Rückkehr zum Normalmaß

Die deutsche Medienwirtschaft seit dem Sommer 2000

Im Herbst wird – wie schon in den vergangenen Jahren – ein „Reader Medienökonomie“ erscheinen. Darin wird die wirtschaftliche Entwicklung in den wichtigsten Mediensparten geschildert und analysiert und außerdem Übersichten und weiterführendes Lesematerial geboten. Der nachfolgende Beitrag ist ein Vorgriff auf den kommenden Reader; dort wird der Text in einer erweiterten und aktualisierten Fassung das Einleitungskapitel bilden.

Fusionen und Kooperationen, an denen deutsche Medienunternehmen beteiligt waren, September 2000 bis Juni 2001 (unvollständige Übersicht)

Zusammenschlüsse, Übernahmen und Kooperationsabkommen sind seit Sommer 2000 für die deutsche Medienwirtschaft charakteristisch gewesen. Die Branche hat sich darin nicht von anderen Wirtschaftszweigen unterschieden. Einige Vorgänge ragen aus dem üblichen Geschehen heraus:

Wichtige Medienfusionen in Deutschland

Okt. 2000: Die WAZ-Gruppe kauft 75 % der Gong-Gruppe
Dez. 2000: Kirch kauft 16,7 % von EM.TV und damit 49 % der Formel-1-Holding
Springer kauft die Mehrheit des W.-Heyne-Verlags
Jan. 2001: Kirch kauft über HOT den TV-Sender tm3. Murdoch erhält dafür 2,5 % der Kirch Media.
Febr. 2001: Bertelsmann kauft die Mehrheit der RTLGroup. GBL erhält dafür 25,1 % der Bertelsmann AG.
April 2001: Douglas kauft die Buchhandelskette Thalia.
Mai 2001: Der Süddeutsche Verlag kauft die WEKA-Gruppe.

Nach eigenen Untersuchungen des Autors1 hat es zwischen September 2000 und Juni 2001 136 größere und kleinere Zusammenschlüsse, Beteiligungen und Kooperationsverträge gegeben, an denen deutsche Medienunternehmen beteiligt gewesen sind (siehe Randspalten zu diesem Artikel). In Wirklichkeit war die Zahl sicher noch höher.

Durch die internationalen und nationalen Fusionen haben sich die Gewichte in der Spitzengruppe der Medienkonzerne verschoben. Weiterhin steht Bertelsmann mit großem Abstand an der Spitze. Ob die Kirch-Gruppe ihren zweiten Platz halten konnte, ist eher fraglich, mangels Zahlen aus diesem Konzern aber nicht zu beantworten. Am Konkurrenten um Platz 2, Springer, ist Kirch im Übrigen selbst mit 40,3 Prozent beteiligt.

Die sieben Großen der deutschen Medienwirtschaft

Konzern

Umsatz in Milliarden DM1)

 

1999

2000

Bertelsmann AG,
Gütersloh

32,0

41,1

Kirch-Gruppe,
München2)

5,2

.

Axel Springer AG,
HH/Berlin

5,2

5,7

Gruppe Holtzbrinck,
Stuttgart

4,2

4,6

Zeitungsgruppe WAZ,
Essen

3,7

4,0

Heinrich Bauer Verlag,
Hamburg

3,1

3,1

Hubert Burda Media,
Offenbg./Mü.

2,2

2,6

1) konsolidierte Außenumsätze
2) Schätzung

Quelle: Presseberichte

Das abgelaufene Jahr war für die deutsche Medienwirtschaft nicht zuletzt deshalb außerordentlich profitbringend, weil die Werbung wie kaum je zuvor gesprudelt hat. Die Gründe dafür waren der damals noch wirksame Konjunkturaufschwung sowie verschiedene Börsengänge und Übernahmeschlachten (vor allem Vodafone/Mannesmann). Fast eine Milliarde Mark ist allein für derartige Kampagnen ausgegeben worden.2

Brutto-Werbeausgaben in deutschen Medien (in Mrd. DM)

Medium

1999

2000

v.H.

Zeitungen

7,32

7,90

+ 8,0

Publ.zeitschr.

7,24

8,14

+ 12,5

Fachzeitschr.

