DW vor Stellenabbau – ver.di protestiert

Foto: M-Archiv

Mit Empörung reagiert die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) auf die am Abend des 17. März in einer Online-Betriebsversammlung verkündeten Entlassungen bei der Deutschen Welle: Bis zu 300 vorwiegend freie Mitarbeitende sollen demnach noch dieses Jahr ihren Job verlieren. Begründung: Die Intendanz befürchte eine Verschlechterung der Finanzsituation für das Jahr 2024.

„Wir fordern die Deutsche Welle auf, die eingeleiteten Maßnahmen sofort zu stoppen. Es ist völlig unklar, ob finanzielle Engpässe überhaupt entstehen werden. Denn im Koalitionsvertrag ist für die Deutschen Welle ausreichende Unterstützung vorgesehen“, so Christoph Schmitz, Mitglied des ver.di-Bundesvorstands.

Die Maßnahmen sollen auch die Einstellung der linearen Ausstrahlung von „Deutsche Welle TV“ in deutscher Sprache zur Folge haben. Für ver.di sei fraglich, ob dann die Erfüllung des Programmauftrags überhaupt noch gewährleistet ist. Noch in der aktuellen Aufgabenplanung bis 2025 ist die besondere Bedeutung von Deutsch als Programmsprache festgelegt. „Eine reine digitale Bereitstellung erfüllt diesen Programmauftrag nicht“, kritisiert Schmitz.

Weiterer Vorwurf der Gewerkschaft: Die Deutsche Welle habe die Einschnitte vorbereitet, ohne die Personalräte einzubeziehen – diese wurden nur kurzfristig vor der digitalen Beschäftigtenversammlung informiert. „Dass die Intendanz versucht, ohne die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung der Mitbestimmungsgremien einschneidende und existenzgefährdende Personalmaßnahmen durchzusetzen, ist skandalös. Ein solches Agieren geht völlig an der gesetzlich vorgesehenen Mitbestimmung vorbei“, mahnt der Gewerkschafter in einer Pressemitteilung.

ver.di sieht die Deutsche Welle in der Verantwortung, die vorhandenen finanziellen Mittel so einzusetzen, dass Beschäftigte langfristig tätig sein können, ohne die in jedem Haushaltsjahr wiederkehrende Furcht vor einem Jobverlust. In der jetzigen, noch unklaren Lage müssten diese Mittel von der Deutschen Welle so eingesetzt werden, dass die Weiterbeschäftigung der Mitarbeitenden oberste Priorität hat, so Christoph Schmitz.

Programm eingedampft

Das deutsche TV-Programm werde zum Ende des Jahres eingestellt. Zudem sollen senderübergreifend Sportthemen deutlich eingedampft und Investitionen in Technik und Infrastruktur zurückgefahren werden, vermeldet turi2. Intendant Peter Limbourg habe das Sparprogramm mit Tariferhöhungen, Inflation und „enormen Zusatzkosten“ durch den Ukraine-Krieg begründet. Freie Mitarbeitende halten diese Begründung für unbefriedigend, da der Bundeszuschuss von derzeit 406,5 Mio Euro sowieso jährlich steige. „Das Defizit bleibt unerklärlich“, zitiert turi2 aus einem Schreiben.

„Wir müssen davon ausgehen, dass wir im nächsten Jahr eine erhebliche Summe einsparen müssen. Aus diesem Grund werden wir Angebote reduzieren“, erklärte Intendant Peter Limbourg. Obwohl der Bundeshaushalt für das Jahr 2024 noch nicht beschlossen sei, müsse die DW präventive Schritte einleiten, heißt es bei dwdl. „Wir müssen vorsorglich einige Entscheidungen treffen, um 2024 nicht in eine ungleich schwierigere Lage zu kommen. Gleichzeitig müssen wir auf den hoch dynamischen digitalen Wandel reagieren, der uns auf den internationalen Medienmärkten stark herausfordert“, habe Limbourg vor dem Rundfunkrat erklärt. Das Gremium hat in seiner Sitzung die gesetzlich geforderte Aufgabenplanung der DW für die Jahre 2022 bis 2025 beschlossen.

Konkret gehe es um 20 Millionen Euro, die der staatliche Auslandssender 2024 sparen will – etwa fünf Prozent der bisherigen Etats. „Die Einsparungen sind schmerzlich. Angesichts der Haushaltslage wäre es allerdings verwunderlich, wenn wir von Kürzungen verschont blieben“, zitiert dwdl Limbourg aus einem Pressegespräch. Der Rundfunkrat bekräftigte in einer Pressemitteilung, dass für Reduzierungen im Personalbereich sozialverträgliche Lösungen gefunden und umgesetzt werden müssen.


Aktualisierung vom 23. März 2023

ver.di fordert Stopp des Sellenabbaus

ver.di hat die Bundesregierung aufgefordert, für eine ausreichende Finanzierung der Deutschen Welle zu sorgen. Nach der Ankündigung des Intendanten Peter Limbourg, bei der Deutschen Welle bis zu 300 Stellen abzubauen, erwartet ver.di, dass sich die zuständige Staatsministerin Claudia Roth für den Erhalt des unverzichtbaren Programms und der dafür nötigen Stellen beim deutschen Auslandssender einsetzt.

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Vernetzte Frauen im Journalismus

Sich als Frau in einer Branche behaupten müssen, in der Durchsetzungskraft und Selbstbewusstsein entscheidende Faktoren sind: Für Generationen von Journalistinnen eine zusätzliche Belastung im ohnehin schon von Konkurrenz und Wettbewerb geprägten Beruf. Angesichts dieser Herausforderung sind Netzwerke und solidarische Bündnisse von großer Bedeutung. Der Journalistinnenbund (JB) hatte hierbei seit seiner Gründung im Jahr 1987 eine Vorreiterrolle inne. Sein Anliegen: Geschlechtergleichstellung in den Medien erreichen.
mehr »

In den eigenen Räumen etwas bewegen

Stine Eckert forscht zu Geschlechterkonstruktionen in den Medien am Institut für Kommunikationswissenschaft an der Wayne State University in Detroit. Ihr Buch „We can do better“ versammelt  „feministische Manifeste für Medien und Kommunikation“. Mit Ulrike Wagener sprach sie für M über die Verbindung zwischen Universitäten und Aktivismus und die Frage, wo Medien und Medienschaffende etwas verändern können.
mehr »

Vertrauen in die Medien wächst wieder

Eine repräsentative Studie im Auftrag des WDR zeigt: Das Vertrauen in Medien in Deutschland ist wieder gewachsen. Als glaubwürdig gelten vor allem öffentlich-rechtliche Angebote. Auch das Vertrauen in Institutionen hat leicht zugenommen. Und: Junge Menschen schätzen ihre Hauptinformationsquelle Soziale Medien mehrheitlich als nicht ausgewogen oder glaubwürdig ein.
mehr »

Aktive Medien gegen Rechts

„Wie weiter?“ – unter dieser Fragestellung wollten am 7. Mai in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Berlin Medienpolitiker*innen und Journalist*innen über „Visionen für eine demokratische Medienlandschaft“ diskutieren. Den Rahmen bildete das Roman Brodmann Kolloquium zum Oberthema „Rechtsruck in Europa! Ohnmacht der Medien?“ Anstelle von überzeugenden Visionen spiegelte die Debatte eher die Ratlosigkeit der Demokraten angesichts eines erstarkenden Rechtsextremismus.
mehr »