Total-Buy-out abgelehnt

AGB der Tageszeitung Nordkurier teilweise rechtswidrig

Die mecklenburg-vorpommersche Tageszeitung Nordkurier darf ihren freien Mitarbeitern nicht weiterhin sämtliche Nutzungsrechte an ihren Beiträgen gegen eine einmalige Pauschalvergütung abpressen. Die entsprechenden „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ der Zeitung stellen eine „unangemessene Benachteiligung der freien Journalisten“ dar und dürfen deshalb nicht weiter verwendet werden, urteilte das Landgericht Rostock am 14. Mai.

Eine entsprechende einstweilige Verfügung hatte das Landgericht Rostock auf Antrag des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) bereits im Jahre 2009 erlassen. Das Gericht untersagte nunmehr in ihrer Entscheidung dem Nordkurier (formell der „Nordost-Mediahouse GmbH“), weiterhin per AGB festzulegen, dass

  • die Zeitung bestellte Artikel auch aus „inhaltlichen, qualitativen und rechtlichen Gründen“ zurückweisen darf und dann kein Honoraranspruch besteht,
  • generell nur die gedruckten Zeilen und Fotos bezahlt werden – und nicht die bestellten bzw. gelieferten,
  • bei „außergewöhnlichen Leistungen mit erheblich über dem Normalfall liegendem (Recherche-)Aufwand“ ein erhöhtes Honorar nur dann gezahlt zu werden braucht, wenn das vorher „in Schrift- oder Textform“ vereinbart wurde,
  • die Zeitung „das Recht zur Bearbeitung und Umgestaltung der Beiträge“ hat,
  • mit dem vereinbarten Honorar alle „zuvor aufgeführten Nutzungs- und Verwertungsrechte abgegolten“ sind,
  • freie Journalisten gegenüber der Zeitung haften, falls diese wegen unklarer Urheberrechte an den Beiträgen in Regress genommen wird.

fünf weitere Klauseln, die der DJV angegriffen hatte, ließ das Rostocker Landgericht dagegen passieren. Darin geht es um den Umfang der eingeräumten Nutzungsrechte, das Eigentum an gelieferten Manuskripten und Fotos sowie darum, dass sich die Zeitung nicht verpflichtet sieht, bestellte und gelieferte Beiträge zu verwerten. Gegen das Urteil kann noch Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt werden.
Nach den Urteilen gegen den Axel-Springer-Verlag und den Bauer-Verlag ist dies das dritte Urteil, das Total-Buy-out-AGB von Printmedien als rechtswidrig eingestuft und deren weitere Verwendung untersagt hat. Neben den Namen der verurteilten Verlage ist übrigens auch interessant, wer an ihrer Seite gegen die Interessen der freien Journalisten gestritten hat: Rechtsvertreter der Nordost-Mediahouse GmbH in diesem Verfahren war Prof. Johannes Weberling, der sich erst unlängst mit seiner „Frankfurter Honorarliste“ (M 4–5/2011) als engagierter Streiter gegen angemessene Journalistenhonorare ans Licht der Öffentlichkeit gedrängt hat.

www.mediafon.net

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Gemeinsam gegen Hassrede im Netz

Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Landesmedienanstalten intensivieren ihre Zusammenarbeit im Kampf gegen Hassrede und strafbare Inhalte im Netz. Ab sofort können alle Medienanstalten in Deutschland Verdachtsfälle von strafrechtlich relevanter Hassrede an die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet beim Bundeskriminalamt (ZMI BKA) melden. Bereits seit Mai 2022 arbeitet die Landesanstalt für Medien NRW eng mit dem BKA zusammen. Bis heute hat die Medienanstalt NRW knapp 700 Meldungen zugeliefert.
mehr »

Löschen nur bei Falschangaben

Suchmaschinen müssen fragwürdige Artikel nur dann löschen, wenn die Betroffenen Falschangaben belegen können. Dabei sind Google und Co. nicht verpflichtet, selbst in solchen Fällen zu ermitteln und von sich aus auf die Betroffenen zuzugehen. Mit diesem Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 23. Mai eine wichtige Entscheidung zum so genannten Recht auf Vergessenwerden gefällt. Wer sich verleumdet sieht, muss also selbst aktiv werden. 
mehr »

Presserat berät über Döpfner-Leaks

Die Springer-Berichterstattung der vergangenen Wochen beschäftigt den Deutschen Presserat. Gleich zwei Fälle, die im Zusammenhang mit dem Springer-Verlag und der Bild-Zeitung stehen, muss der Presserat auf seiner nächsten Sitzung am 15. Juni 2023 behandeln. Grundlage für die Verfahren sind Beschwerden über die "Berliner Zeitung" und die "Zeit", die beim Presserat eingegangen sind. Beide Publikationen sollen den Pressekodex verletzt haben: Die "Zeit" den Persönlichkeitsschutz und die "Berliner Zeitung" den Informantenschutz.
mehr »

Gesetz zum Schutz von Whistleblowern verabschiedet

Nach dem Bundesstag hat heute auch der Bundesrat das neue Regelwerk zum Whistleblower-Schutz verabschiedet. Damit wurde endlich – nach anderthalbjähriger Verspätung – die Whistleblowing-Richtlinie der EU umgesetzt. Da dieser Schritt überfällig war, wird das sogenannte Hinweisgeberschutzgesetz zwar begrüßt, steht jedoch nach wie vor in der Kritik, da es keinen umfassenden Schutz für Whistleblower beinhaltet. Das Gesetz soll noch im Juni in Kraft treten.
mehr »