0,89

0,92

+ 3,4

Fernsehen

13,58

15,60

+ 14,9

Radio

1,89

2,04

+ 7,9

Plakat

0,83

0,92

+ 10,1

gesamt

31,75

35,54

+ 11,9

Quelle: Handelsblatt, 23. 1. und 24. 4. 01 (nach AC Nielsen)

Im laufenden Jahr hat sich der Werbeboom zumindest vorübergehend verlangsamt (- 3,7 Prozent im ersten Quartal); ob sich der Trend fortsetzen wird, ist noch nicht ersichtlich. Aber selbst wenn, wäre das nur eine Rückführung auf das übliche Maß. Dass die Medienkonzerne gleichwohl Anlass zu großem Jammer und z.T. einschneidenden Sparmaßnahmen sehen, war zu erwarten.

Buchmarkt: Die eigenen Verlage werden weniger

Im Jahr 1999 hatten die deutschen Buchverlage erstmals mehr als 80000 neue Buchtitel auf den Markt gebracht, davon 60000 Erstauflagen.3 Für das vergangene Jahr liegen die entsprechenden Zahlen zwar noch nicht vor, da dieser Trend aber schon seit Jahren anhält, dürfte die Zahl kaum gesunken sein.

Im Kontrast dazu steht die Marktentwicklung: Die Nachfrage nach Büchern stagniert und schrumpft teilweise. Der Umsatz deutscher Buchhandlungen hat im vergangenen Jahr mit 0,8 Prozent die geringste Wachstumsrate seit Jahren gehabt.4 Angesichts einer Preissteigerungsrate von etwa zwei Prozent bedeutet das einen Rückgang der realen Umsätze. Die hundert größten Buchhandlungen haben demgegenüber um 12,2 Prozent zulegen können (Vorjahr 5,9 Prozent).5

In den Jahren 1999 und 2000 haben Strukturveränderungen bei den Buchverlagen stattgefunden. Zum einen sind durch Großfusionen neue Verlagsgruppen gebildet worden (Bertelsmann/Springer, Süddeutscher Verlag/Hüthing und Droemer/Weltbild), zum anderen sind Verlage wie Falken, Nomos und vgs verschwunden. Die Holtzbrinck-Gruppe wird zum Januar 2002 ihren Anteil an Verlag Kiepenheuer & Witsch von 45 auf 85 Prozent erhöhen, der Springer-Verlag hat im Mai 2001 rückwirkend zum Jahresanfang den Wilhelm-Heyne-Verlag gekauft. Im Juni hat sich dann die Deutsche Verlagsanstalt (FAZ-Gruppe) den mehr als 400 Jahre alten Kösel-Verlag in München einverleibt.

Bemerkenswert waren die Aktivitäten der schwedischen Verlagsgruppe Bonnier. Sie hatte schon 1999 den Hoppenstedt-Verlag gekauft und sich damit auf dem deutschen Markt für Fachpublikationen festgesetzt. Bei Belletristik war der Konzern bislang nur mit dem Münchner Piper-Verlag und einigen Kleinfirmen vertreten, hat aber im September 2000 die arsEdition, im November den Carlsen-Verlag und im April 2001 den Thienemann-Verlag erworben. Carlsen hat mit den Millionenauflagen seiner vier Harry-Potter-Bücher den Umsatz binnen Jahresfrist von 33,5 auf 155 Millionen DM gesteigert. Mit seiner Hilfe ist die Bonnier-Gruppe auf Rang sechs der deutschen Publikumsverlage vorgestoßen (der Thienemann-Verlag mit seinen 21,5 Millionen Mark Umsatz ist in der folgenden Tabelle noch nicht berücksichtigt):

Die zehn größten Publikums-Buchverlage 2000

Umsatz (Mio. DM)

Bertelsmann*)

459,8

Weltbild**)

403,0

Heyne Ullstein (Springer)

377,1

Holtzbrinck**)

323,6

Langenscheidt

285,6

Bonnier

257,3

Könemann
Mair

239,0

Ganske

163,0

Egmont

160,8

*) ohne Buchklubs
**) Der Umsatz der Verlagsgruppe Droemer-Weltbild wurde hälftig auf die beiden Muttergesellschaften aufgeteilt
Quelle: buchreport.magazin, April 2001, S. 16.

