Widerstand gegen Schleichwerbung

Neue Fälle bei Sat.1, ARD zieht Konsequenzen

Die Skandalkette reißt nicht ab: Nach ARD / Bavaria steht nun Sat.1 im Mittelpunkt von Schleichwerbe-Vorwürfen. Auch der Nachrichtenkanal n-tv (RTL) hat sich Auslandsreportagen bezahlen lassen und beim ZDF gabs bereits 2003 / 2004 seltsame Kooperationen. Dagegen regt sich Widerstand – die Sender selbst sind um Schadensbegrenzung bemüht.

Laut der „Süddeutschen Zeitung“ soll es seit vier Jahren bei Sat.1 mindestens 130 Fälle besonders im Frühstücks-TV und im Nachmittagsmagazin des Senders gegeben haben, in denen für PR, Expertenauftritte und Product Placement insgesamt fast eine Million Euro gezahlt wurden. Und auch RTL ist nicht mehr unschuldig, sagte der Medienjournalist Volker Lilienthal von epd medien bei einer Fachtagung des Erich Pommer Instituts mit dem Medienboard Berlin-Brandenburg: Der zur Senderfamilien gehörende Nachrichtenkanal n-tv habe sich Auslandsreportagen von World Vision über Projekte der Hilfsorganisation organisieren und bezahlen lassen.

Nach ersten personellen Konsequenzen bei ihrer Tochter Bavaria haben die ARD-Intendanten Mitte September harte Maßnahmen beschlossen, um künftig Schleichwerbung zu verhindern. Basis war ein Bericht der eigens eingerichteten Clearingstelle der ARD unter SWR-Leitung. So beschlossen die ARD-Chefs die Präzisierung der Produktionsverträge mit Blick auf das Schleichwerbeverbot sowie die Einführung einer Programmbeobachtung und weitere Maßnahmen zur Trennung von Werbung und Programm, wozu auch genaue Vorschriften über die Beistellung so genannter Produktionshilfen Dritter gehören. Zugleich hat ZDF-Intendant Markus Schächter bei der Fernsehratssitzung Anfang Oktober einen „Transparenzbericht“ vorgelegt. Sein Fazit: „Die im Jahr 2004 neu eingeführten Kontrollmechanismen haben sich als wirksam erwiesen“. Zur „belastbaren Grundlage für die Zukunft“ gehören eine Mainzer Clearingstelle, die alle Kooperationen prüft, sowie ein Genehmigungsverfahren auch für Gewinnspiele. Bei Serien und Fernsehfilmen verzichtet das ZDF auf Kooperationen und setzt nur noch klassische Beistellungen ein. Darüber hinaus kündigte der ZDF-Intendant eine Vereinheitlichung aller ZDF-Regelwerke sowie einen Verhaltenskodex für alle ZDF-Beschäftigten an.

Während bei Sat.1 noch die Aufklärung der Schleichwerbe-Affäre läuft, hat ver.di gegen die „Irreführung der Zuschauer“ protestiert und insgesamt Konsequenzen gefordert. So erklärte ver.di-Vize Frank Werneke, es sei überfällig, dass Verantwortliche und Eigentümer der Sender nun ihr Verhältnis zu journalistischer Unabhängigkeit grundsätzlich klärten. Dem konspirativen Treiben müsse im Interesse der Allgemeinheit endlich ein Ende gesetzt werden. Zugleich hat sich Werneke in einem besonders krassen Fall von Manipulation direkt an die Intiatoren, die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ (INSM), gewandt. Die vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall gegründete INSM hatte gegen Bezahlung politische Themen in ihrem Sinne in der ARD-Jugendserie „Marienhof“ platzieren lassen. In einem offenen Brief an die Mitglieder des INSM-Fördervereins forderte Werneke die Offenlegung und Überprüfung aller Medienaktivitäten.

mr

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