Drohende Insolvenz

Berliner Union-Film behält nur wenige Mitarbeiter

Mit einer „strategischen Insolvenz“ will der Film- und TV-Dienstleister Berliner Union Film (BuFa) den Traditionsbetrieb an der Oberlandstraße in Berlin-Tempelhof erhalten. Für viele ältere Mitarbeiter bedeutet das den Weg in die Arbeitslosigkeit.

61 der 78 Kolleginnen und Kollegen wurde im Januar angesichts der drohenden Insolvenz kurzfristig die Zustimmung zu einer Auffanggesellschaft abverlangt. Dafür wollte der Eigentümer, die Immobiliengruppe Becker & Kries, 1,5 Millionen Euro bereitstellen. Der Betriebsrat hatte das nach Rücksprache mit der Belegschaft befürwortet. Weil acht Kollegen ihre Zustimmung versagten, scheiterte diese Lösung.
Die Geschäftsleitung hatte Alternativen wie Kurzarbeit oder einen Sozialtarifvertrag ausgeschlossen und meldete Mitte Februar Insolvenz für die Berliner Union-Film GmbH & Co Studio KG an. Nun sollen 16 Mitarbeiter bleiben. 53 Kollegen sollen zustimmen, für neun statt ursprünglich zwölf Monate in eine Transfergesellschaft zu gehen. Acht Kündigungen sind zu erwarten.
„Die Hände waren uns gebunden“, berichtet Betriebsrat Robert Reisgies über beide Entscheidungen, denn die Verhandlungen liefen unter hohem Zeitdruck. Die Kolleginnen und Kollegen und ihr Betriebsrat haben in der Situation „das Beste vom Schlechten herausgeholt“, kommentiert ver.di-Gewerkschaftssekretärin Kathlen Eggerling. Vor allem ältere Mitarbeiter, von denen nicht wenige seit 30 und mehr Jahren an der Oberlandstraße arbeiten, werden es am Arbeitsmarkt schwer haben, sagt sie.
Die BuFa ist mit fünf Ateliers der drittgrößte Studiobetrieb der Hauptstadtregion. Seit 1909 werden an der Oberlandstraße Filme gedreht. Auf einem Gebäude mit Büros und Kopierwerk wurde 1913 ein gläsernes Atelier samt Lastenfahrstuhl für Möbelwagen errichtet. Die UFA übernahm das Gelände 1918. Dort drehten unter anderem Friedrich Wilhelm Murnau, Fritz Lang und Josef von Sternberg. Nach dem Krieg wurden zunächst US-Filme synchronisiert, später kam das Kino zurück; gelegentlich mietete sich Hollywood („Cabaret“) ein. 1963 zog gegenüber das gerade gegründete ZDF ein. Die Anstalt wurde Hauptkunde der BuFa und produzierte dort Informationssendungen wie „Kennzeichen D“ und Unterhaltungslegenden wie die „ZDF Hitparade“. Becker & Kries übernahm das Gelände 1964 und gründete die Berliner Union Film. Der Bruch kam im Jahr 2000, als das ZDF ins Berliner Zentrum umzog. Seit 2006 wurde unter neuer Geschäftsleitung versucht, neben Studiovermietung, Geräteverleih, Synchronarbeit und dem Dekorationsbau, auch Paket-Dienstleistungen mit Vorort-Partnern anzubieten. Der Verlust des ZDF als wichtigstem Kunden konnte aber nie aufgefangen werden.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Rundfunkreform mit vielen Fragezeichen

Bis zuletzt hatten die öffentlich-rechtlichen Anstalten auf ein Ende der Blockade einer Beitragserhöhung durch die Ministerpräsidenten der Länder gehofft. Die Verweigerungshaltung der Politik ließ ihnen am Ende keine Wahl: Am 19. November kündigten ARD und ZDF eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an, um ihren Anspruch auf die von der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs (KEF) errechnete Empfehlung einer Beitragserhöhung um 58 Cent auf 18,94 Euro monatlich durchzusetzen.
mehr »

KI-Lösungen: Heise macht es selbst

Das Medienhaus „Heise Medien“ hat kürzlich das auf generative Künstliche Intelligenz (KI) spezialisierte Medienhaus „Deep Content“ (digitale Magazine „Mixed“ und „The Decoder“) aus Leipzig gekauft. Damit will Heise die Zukunft generativer KI mitgestalten. „Deep Content“ entwickelte mit „DC I/O“ ein professionelles KI-gestütztes Workflow-Framework für Content-Teams und Redaktionen. Bereits seit Juni dieses Jahres kooperiert Heise mit „Deep Content“ bei der Produktion des Podcasts „KI-Update“. Hinter der Übernahme steckt die Idee, den neuen Markt weiter zu erschließen und hohe Gewinne einzufahren.
mehr »

Audiodeskription: Die KI liest vor

Die Hälfte der öffentlich-rechtlichen Sender verwendet inzwischen auch synthetische oder mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Stimmen, um für Fernsehformate Audiodeskriptionen zu erstellen. Das ergibt sich aus Nachfragen von M bei den neun ARD-Landesrundfunkanstalten und beim ZDF. Neben professionellen Sprecher*innen setzen der MDR, WDR, NDR, Radio Bremen und das ZDF auch auf synthetische oder KI-Stimmen für die akustische Bildbeschreibung.
mehr »

Lokaljournalismus: Die Wüste droht

Noch sei es nicht so weit, aber von einer "Steppe" könne man durchaus schon sprechen, sagt Christian Wellbrock von der Hamburg Media School. Wellbrock ist Leiter von "Wüstenradar", einer Studie, die zum ersten Mal die bundesweite Verbreitung und zahlenmäßige Entwicklung von Lokalzeitungen in den letzten 30 Jahren unter die Lupe genommen hat. Sie erhebt, wie stark der Rückgang lokaler Medien inzwischen tatsächlich ist und warnt: In etlichen Regionen droht tatsächlich die Verbreitung von "Nachrichtenwüsten".
mehr »