Beim Buchhandel haben zwei Vorgänge für Aufmerksamkeit gesorgt:

  • Im April 2001 hat die Douglas Holding, Hagen, die Hamburger Buchhandelskette Thalia auf dem Umweg über eine Zwischenholding zu 75 Prozent übernommen – einschließlich des Internetbuchhändlers Buch.de. Die Parfümerie- und Schmuckhandelskette steigt damit zum größten deutschen Buchhändler mit 83 Geschäften und 600 Millionen Mark Buchumsatz auf.
  • Im Mai 2001 gab die österreichische Buchhandelskette Libro ihren Rückzug vom deutschen Markt bekannt. Betroffen sind 170 Beschäftigte in 19 Filialen. Ende Juni musste das gesamte Unternehmen Vergleich anmelden.

Der Online-Buchhandel hat bislang die Erwartungen enttäuscht. Zwar sind inzwischen mehr als 2000 Buchhandlungen im Netz vertreten (600 mehr als im vergangenen Frühjahr), davon 876 reine Internetfirmen6, der erzielte Buchumsatz wird aber nur auf 378 Millionen Mark geschätzt. Das sind 2,3 Prozent des Gesamtumsatzes. Drei Viertel davon entfallen auf reine Internetbuchhändler.

Diese haben inzwischen ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten, weil sie nach wie vor nicht kostendeckend arbeiten. Die Firma mediantis-buecher.de steht vor dem Konkurs.7 Der Marktführer in Deutschland, Amazon, mit einem Marktanteil von 47 Prozent schreibt immer noch Verluste8, die Nummer Zwei, Bertelsmanns Tochter BOL, ist im Mai mangels Erfolgsaussichten als eigenständige Firma aufgelöst und mit den Buchklubs verschmolzen worden.

Zeitungsverlage: Die Sitten werden rauer

Um acht Prozent sind die Anzeigeneinnahmen der deutschen Zeitungsverlage im vergangenen Jahr gestiegen; im Jahr vorher hatte die Steigerungsrate 6,2 Prozent betragen. Die Verlage schwimmen im Geld. Seit Jahren schon stammen 62 bis 63 Prozent aller Einnahmen der Zeitungen aus Reklame; 2000 dürfte der Anteil noch höher gewesen sein. Die Frankfurter Allgemeine hat sich im vergangenen Jahr zu 80 Prozent aus Werbung finanziert.9 Der Weg zum reinen Anzeigenblatt ist da nicht mehr weit.

Der Konzentrationsgrad bei den Kaufzeitungen ist vor allem bei den Boulevardblättern durch die Stellung des Springer-Konzerns beängstigend: Er verkauft über 80 Prozent aller Zeitungen – vor allem durch die „Bild-Zeitung“ (4,3 Millionen Auflage, zehn bis elf Millionen Leser).

Konzentrationsgrad bei Tageszeitungen

(Marktanteile in Prozent)

1995

1997

1999

Abonnementszeitungen
WAZ-Gruppe

7,2

7,8

7,9

Stuttgarter Zeitung

6,6

6,6

6,5

Springer

6,3

6,2

6,3

DuMont Schauberg

3,6

3,6

4,2

FAZ-Gruppe

3,8

3,9

3,9

fünf Größte

27,5

27,8

28,2

Boulevardzeitungen
Springer

78,2

80,5

81,0

DuMont Schauberg

6,5

5,3

4,8

Süddeutsche Zeitung

3,4

3,3

3,3

Gruner + Jahr

7,1

6,8

3,2

Ippen (tz)

2,5

2,6

2,8

fünf Größte

98,1

98,5

95,1

Quelle: H. Röper, Zeitungsmarkt 2000, in Media Perspektiven 7/00

Die einzige hervorstechende Veränderung ist der Rückgang der Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr. Dahinter steht der Verkauf der Hamburger „Morgenpost“ im Oktober 1999. Dadurch ist G+J auch in der Rangfolge der Zeitungsverlage vom vierten auf den siebten Platz zurück gefallen.

In Freiburg hatte im Januar 2001 der Verleger Michael Zäh versucht, seine anzeigenfinanzierte „Zeitung zum Sonntag“ in eine reguläre Abonnements-Tageszeitung „zus.“ umzuwandeln und das Monopol der „Badischen Zeitung“ zu brechen. Im April war der Traum wieder zu Ende: Das Blatt wurde mangels Lesern eingestellt. Im Juni musste dann die Zäh AG Konkurs anmelden. Damit ist ein weiterer Versuch, auf dem deutschen Zeitungsmarkt ein unabhängiges Blatt neu zu etablieren, gescheitert.

