WDR: Ins Abseits geplappert

WDR Gebäude

WDR-Funkhaus in Köln Foto: 123rf/gehapromo

Meinung

Tom Buhrow und sein Nachfolger im ARD-Vorsitz, Kai Gniffke, haben dem „Spiegel“ “ (Nr. 51, 12/22) ein Interview zur ARD-Reform gegeben. Darin benutze Gniffke eine „unangebrachte und abstoßende Wortwahl“, die ARD-Beschäftigte mit Hunden und Schweinen gleichsetze und „ein Klima der Ausgrenzung und Verächtlichmachung“, kritisiert der ver.di-Senderverband im WDR am 20. Dezember in Köln.

„Ich weiß jetzt schon, dass die Betroffenen jaulen und quieken werden, um das (Programmkürzungen Anm. der Red.) zu verhindern.“ Das sagt Kai Gniffke, der designierte ARD-Vorsitzende. Er gibt sich überzeugt, dass Widerspruch aus der Belegschaft nichts weiter als „Halligalli“ sei. Trotzdem werde man „das durchziehen“.

Wir empfinden Gniffkes Wortwahl als unangebracht und abstoßend. Gniffke setzt ARD-Beschäftigte mit Hunden und Schweinen gleich – und entmenschlicht sie. Er erzeugt damit ein Klima der Ausgrenzung und Verächtlichmachung. Er schadet Kolleg:innen, die in der nächsten Zeit Umstrukturierungsprozesse umsetzen und begleiten müssen. Ihre Expertise, ihr konstruktiver Widerspruch – nur „Jaulen und Quieken“?

Auf die Frage des „Spiegel, ob es demnächst weniger Unterhaltung in der ARD geben solle, antwortet Gniffke: „Wir werden ganz bestimmt kein Spartensender für Misanthropen, der sich allein auf Klimakatastrophe, Rentendesaster und Kriegsgebiete konzentriert.“

Gniffke macht auf diese Weise eine unserer wichtigsten Kernkompetenzen schlecht: Den unabhängigen Journalismus, der auf Verwerfungen, Korruption und Gefahren hinweist. Und noch dazu nimmt er sich heraus, das interessierte Publikum als menschenfeindlich abzuwerten.

Wenn ein ARD-Vorsitzender kritischen und seriösen Journalismus nicht schätzt, wie sollen es dann die Bürger tun?

Auch dies finden wir befremdlich: Gniffke erklärt im Spiegel-Interview den Kampf gegen Korruption in den Sendern als erledigt – mittels Sprücheklopferei: „Compliance? Done! Transparenz? Done! Aufsicht stärken? Done!“ Das sehen wir anders: Compliance, Transparenz und eine gestärkte Aufsicht kann man nicht erledigen. Es sind Prozesse, die dauerhaft kontrolliert und umgesetzt werden müssen.

Gerne hätten wir von Kai Gniffke mehr konkrete Informationen über die eigene Plattform, deren Inhalte oder über die Podcaststrategie gelesen. Wir sind sicher, dies hätte auch die Spiegel-Leser:innen interessiert.

Sprücheklopferei, Entgleisungen und ungeschickte Vergleiche taugen unserer Meinung nach nicht als Antworten auf Journalistenfragen zur Zukunft der ARD.

Von einem Journalisten, der Führungsaufgaben innerhalb der ARD übernehmen will, erwarten wir konstruktive Vorschläge, professionelles Auftreten und Augenhöhe gegenüber den Mitarbeiter:innen und den Nutzer:innen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

 

Weitere aktuelle Beiträge

Im Fokus: Justiz und Rechtspopulisten

Ein mildes Urteil ist es tatsächlich geworden: David Bendels, Chefredakteur des AfD-nahen „Deutschland-Kuriers“, ist am Montag vom Amtsgericht Bamberg zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Er soll die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit einem Post auf dem Kanal des „Deutschland-Kuriers“ der Plattform X verunglimpft haben. Faeser war mit einem Schild vor dem Körper zu sehen, auf dem steht: „Ich hasse die Meinungsfreiheit.“
mehr »

Medienrat: Chance für den ÖRR

Der Medienrechtler Wolfgang Schulz hält es grundsätzlich für positiv, einen Medienrat zu schaffen, der evaluiert, ob die öffentlich-rechtlichen Sender ihren Auftrag insgesamt erfüllen. Es sei „eine gute Idee“ eine Institution zu haben, die gesamthaft die Entwicklung der Rundfunkanstalten in den Blick nehme, erklärt Schulz, Vorstandsvorsitzender des Leibniz-Instituts für Medienforschung Hans-Bredow-Institut (HBI).
mehr »

Die unendliche Krise des RBB

Der Schock sitzt nach wie vor tief. „2025 wird ein Schicksalsjahr für den RBB“, so die unfrohe Botschaft von Intendantin Ulrike Demmer Ende Januar auf einer Informationsveranstaltung vor der fassungslosen Belegschaft. Was folgte, war ein radikales Sanierungsprogramm für den Sender. Insgesamt 22 Millionen Euro will die Geschäftsleitung am Personal- und Honoraretat einsparen. Das entspricht 10,2 Prozent der bisherigen Aufwendungen und ziemlich genau 254 Vollzeitstellen.
mehr »

dju fordert Presseauskunftsrecht

Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di fordert, in den laufenden Koalitionsverhandlungen endlich das längst überfällige Bundespresseauskunftsgesetz zu beschließen. Danach sieht es gegenwärtig allerdings nicht aus. Bestehende konstruktive parlamentarische Vorlagen zu einem entsprechenden Gesetzentwurf habe die CDU/CSU in der Vergangenheit blockiert, moniert dju-Co-Vorsitzender Peter Freitag. Wie schon die letzte Große Koalition unter Angela Merkel setzte aber auch die soeben abgetretene Ampel-Regierung ein entsprechendes Vorhaben nicht um.
mehr »