RBB-Krise: „Es ist eine Kulturfrage“

Vorstellung des ersten Teilgutachtens der Kanzlei Lutz Abel im Auftrag des RBB am 20. Oktober 2022: RBB-Rundfunkratsvorsitzender Ralf Roggenbuck, Nina Rossi, Henning Abraham, RBB-Verwaltungsratschefin Dorette König, RBB-Intendantin Katrin Vernau (v.l.n.r.) Foto: Grace Pönitz

Dem Rundfunkrat des RBB wurden am 20. Oktober in einer nichtöffentlichen Sitzung erste Prüfergebnisse der Anwaltskanzlei Lutz|Abel vorgestellt. Anlass für die Untersuchung waren Presseberichte über die ehemalige Intendantin Patricia Schlesinger, ihren Mann und den ehemaligen Vorsitzenden des Verwaltungsrates Wolf-Dieter Wolf. Die Kanzlei war von der Compliance-Beauftragten und dem Verwaltungsrat des Senders im Juli beauftragt worden. Gegenstand ist die Aufklärung, Prüfung und rechtliche Bewertung möglicher Regelverstöße und Pflichtverletzungen. 

„In der Einzelbetrachtung gab es keine massiven Verstöße“, so das Fazit, das Anwältin Nina Rossi von der Kanzlei Lutz|Abel vor der Presse zog und bekräftigte, dass die geprüften Vorwürfe nicht neu waren. Manche Themen seien gezielt aus dem Verwaltungsrat herausgehalten worden, wobei sie hier nicht von Betrug sprechen wollte. Ihr Kollege Henning Abraham verwies darauf, dass dies nur ein erstes Teilgutachten gewesen sei. „Es ist eine Kulturfrage, dass die Dinge so gelaufen sind.“ Es gebe eine Reihe von Verstößen etwa bei der London-Reise, die im unteren finanziellen Bereich lägen, aber eine unrechtmäßige Bereicherung darstellten. Derzeit prüfe die Kanzlei Vorwürfe im Zusammenhang mit dem inzwischen gestoppten Digitalen Medienhaus. „Das ist finanziell eine ganz andere Größenordnung. Er stellte zugleich klar, dass „wir die Ereignisse nicht strafrechtlich geprüft haben“. Das sei Aufgabe der Generalstaatsanwaltschaft. 

Geprüft wurden vier Komplexe: über den RBB abgerechnete private Abendessen im Hause von Patricia Schlesinger, Dienstreisen und hier insbesondere eine London-Reise mit ihrem Ehemann, die Gehaltszahlungen an Frau Schlesinger und der Komplex Dienstwagen. Zu den Abendessen stellte die Kanzlei fest, dass Frau Schlesinger wiederholt gegen interne Vorgaben des Senders verstoßen und insbesondere das Vier-Augen-Prinzip missachtet habe, wobei es teils auch keine dienstlichen Anlässe gegeben habe. Das klinge so, als habe Schlesinger ihre Pflichten verletzt. Aber die Regelungen seien für sie nicht bindend gewesen, sie selbst habe sie erlassen. Deswegen habe sie sich auch darüber hinweg setzen können. Sie habe aber mit dieser Abrechnung ihre privaten Interessen über die des RBB gestellt. Zumindest bei einem Abendessen sei der private Charakter durch eine Teilnehmerin bestätigt, für die anderen konnte die Kanzlei das nicht abschließend prüfen. Hintergrund seien die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Definitiv nicht dienstlich veranlasst sei die London-Reise mit ihrem Mann gewesen, die Schlesinger über den RBB abgerechnet hat.

Beim Punkt „Rechtmäßigkeit der an Frau Schlesinger geleisteten Gehaltszahlungen“ hätten sich die Anwälte die drei mit Schlesinger geschlossenen Dienstverträge 2016, 2018 und 2021 angesehen. Bei allen dazu vorliegenden Verwaltungsratsbeschlüssen gäbe es Mängel, die zur Nichtigkeit dieser Beschlüsse und damit der Verträge führten, resümierte Rossi. 

Beim letzten der vier Komplexe, so die Anwälte, konnte Frau Schlesinger den Wagen auch privat mit Fahrer nutzen. Nicht bestätigt habe sich auch ein Vorwurf, der über das für Mitarbeiter extra eingerichtete elektronische Whistleblower-System kam. Danach habe Schlesinger ihren privaten Umzug zu Jahresbeginn auf RBB-Kosten abgerechnet. 

Für die RBB-Verwaltungsratschefin Dorette König bestätigt das Gutachten die Mängel in der Arbeitsweise des Gremiums. Ziel sei es, alles zu tun und zu prüfen, damit sich das nicht wiederholt. Sie wies Vorwürfe zurück, dass Gutachten habe gar nichts Neues zu Tage gefördert und verursache nur Kosten für den Beitragszahler. Die Kosten halte sie für vertretbar. Bis Ende September seien dies 500.000 bis 550.000 Euro gewesen. Sie hoffe aber, dass die Kosten nicht in den siebenstelligen Bereich gehen. Rundfunkratschef Ralf Roggenbuck will zeitgemäße Kontrollmechanismen einführen. 

Intendantin Katrin Vernau bedankte sich bei allen Hinweisgebern. Sie wolle eine Kultur sicherstellen, die von „Vertrauen und Redlichkeit“ geprägt ist. Sie erläuterte, dass der Vertrag des im kommenden Jahr ohnehin ausscheidenden Verwaltungsdirektors Hagen Brandstäter demnächst aufgelöst werde. Gleichzeitig erklärte sie, dass sie „keinen Anlass zum Misstrauen“ bei Programmdirektor Jan Schulte- Kellinghaus und Produktions- und Betriebsdirektor Christoph Augenstein habe. Beide hätten auf Boni ersatzlos verzichtet. Schulte-Kellinghaus wurde vom Rundfunkrat als stellvertretender Intendant ernannt. Von den 25 außertariflich Beschäftigten „hält nur noch eine Person an Boni fest“, so Vernau.

König erklärte, aus prozesstechnischen Gründen würde nicht der gesamte Teilbericht öffentlich zur Verfügung gestellt. Die Kanzlei prüft jetzt mögliche Vorteilsnahmen und -gewährungen durch Gremienmitglieder und Mitarbeiter des RBB und eben die Vorgänge rund ums Medienhaus. Im Dezember sollen dem Rundfunkrat weitere Ergebnisse vorgelegt werden. 


Ergebnisse des 1. Teilgutachtens und Handlungsempfehlungen auf rbb24.de 

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