Viel Lob für den Recherchedienst, aber kaum finanzielle Fördermittel
Wer sich im Internet über rechtsextreme Organisationen oder Personen informieren wollte, war mit dem Informationsdienst gegen Rechtsextremismus (IDGR) an der richtigen Adresse. Der 1998 von der Münchner Politikwissenschaftlerin Margret Chatwin gegründete Online-Dienst erfreute sich stets hoher Zugriffsraten. Vor einigen Wochen wurde www.idgr.de von Chatwin vom Netz genommen. Neben persönlicher Überlastung begründete sie dies auch damit, dass zunehmend kommerzielle Unternehmungen ihren Profit aus dem IDGR gezogen hätten.
Das Kernstück des Onlinedienstes war das Lexikon des Rechtsextremismus. Hier fanden sich Informationen über Parteien, Organisationen und Zeitschriften der extremen Rechten und der konservativen Grauzone, aber auch Erläuterungen zu Begriffen aus der Neonazi-Szene. Ein kleines Expertenteam, meistens Journalisten, garantierten für die fundierte Recherche dieser Informationen. Für ihre ehrenamtliche Arbeit bekamen die Mitarbeiter des IDGR zwar viel Lob, aber kaum finanzielle Fördermittel. Lediglich im Jahr 2002 wurde der IDGR von dem von der Bundesregierung gegründeten „Bündnis für Demokratie und Toleranz“ mit einem auf 5.000 Euro dotierten Preisgeld unterstützt. „Mit der Einstellung des IDGR ist eine Informationsquelle verschwunden, die vielen Menschen in der Bildungsarbeit, den Projekten, Medien und politischen Zusammenhängen ein wichtiges Hilfsmittel war“, meint Albrecht Kolthoff. Der ehemalige IDGR-Mitarbeiter betreibt die Webseite redok, die sich ebenfalls mit der rechten Szene befasst.
Der IDGR wurde von Journalisten wegen der anerkannten Seriosität seiner Informationen gerne als eine Art lexikalische Onlinehilfe genutzt. Jetzt müssen sie wieder mehr selbst recherchieren. Das ist oft gar nicht so einfach. Denn die unterschiedlichen Strömungen der rechten Szene versuchen, kritische Berichterstatter möglichst fern zu halten. So waren Journalisten beim NPD-Parteitag Anfang November in Berlin nur zu bestimmten Zeiten zugelassen und wurden von einer extra zu diesem Zwecke abgestellten Gruppe ständig begleitet. Die Print- und Fernsehjournalistin Andrea Röpke wurde im brandenburgischen Blankenfelde am 4. November von jungen Rechtsextremisten tätlich angegriffen, als sie ein Treffen der Heimattreuen Deutschen Jugend, die als Nachfolgeorganisation der Wikingjugend gilt, für einen Fernsehbericht filmen wollte.
Auch mit Androhungen von juristischen Klagen soll kritische Recherche erschwert werden. So wurden dem Münchner Journalisten Nikolaus Brauns von einem CSU-Landtagsabgeordneten juristische Schritte angedroht, wenn er ihn weiterhin in die Nähe des Rechtsextremismus stellen würde. Brauns hatte zuvor in einem Artikel erwähnt, dass der Politiker der damals noch vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuften Wochenzeitung junge Freiheit ein Interview gegeben hatte.