genau man bei freshmilk.tv sucht. Allgemeine Begriffe wie Design oder Mode erzielen null Treffer in der Suchfunktion. An deren Optimierung wird gearbeitet.
Wermer und sein Team wollen freshmilk.tv zur eigenen Sendermarke ausbauen und sehen Wachstumspotenziale. Mit 280.000 Seitenzugriffen pro Monat und 50.000 Besuchern „sind wir noch nicht riesig, aber mit einer guten RBB-Sendung durchaus vergleichbar.“ Nutzerorientierte Netzwerkfunktionen werden angelegt. Bald sollen freshmilk-Filme aufs Handy geladen werden können, um die Location anzusehen, zu der man gerade unterwegs ist.
Freshmilk.tv ist kostenlos und weitgehend werbefrei. Geld wird im Nebengeschäft durch Dienstleistungen, beispielsweise für die popkomm oder die Automobilmesse erwirtschaftet. Mittlerweile bekommen alle Festangestellten „normale Gehälter und auch Praktikanten werden selbstverständlich bezahlt.“ Nach dem Relaunch soll auch Werbung zur Finanzierung des Internetsenders beitragen. Da die Trennung von redaktionellen und werblichen Inhalten Prinzip bleiben soll, denkt Wermer u.a. an vor- oder nachgeschaltete Firmenspots, die zum Charakter von freshmilk.tv passen.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Für ein digitales Ökosystem

Markus Beckedahl, Journalist und Gründer des Online-Portals www.netzpolitik.org, erkennt  im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ort, wo alternative digitale Infrastrukturen gut entwickelt werden können. Ungarn und Polen haben es vor Jahren gezeigt, die USA erleben es gerade aktuell und die Welt scheint dabei zuzuschauen: Die Aushebelung demokratischer Strukturen durch gewählte Regierungen.
mehr »

Rechte Influencerinnen im Netz

Rechtextremismus und rechte Parolen verbinden viele Menschen automatisch mit testosterongesteuerten weißen Männern. Diese Zielgruppe füttert AfD-Politiker Maximilian Krah mit simplen Parolen wie: „Echte Männer sind rechts.“ Das kommt an bei Menschen, die im Laufe der Zeit irgendwann beim „Gestern“ stecken geblieben sind. Inzwischen verfangen solche rechten Klischees auch bei Frauen. Vor allem im Internet.
mehr »

KI macht Druck auf Suchmaschinen

Die Künstliche Intelligenz frisst den Traffic: Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) meldet massive Einbrüche bei der Suchmaschinen-Nutzung aufgrund von Chatbots bei Google oder ChatGBT. Weil viele Nutzer*innen sich mit den Zusammenfassungen von KI zufrieden geben, klicken sie nicht mehr weiter zu den Websites, von denen die Informationen bezogen werden.
mehr »

Sicher ist sicher: Eigene Adressen sperren

Journalist*innen sind in den vergangenen Jahren vermehrt zum Ziel rechter Angriffe geworden. Die Zahl tätlicher Übergriffe erreichte 2024 einen Rekordwert, so eine aktuelle Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) in Leipzig. Die Autoren benennen die extreme Rechte als strukturell größte Bedrohung für die Pressefreiheit. Einschüchterungen oder sogar körperliche Übergriffe geschehen mitunter direkt an der eigenen Haustür. Den damit verbundenen Eingriff in das Privatleben empfinden Betroffene als besonders belastend.
mehr »