„Marsch auf Mainz“ beendet: Aus für Mainzer Rhein-Zeitung

Nach 20 Jahren Beschäftigung im Mittelrhein-Verlag arbeitslos

Die Mainzer Rhein-Zeitung – eine Lokaltochter der Rhein-Zeitung aus dem Mittelrhein-Verlag Koblenz – wird zum Jahresende eingestellt. 15 Festangestellte und etwa 25 Freie verlieren ihre Beschäftigung. Ein Sozialplan konnte dem Unternehmen abgerungen werden.

Rhein-Zeitung Logo„Ein Paukenschlag nach Art des Hauses Twer: Die Beschäftigten werden zwei Tage vor der Öffentlichkeit informiert, Kündigungsverfahren sind bereits eingeleitet, ohne Interessenausgleich und Sozialplan“, so Achim Schulze, ver.di-Fachbereichsleiter Rheinland-Pfalz Saar, im September. Die Mehrheit der Betroffenen sind über 20 Jahre im Verlag dabei gewesen. Sie werden noch bis Ende April 2014 bezahlt – Zeit sich nach neuer Arbeit umzuschauen. Die Aussichten sind nicht nur wegen des Alters schlecht. Erinnert sei an den Verkauf und das Eindampfen der Frankfurter Rundschau, wodurch weit über hundert Journalisten auf den freien Markt im Rhein-Main-Gebiet geworfen wurden.
Der Betriebsrat hat inzwischen mit Unterstützung der Gewerkschaften einen Sozialplan abgeschlossen. Das Ziel, 0,5 Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr für jeden zu erhalten, konnte nicht ganz erreicht werden. Dennoch haben die Beschäftigten dem Abschluss zugestimmt. Ihre Kündigungsschutzklagen werden sie daraufhin zurück nehmen. Es sei ein Kompromiss, aber unter den gegeben Bedingungen der in kleine Firmen zersplitterten Rhein-Zeitung – jede Lokalredaktion steht für sich – sei nicht mehr möglich gewesen, schätzt der Betriebsrat das Ergebnis ein. Die Freien gingen leider ganz leer aus.
Mit der Einstellung der Mainzer Rhein-Zeitung endet ein ehrgeiziges Projekt, das Verleger Walterpeter Twer vor 25 Jahren in einer Belegschaftsversammlung des Koblenzer Stammhauses als „Marsch auf Mainz“ angekündigt hatte. Twer marschierte damals über die Grenze der unter den Verlagen im Land abgesteckten Claims, die eine echte Konkurrenz auf ein paar Randbereiche beschränkt hatte. Achim Schulze kommentiert: „Die Schließung der Mainzer Rhein-Zeitung zementiert die Monokultur der Zeitungslandschaft in Rheinland-Pfalz. Eine Region, ein großes Regionalblatt. Auf der Strecke bleibt die Meinungsvielfalt.“

nach oben

Weitere aktuelle Beiträge

Lokaljournalismus: Die Wüste droht

Noch sei es nicht so weit, aber von einer "Steppe" könne man durchaus schon sprechen, sagt Christian Wellbrock von der Hamburg Media School. Wellbrock ist Leiter von "Wüstenradar", einer Studie, die zum ersten Mal die bundesweite Verbreitung und zahlenmäßige Entwicklung von Lokalzeitungen in den letzten 30 Jahren unter die Lupe genommen hat. Sie erhebt, wie stark der Rückgang lokaler Medien inzwischen tatsächlich ist und warnt: In etlichen Regionen droht tatsächlich die Verbreitung von "Nachrichtenwüsten".
mehr »

„PR-Puppen“ proben den Aufstand 

Kreative, die der Tech-Konzern OpenAI (ChatGPT, DALL-E) zu einem geschlossenen Produkttest eingeladen hatte, leakten den Testzugang kürzlich und griffen OpenAI in einem Protestschreiben öffentlich an. Sie warfen dem Unternehmen u.a. vor, sie für Marketing und PR zu missbrauchen und Art Washing zu betreiben.Eine teilnehmende Person schildert M , wie es zu dem Leak kam und was Techkonzerne künftig bei der Zusammenarbeit mit Kreativen besser machen können.
mehr »

Klimaprotest erreicht Abendprogramm

Am 20. August 2018, setzte sich die damals 15jährige Greta Thunberg mit dem Schild “Skolstrejk för Klimatet“ vor das Parlament in Stockholm. Das war die Geburtsstunde von Fridays for Future (FFF) – einer Bewegung, die nach ersten Medienberichten international schnell anwuchs. Drei Jahre zuvor hatte sich die Staatengemeinschaft auf der Pariser Klimakonferenz (COP 21) völkerrechtlich verbindlich darauf geeinigt, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen.
mehr »

Mediatheken löschen ihre Inhalte

In Zeiten von Video-on-demand, Streaming und Mediatheken haben sich Sehgewohnheiten verändert. Zuschauer*innen  gucken wie selbstverständlich Filme, Serien, Dokus oder Nachrichten online. Private und öffentlich-rechtliche Fernsehsender pflegen daher inzwischen umfangreiche Mediatheken. Sendung verpasst? In den Online-Videotheken der TV-Anstalten gibt es nahezu alle Medieninhalte, um sie zu einem passenden Zeitpunkt anzuschauen, anzuhören oder nachzulesen. Irgendwann werden sie dann aber gelöscht.
mehr »