Im Februar 2001 begann bei den überregionalen Tageszeitungen eine schärfere Phase des Konkurrenzkampfs: Springers „Welt“ kündigte an, den Marktführer „Süddeutsche Zeitung“ auf dessen Heimatmarkt Bayern mit einem täglichen Regionalteil anzugreifen. Die FAZ erschloss sich das bayerische Terrain zunächst dadurch, dass sie die Produktion des CSU-Hausblatts „Bayernkurier“ übernahm und sich im Februar die Frequenz für ein Münchner Info-Radio beschaffte. Im April nahm sie außerdem ein neues Druckzentrum bei München in Betrieb. Die Option für eigene FAZ-Bayern-Seiten wird ausdrücklich offen gehalten.

Die SZ ihrerseits hat für den Herbst 2001 einen eigenen Regionalteil für NRW angekündigt. Platzhirsch WAZ kündigte daraufhin an, die Regionalberichterstattung ausbauen zu wollen.

Ein Kampf um die Neuaufteilung der Märkte findet auch bei den Sonntagszeitungen statt. Diese waren bislang – was die überregionalen Ausgaben angeht – ein Monopol des Springer-Verlags. Die FAZ will im Herbst 2001 ihre bislang regionale „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ bundesweit verbreiten, der Berliner „Tagesspiegel“ plant ähnliches mit seiner Berliner Sonntagsausgabe, Die „Süddeutsche Zeitung“ will für den Großraum München eine (vorläufig regionale) Sonntagsausgabe entwickeln.

Unentschieden geblieben ist bislang der Kampf der Großverlage gegen eine neuartige Konkurrenz: die kostenlosen anzeigenfinanzierten Zeitungen mit redaktionellem Anspruch. Diesen Objekten stehen die Großverlage zwiespältig gegenüber. Einerseits versuchen sie (insbesondere Springer), die Herausgeber durch Klagen und Konkurrenzblätter zu bekämpfen, gleichzeitig liebäugeln sie mit einem Engagement auf diesem neuen Markt.

Derzeit überwiegt die Abwehrhaltung; es könnte sein, dass sie erfolgreich ist: Die tägliche Berliner „15 Uhr aktuell“ hat ebenso aufgeben müssen wie die Freiburger „Zeitung zum Sonntag“, und selbst der mächtige Schibstedt-Konzern hat die angekündigte Expansion seiner „20 Minuten“-Tageszeitung über Köln hinaus abgeblasen (und diese im Juli überraschend eingestellt, siehe Bericht Seite 22. Die Red).

Die reinen Anzeigenblätter (ohne echte Redaktion) haben ihr Wachstum fortgesetzt, auch wenn die Zahl der Verlage gegenüber dem Vorjahr um neun auf 495 gesunken ist. Der Werbeboom des Jahres 2000 hat sich auch hier positiv ausgewirkt.

Anzeigenzeitungen in Deutschland

Jahr

Auflage
(Mio.)*)

Titel-
zahl*)

Sonntags-
zeitungen*)

Netto-Werbe-
einnahmen
(Mio. DM)

1998

84,0

1316

122

3446

1999

88,2

1331

161

3408

2000

88,6

1311

175

3505

2001

90,8

1336

205

.

*) jeweils Januar
Quelle: Bundesverband Deutscher Anzeigenblätter

In dieser Sparte hat sich der Rückgang der Werbeetats im Frühjahr 2001 besonders stark bemerkbar gemacht, zumal Änderungen in der Vertriebsstrategie einiger Handelsketten (zugunsten von Anzeigen in der Tagespresse) zeitgleich erfolgt sind. Für 2001 wird deshalb mit einem Rückgang der Umsätze bei den Anzeigenblättern gerechnet.

 

Zeitschriften: Werbeboom und Titelflops

Die Schätzungen für die Zahl der in Deutschland angebotenen Zeitschriften sind unterschiedlich. In einem Punkt aber besteht bei allen Beobachtern Einigkeit: Das Angebot ist riesig.

Entwicklung deutscher Publikumszeitschriften

1990

1995

1998

2000

Titelzahl
Gesamt

781   

957   

1004

1114   

darunter 14-täglich

108   

127   

132

146   

IVW-geprüft

324   

416   

439

467   

darunter 14-täglich

74   

95   

93

102   

Auflage (in tsd.)
Gesamt

228,2

215,3

.

198,2

darunter 14-täglich

651,4

609,0

.

