Bei einer Betriebsversammlung des Süddeutschen Verlags am vergangenen Dienstag ruderte Geschäftsführer Dr. Christian Wegner etwas zurück. Er deutete an, dass der Stellenabbau in der Redaktion der Süddeutschen Zeitung (SZ) nicht ganz so dramatisch ausfallen könnte wie bislang befürchtet. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der Verlag in München für das laufende Jahr mit einem Abbau von 30 Vollzeitstellen plant. Die dju in ver.di kritisiert das Vorhaben scharf.
Die Ankündigung kam, nachdem in den vergangenen Jahren in der Redaktion bereits zahlreiche Stellen im Zuge von Freiwilligenprogrammen abgebaut wurden und viele, zum Teil bekannte Journalist*innen die Zeitung von sich aus verlassen hatten. Die frei gewordenen rund 70 Stellen waren nur zum Teil nachbesetzt worden, oft durch Redakteur*innen mit ganz anderen Aufgaben in techniknahen Bereichen. Der geplante erneute Stellenabbau hatte durch verschiedene Veröffentlichungen Furore gemacht und der SZ negative Schlagzeilen beschert.
Franz Kotteder, selbst SZ-Redakteur und bayerischer Landesvorsitzender der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, hält die Entwicklung und insbesondere den erneuten Stellenabbau für äußerst bedenklich.
„Qualitätsjournalismus lässt sich nicht mit immer weniger Personal machen. Journalistinnen und Journalisten brauchen Zeit, um Quellen zu prüfen, investigativ zu arbeiten, ihre Schlussfolgerungen zu ziehen und das alles auch noch aufzuschreiben“, sagt er.
„Wenn immer weniger Zeit dafür bleibt, weil immer mehr verschiedene Kanäle möglichst schnell bespielt werden müssen, dann hat nicht nur die Zeitung ein Problem. Sondern auch die Gesellschaft, die zurecht Qualitätsjournalismus einfordert.“ Die Arbeitsbedingungen in den Redaktionen hätten sich aber überall geändert, für gründliche Recherchen bliebe in vielen Medien immer weniger Zeit.
Umfang des Stellenabbaus unklar
In der Betriebsversammlung des Süddeutschen Verlags am Dienstag hatte Geschäftsführer Dr. Christian Wegner eine vorsichtige Rücknahme des Stellenabbaus angedeutet. Er erklärte, die genannte Zahl von 30 Vollzeitstellen sei noch nicht das letzte Wort. Man habe in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich gewirtschaftet und einen enormen Zuwachs an Digitalabonnements für die SZ erreicht. Der starke Rückgang der bei den Abonnements der gedruckten Zeitung erfordere jedoch deutliche Kosteneinsparungen. Die Zahl sei in der Personalmengenplanung nicht als feste, unabänderliche Größe zu verstehen und könne auch kleiner ausfallen.
Zuvor hatte es geheißen, man wolle befristete Verträge nicht verlängern und die natürliche Fluktuation übers Jahr hinweg ausnutzen. Franz Kotteder hierzu: „Natürliche Fluktuation heißt, dass Leute gehen und andere dafür kommen. Hier sollen aber keine Leute mehr kommen. Sondern sie sollen gehen und bitte auch auf Dauer wegbleiben.“ Unverständlich sei auch, dass man nun alles nicht so gemeint haben wolle: „Wenn man in der offiziellen Personalmengenplanung 30 Vollzeitstellen weniger vorsieht und nachher behauptet, das sei alles gar nicht so ernst zu nehmen, so der bayerische dju-Landesvorsitzende, „dann hat das für mich fast schon etwas von alternativen Fakten.“
Nicht nur der Betriebsrat der Zeitung werde darauf achten, wie es in Sachen Stellenabbau bei der SZ weitergehe, sondern auch die dju in ver.di. Positiv sei immerhin zu vermerken, dass die Geschäftsführung sich bereit erklärte, mit dem Betriebsrat über die Personalplanung zu sprechen.