Spielplätze für Senioren? Solche Berichte und Initiativen zur Fitness-Steigerung älterer Menschen, mit denen vereinzelte Kommunalpolitiker in Nürnberg oder Berlin auf die demografische Entwicklung reagieren, wie unlängst in der „Frankfurter Rundschau“ nachzulesen, entdeckt man äußerst selten.
Dabei wäre es angesichts der demografischen Entwicklung eigentlich nahe liegend, Senioren als Leser zu umwerben. Das Gegenteil aber ist der Fall: Für ein Lifestyle-Magazin wie die „Park Avenue“ kommen – wie aus der Textredaktion zu hören – selbst Prominente über 60 als Interviewpartner nur in Ausnahmefällen infrage. Und das, obwohl doch Ältere dankbare Gesprächspartner sind. Schließlich liegt es doch in der Natur der Sache, dass sie aus ihrem reichen Schatz an Lebenserfahrung schöpfen können, während die Jungen oftmals noch recht wenig zu sagen haben.
Gleichwohl klammern auch viele andere Verlage und in verstärktem Maße auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk die Generation 60 Plus bei ihrer Zielgruppenbestimmung aus. So trug sich der Bayerische Rundfunk unlängst mit der Absicht, seinen überwiegend von älteren Hörern bevorzugten Klassiksender B4 in eine Jugendwelle umzuwandeln, – ein Vorhaben, das jedoch angesichts massiven Protests zum Glück scheiterte. Bei Tageszeitungen aber sprießen Schüler-, Jugend- und Familienseiten wie Pilze aus dem Boden – nur von Seniorenseiten keine Spur.
Nichts gegen eine bessere Familienpolitik. Aber muss denn ein geradezu hysterischer Schrei nach mehr Kindern zwangsläufig Hand in Hand gehen mit einer Altenschelte?
Ausgerechnet in der akademischen Wochenzeitung „Die Zeit“ wetterte jüngst die Autorin Susanne Gaschke in einem entwürdigenden Artikel unter dem Titel „Furchtbar rüstig“ neiderfüllt über „Energievampire“, die ihren Lebensabend sinnvoll mit Reisen, Sprachkursen, Gasthörerschaften an Unis oder Internetaktivitäten ausfüllen. Gaschke beklagt einen „unanständigen Zeitreichtum“ der Rentner, sagt im Klartext: Die Alten sollen bitte schön malochen, bis sie ausgelaugt sind und danach gefälligst abtreten. Und bitte schön keine Ansprüche mehr stellen: „Eine allzu kurze Lebensarbeitszeit (sorgt) für schlechte Stimmung, wenn die lustigen Rentnerinnen im Reisebüro (…) – eine geschlagene Stunde! – brauchen, um eine Woche Badeurlaub zu buchen. Und das noch begleitet von trotzigen Beiseite-Bemerkungen ans stöhnende Publikum: „Wir sind eben alt, bei uns dauert‘s“.
Mit Respekt für das Alter
Ein kleiner Trost vielleicht, dass auf solch hässliche Tiraden nicht nur bergeweise Leserbeschwerden eingingen, und in der folgenden Ausgabe ein souveräner Gegenartikel des Kolumnisten Haug von Kuenheim erschien, der höchst weise mit dem Vermerk endete, das Altern sei nun mal naturgegeben.
Ein Blick auf die kulturelle Landschaft aber bestätigt, dass offenbar doch schon viele so denken wie Gaschke: Wie viele großartige Schauspieler oder Regisseure stehen etwa schon auf dem Abstellgleis? Angelica Domröse, Jutta Lampe, Edith Clever oder Peter Stein, den bezeichnenderweise nach längerer Auszeit nun der selbst in die Jahre gekommene Claus Peymann für seinen „Wallenstein“ noch einmal Raum gibt.
Und nicht zufällig kommt ein Film wie „Die Herbstzeitlosen“, der liebevoll für Agilität und Respekt für das Alter wirbt, aus der Schweiz. Dass die Regisseurin Bettina Oberli mit diesem Film, der auch das mangelnde Verständnis der Jungen anprangert, den Nagel auf den Kopf getroffen hat, zeigt sich in Umfragen mit Ruheständlern, die sich auch im öffentlichen Leben verstärkt ausgegrenzt fühlen. Nicht zuletzt, weil sie auch bei Kandidaturen in Vereinen oder Verbänden mit Anfang 70 schon nicht mehr erwünscht sind.
Wer das alles nicht glauben will, dem sei der Selbsttest empfohlen: Erreicht sie der Anruf eines Unternehmens, das Sie mit lästigen Produktumfragen behelligen will, sagen Sie einfach, Sie seien schon über 70. Sie werden überrascht sein, wie schnell sich die Gegenseite von Ihnen verabschiedet.
PS: Die Autorin dieses Artikels ist zwar erst 43, hat auf diese Weise allerdings schon erfolgreich diverse Fritzen abwimmeln können.