Brandenburg bleibt ausreichend informiert

Die Berliner "Abendschau", traditionsreichste Fernsehsendung des Rundfunk Berlin-Brandenburg, kommt seit September 2018 aus dem modernsten Studio des Senders. Ohne die Arbeit von Designer*innen geht auch da gar nichts. Foto: RBB/Thorsten Jander

Am 22. September wählen die Bürger*innen Brandenburgs für fünf Jahre den neuen Landtag. Rund 2,1 Millionen Wahlberechtigte sind zwischen der Uckermark im Norden und der Lausitz im Süden zur Wahl aufgerufen. Regionale politische Information beziehen die Bürger*innen aus einem schrumpfenden Zeitungsangebot, der öffentlich-rechtlichen Zweiländeranstalt Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) sowie einem guten Dutzend kleiner privater TV-Sender.

Gerade mal drei Tageszeitungen erscheinen im mit knapp 2,5 Millionen Menschen dünn besiedelten Flächenland Brandenburg. Ihre Auflage ist wie in der gesamten Branche rückläufig. Dennoch fiel das satte Verkaufsminus von 19,4 Prozent, das die in Potsdam erscheinende Märkische Allgemeine (MAZ), im April gegenüber dem Vorjahr meldete, aus dem üblichen Rahmen. Dass der landesweite Marktführer um fast 15.000 Exemplare auf jetzt noch gut 60.000 schrumpfte, hat einen einfachen Grund. Seit Anfang des Jahres weist die MAZ ihre Lokalausgaben „Prignitz-Kurier“, „Kyritzer Tageblatt“ und „Dosse-Kurier“ nur noch als E-Paper aus. Seit Herbst 2023 hat der Madsack-Konzern die gedruckten Ausgaben sukzessive eingestellt.

Einstellung der Printausgaben

Digital only heißt die Strategie, mit der die Hannoveraner auf die nicht mehr rentable Zustellung von Printausgaben reagieren. „Wir ziehen uns nicht zurück, hinterlassen keinen weißen Fleck“ auf dem Zeitungsmarkt der Region, hatte MAZ-Chefredakteur Henry Lohmar seinerzeit stolz verkündet. Zwischenbilanz des digitalen Switch in der bevölkerungsarmen Prignitz. Von bisher rund 2.400 Print-Haushalten entschieden sich etwa 64 Prozent der Abonnenten, an die 1.600, aufs E-Paper umzusteigen.

Rein flächenmäßig deckt die „Märkische Oderzeitung“ (MOZ) ein noch größeres Areal ab. Ihr Einzugsgebiet umfasst den Berliner Speckgürtel über die weiten Ebenen der Uckermark bis zur Odergrenze zwischen Polen und Deutschland. Mit ihrem Sitz in Frankfurt/Oder ist die MOZ die östlichste Tageszeitungsredaktion in Deutschland, mit einer inzwischen auf 46.000 Exemplare (minus 7,6 Prozent) gesunkenen Verkaufsauflage.

Dritte im Bunde ist die „Lausitzer Rundschau“ mit Sitz in Cottbus. Verbreitet wird sie überwiegend in Südbrandenburg. Ohne zwei Lokalausgaben im nordöstlichen Sachsen (Weißwasser) kommt sie gerade noch auf knapp 40.000 verkaufte Exemplare (minus 8,0 Prozent.) Eigentümerin der Lausitzer Rundschau ist die Märkisches Medienhaus GmbH & Co. KG, die Herausgeberin der MOZ.  Diese wiederum ist Teil der Gruppe Neue Pressegesellschaft Ulm, der zahlreiche Regionalzeitungen in Süd- und Ostdeutschland gehören.

Geschrumpfte die Gesamtauflage

Alle drei Brandenburger Blätter mussten seit der Wende einen enormen Aderlass verkraften. Allein in den letzten fünfzehn Jahren – von 2009 bis heute – schrumpfte die Gesamtauflage des Trios um 200.00 auf jetzt 146.000 Exemplare. Trotz monopolartiger Stellung in ihren jeweiligen Verbreitungsgebieten klagen die Verlagsleitungen über vermeintlich unlautere Konkurrenz. „Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender mit ihren Nachrichtenportalen überziehen ihren Informationsauftrag zu Lasten regionaler Tageszeitungen“, lamentiert seit Jahr und Tag MOZ-Chefredakteur Claus Liesegang. Der MOZ-Mann meint den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB), der auf seinem Online-Portal rbb24 eine umfangreiche Regionalberichterstattung abliefert.

Dabei erholt sich der RBB selbst erst allmählich von seiner von Intendantin Patrizia Schlesinger vor zwei Jahren ausgelösten Krise. Aufgrund seiner klammen Finanzen und der von der Politik blockierten Beitragserhöhung ist er zu einem strikten Sparkurs gezwungen. Ein Jahr nach ihrem Amtsantritt kündigte die neue Intendantin Ulrike Demmer kürzlich sogar an, mittelfristig das Fernsehzentrum in der Hauptstadt zu verkaufen – der Unterhalt der Immobilie wird zu kostspielig.

RBB stark im Lokalen

Nicht sparen will der Sender dagegen an seiner regionalen Berichterstattung. Laut neuem Rundfunkstaatsvertrag will er die wichtigsten Regionalangebote – neben der „Berliner Abendschau“ vor allem „rbb24 Brandenburg aktuell“ –  massiv verstärken: Die Sendezeit der beiden Magazine soll von derzeit je einer halben auf eine ganze Stunde verdoppelt werden. Seit dem 10. September sendet „Brandenburg aktuell“ aus einem nagelneuen multifunktionalen Studio aus Potsdam. Die Regionalstudios in Cottbus und Frankfurt (Oder) und die Regionalbüros in Prenzlau, Perleberg und Brandenburg an der Havel sorgen für aktuelle Regionalinformationen und Korrespondentenberichte aus der Region für die rbb-Hörfunkprogramme und das Fernsehen.

Ergänzt wird das Angebot durch 17 lokale TV-Sender, vom Elbe-Elster-Fernsehen über Uckermark TV bis zum Spreewaldfernsehen. Außerdem funken an die 20 Radiostationen von der Lausitzwelle bis zu Radio Cottbus.

Für noch mehr lokale Berichterstattung sorgt seit Jahren die sehr engagierte Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB). Im März 2024 legte sie ihr viertes Programm zur Förderung neuer lokaljournalistischer Angebote auf. Bei einem Gesamtvolumen von einer Million Euro werden erstmals Projekte mit einer Laufzeit von bis zu 23 Monaten finanziert. Damit stellte die MABB die Weichen für 36 Projekte in dreizehn Landkreisen und drei kreisfreien Städten.

Im „Superwahljahr“ mit Europa- Landtags- und Kommunalwahl beschäftigen sich viele der neuen Angebote mit dem Thema Wahlen. Einige setzen auf journalistische Innovationen, indem sie beispielsweise den Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Auswertung von Wahlergebnissen erproben.

MABB-Direktorin Eva Flecken legt dabei großen Wert auf einen gerechten Ost-West-Ausgleich. Dies werde gerade im Bereich der Nachwuchsförderung gezielt angegangen, so Flecken, „um ostdeutsche Stimmen in einen bundesweiten medialen Diskurs reinzubringen“. Unterstützt wird beispielsweise das Projekt „Wahlkompass 2024“ des LR Medienverlags in Cottbus. Dabei sollen „mit konstruktiver Berichterstattung neue, bisher marginalisierte und jüngere Zielgruppen mit lokalpolitischen Informationen versorgt werden“.

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