Ein neues Portal für Regionalnachrichten, das in dieser Form bundesweit einmalig sein dürfte, ist jetzt in Bremen gestartet: Die mit Forschungsmitteln des Bundes entwickelte Plattform „molo.news“ sammelt und verbreitet via Smartphone-App die wichtigsten Artikel regionaler Medien, aber auch Mitteilungen von Vereinen und Initiativen. Nicht dabei ist allerdings der Weser-Kurier.
Wer im Internet nach „Molo“ sucht, landet als erstes bei einem Kindermode-Anbieter. Ähnlich bunt wie dessen Sortiment wirkt das Angebot von „molo.news“. Die kostenlose, nicht-kommerzielle Smartphone-App bündelt alle wichtigen Informationen, die man braucht, um im Raum Bremen halbwegs auf dem Laufenden zu bleiben. So sollen auch jene Menschen erreicht werden, die keine Lokalzeitung mehr lesen. Und Akteure, die in der Lokalpresse zu kurz kommen, können sich mehr Gehör verschaffen. „Wir möchten den Bürgerinnen und Bürgern so einen besseren Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe in der Umgebung verschaffen und einen Beitrag für eine bessere gemeinsame Stadtöffentlichkeit leisten.“ So erläutert das Projektteam die Idee hinter „molo.news“. Der Name steht für „moving local“.
Angesiedelt ist das neue Portal beim Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) der Universität Bremen. Entwickelt wurde es gemeinsam mit dem Institut für Informationsmanagement Bremen und dem Hamburger Leibniz-Institut für Medienforschung / Hans-Bredow-Institut. Das nötige Geld – bisher rund 800.000 Euro – kommt vor allem vom Bundesforschungsministerium. Die beteiligten Medienhäuser liefern ihre Nachrichten gratis.
Ähnlich wie bei einer Stichwortsuche mit Google-News zeigt die neue App die aktuellsten Nachrichten-Anrisse aus Regionalmedien wie Radio Bremen, taz Bremen oder Kreiszeitung Syke. Nach zwei weiteren Klicks sind die Texte dann in voller Länge zu sehen, soweit nicht eine Bezahlschranke im Weg steht. Zwischendrin finden sich aber auch Informationen, die bei Google-News nicht auftauchen, nämlich Mitteilungen von Vereinen, Kulturinitiativen oder sozialen Bewegungen, soweit sie sich wie die Medienhäuser als Zulieferer angemeldet haben.
„Es fließt alles zusammen“, erläutert ZeMKI-Leiter Andreas Hepp im Gespräch mit M die Besonderheit der App. „Nicht, wer größer ist und lauter schreit, bekommt die meiste Aufmerksamkeit, sondern alle werden gleichbehandelt“ – eine neue Chance zum Beispiel für kleine Sportvereine, die an Werder-Spieltagen nie in die Lokalpresse kommen, weil dort „alles zugewerdert“ ist, wie Professor Hepp es formuliert.
Ob die Vereinsmitteilung dann auch von allen gelesen wird, ist eine andere Frage. Denn die Nutzer*innen können vorab auswählen, zu welchen Themengebieten ihnen Texte angezeigt werden. Damit trotzdem niemand in einer Filterblase landet, sendet die Redaktion besonders wichtige Meldungen („hot news“) an alle – zum Beispiel die neuesten Corona-Zahlen.
Die Redaktion besteht aus fünf bezahlten studentischen Hilfskräften „mit journalistischer Vorerfahrung“. Gearbeitet wird im Schichtdienst – werktags zwischen 7 und 20 Uhr, am Wochenende nur sporadisch. Ihre Aufgabe: etwaige „hot news“ verbreiten und eingehende Texte mit Schlagworten („Tags“) versehen, damit die Nutzer*innen in erster Linie ihre Wunschthemen angezeigt bekommen.
Das Projekt hat allerdings ein großes Manko: Bei den Zulieferern fehlt ausgerechnet Bremens größte Lokalzeitung, der Weser-Kurier. David Koopmann, Vorstand der Bremer Tageszeitungen AG (BTAG), sagt dazu auf Anfrage von M, bei der offiziell eigentlich werbefreien App stünden journalistische Beiträge neben womöglich werbenden Pressemitteilungen. „Die Trennung zwischen Werbung und Redaktion ist uns da nicht ganz klar.“ Außerdem sehe die BTAG es kritisch, wenn der Staat bei Medienangeboten nicht nur zum Beispiel die Infrastruktur fördere, sondern auch „den journalistischen Teil“ – Stichwort „Staatsferne“. Als Konkurrenz, so versichert Koopmann, sehe er das Portal aber nicht.
So ist es auch nicht gemeint. „Wir wollen nicht dem Journalismus den Geldhahn abdrehen, sondern ihm ein zusätzliches Fenster eröffnen“, sagt Hepp. „Wenn alle auf höherer Ebene kooperieren, statt zu konkurrieren, dann kommt mehr rüber für alle.“ Den Bedarf und die Erwartungen an eine solche übergreifende Plattform haben die drei beteiligten Wissenschaftsinstitute vorab erforscht, unter anderem in Workshops mit Interessierten. Die bisher erreichten Nutzerzahlen sieht Hepp als Erfolg: „Nach einer Woche online liegen wir bei deutlich über 600 aktiven Nutzerinnen und Nutzern.“