Buchverlage befürchten auch am Jahresende stagnierende Umsätze
Weihnachten, das Fest der hohen Umsätze, droht in diesem Jahr für die Buchverlage eine Enttäuschung zu werden. Wie in anderen Mediensparten wirkt sich die Konjunkturflaute auf die Kaufbereitschaft der Bevölkerung aus; die Furcht vor Terror und Krieg tut ein übriges. Aktuelles Warnzeichen sind die Pleite des Haffmanns-Verlags und die Sparmaßnahmen bei Springer.
2000 war für die Medienbranche ein Superjahr gewesen; die Profite waren gesprudelt wie seit langem nicht mehr. Das hing in erster Linie mit den überschäumenden Werbeausgaben zusammen. Weil Reklame für die Einnahmen der Buchverlage kaum eine Rolle spielt, bildete diese Sparte eine Ausnahme beim Jubeln: Dort war man schon froh gewesen, dass die Umsätze preisbereinigt stagnierten und nicht, wie in den Vorjahren, rückläufig waren. Das ist eigentlich paradox, denn gleichzeitig ist die Zahl der produzierten Bücher und der neuen Titel gestiegen.
Die Ursache liegt in der Politik der Verlage selbst begründet: Seit Jahren setzen sie auf Masse. Das Wachstum der Titelzahl hat das der Leserzahl längst überholt. Seit Anfang der Neunzigerjahre ist die Zahl der Neuerscheinungen von Jahr zu Jahr auf zuletzt 63 000 im vergangenen Jahr gestiegen. Während der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2001 sind sogar 79 000 Neuerscheinungen angeboten worden. Der Markt ist überschwemmt, die Einzelauflagen sinken.
Mehr denn je setzen die Großverlage auf Bestseller. Die bringen zwar Auflagen jenseits der 100 000, dafür sind aber enorme PR-Kampagnen erforderlich. Außerdem erreichen die Gagen absurde Ausmaße. Während unbekannte Schriftsteller mit Minihonoraren zufrieden sein müssen, kassieren Fließbandschreiber wie John le Carré oder Hera Lind zwischen einer und 2,5 Millionen Euro, nur damit der Verlag (in diesem Fall Heyne/Ullstein/ List, d.h. Springer) sich im Glanz ihres Ruhmes sonnen kann und bei den Buchhandlungen in die Schaufenster kommt. Solche Kosten lassen sich meist auch nicht amortisieren, und so beißt sich die Katze in den Schwanz: Selbst Branchenriesen wie Holtzbrinck und Springer machen im Buchgeschäft Verluste. Der S. Fischer Verlag, der schon im Jahr 2000 ein erhebliches Schrumpfungsprogramm durchgezogen hat, steht erneut vor Schwierigkeiten.
Deshalb reißt die Serie von Fusionen und Aufkäufen unter den Buchverlagen nicht ab. Während Verlage wie Falken, Nomos, vgs – und wohl auch Haffmanns von der Bildfläche verschwinden, sind Luchterhand von Bertelsmann,
K & W von Holtzbrinck, Heyne von Springer, Kösel von der DVA (FAZ-Gruppe), Carlsen und Thienemann von Bonnier geschluckt worden. Random House, die frühere Bertelsmann Buch AG, will die Gunst der Stunde nutzen und weitere Verlage in Deutschland und Österreich kaufen. Bertelsmann-Chef Middelhof: „Wo immer sich die Möglichkeit ergibt zu akquirieren, da werden wir sein.“
Die Buchsparte in Deutschland ist immer noch von relativer Vielfalt geprägt. Von den etwa 2000 Verlagen sind 90 Prozent selbstständig. Die Masse davon sind jedoch Minibetriebe. Sie haben auf das Marktgeschehen keinen Einfluss. Die Marktführer Bertelsmann und Holtzbrinck kontrollieren zusammen einen Anteil von 15 Prozent, die hundert größten Verlage haben im vergangenen Jahr 85 Prozent aller Bücher verkauft (1999: 82 Prozent).
Fachleute gehen davon aus, dass sich der Zentralisationsprozess fortsetzt. Die kleineren Verlage haben nicht die finanziellen Mittel, um große Werbekampagnen aufzulegen und Phantasiehonorare zu zahlen.
So haben sie es schwer, sich durchzusetzen und ihre renommierten Autoren zu halten. Die aktuelle Wirtschaftsflaute dürfte beschleunigend wirken.