541,9

Quelle: A.. Vogel, Leichtes Wachstum der Großverlage, in Media Perspektiven 10/00

 

Im Durchschnitt werden jedes Jahr zwischen 300 und 400 neue Zeitschriften auf den Markt geworfen, aber erheblich weniger eingestellt. Im laufenden Jahr ebbt die Titelflut ab: Im April 2001 hat die Zahl der Neuerscheinungen mit 25 erstmals die der Einstellungen erreicht.10

Zwei Flops haben für Aufsehen gesorgt: Ende 2000 musste Burda das mit großem Getöse gestartete „weibliche Nachrichtenmagazin“ „Vivian“ nach drei Monaten einstellen. 70 Redakteurinnen und Redakteure waren davon betroffen, die Verluste sollen über 50 Millionen Mark gelegen haben.

Demgegenüber war die Pleite der „alternativen Programmzeitschrift“ „tv total“ des Moderators Stefan Raab und der Produktionsgesellschaft Brainpool fast noch billig: Hier wurden 28 Millionen Mark verpulvert, ehe man im Juni 2001 die Notbremse zog. Auch Holtzbrinck muss eine Pleite verkraften: Anfang Juli 2001 ist die Internetzeitschrift „E-Business“ eingestellt worden.

Zweistellige Millionenverluste setzen entsprechende Profite voraus, und die kommen – neben den Verkaufserlösen – aus Reklame. Wie überall sind auch bei den Zeitschriften die Anzeigeneinnahmen stark gestiegen:

Den größten Anteil an diesem Kuchen haben sich – wie könnte es anders sein – die vier großen Verlagsgruppen Bauer, Springer, Burda und Gruner+Jahr (Bertelsmann) angeeignet, denn sie verkaufen die meisten Zeitschriften.

Auflagen der vier großen Zeitschriftenverlage

1990

1995

1998

2000

Gesamtauflage
14-täglich


48,2


57,9


55,5


55,3

darunter
Bauer

18,3

20,9

18,9

17,8

Springer

12,2

12,1

12,8

12,2

Burda

4,5

6,0

6,4

7,5

Gruner + Jahr

3,4

5,3

5,0

5,2

Gesamtauflage
seltener


25,8


31,7


33,7


37,3

darunter
Bauer

2,2

2,0

2,1

2,8

Springer

0,3

0,3

1,0

2,1

Burda

2,8

2,4

1,9

2,6

Gruner + Jahr

3,8

4,5

4,0

4,1

Quelle: A. Vogel, ebenda

Diese Verlage bilden die Spitzengruppe unter den Anbietern für Publikumszeitschriften. Danach kommt mit Abstand der Verlag Milchstraße, an dem Burda aber mit 40 Prozent beteiligt ist. Die „Großen Vier“ verkaufen knapp 60 Prozent der Gesamtauflage, ihr Anteil geht allerdings zurück.

Bei den Fachzeitschriften …
– ist der Markt stabil geblieben. Zwar ist die Gesamtauflage mit 502 Millionen gegenüber 1999 gleich geblieben und der Anteil der verkauften Auflage ist mit 57 Prozent sogar um einen Punkt gesunken11, Titelzahl und Umsätze sind aber gestiegen.

Auch im Jahr 2001 hat sich die Kapitalzentralisation bei den Fachzeitschriftenverlagen fortgesetzt: Der Süddeutsche Verlag hat im Mai die Weka-Gruppe gekauft; die Fusion ist vom Kartellamt noch nicht genehmigt. Der Süddeutsche Verlag, der 1999 schon den Hüthing-Verlag geschluckt hat, steigt damit zur Nummer Zwei bei den Fachzeitschriften auf. In der folgenden Tabelle ist dieser Kauf noch nicht berücksichtigt.

Die zehn größten Fachzeitschriftenverlage

Umsatz ’99
(Mio. DM)

v.H. zum
Vorjahr

Bertelsmann

1400,0

Holtzbrinck

1122,5

24,7

Weka-Gruppe

602,6

Süddt.Verlag-Hüthing

406,7

Vogel-Gruppe Würzburg

371,0

Wolters Kluver

313,0

4,0

Deutscher Fachverlag

256,0

4,3

Rudolf Haufe Verlag

253,4

26,7

Deutscher Ärzte-Verlag

232,9

6,4

C.H. Beck Verlag

220,0

4,8

In dieser Tabelle sind auch elektronische Medien enthalten.
Quelle: w & v 18/00, S. 183

Bertelsmann lieferte Stoff für Gerüchte: Obwohl der Konzern sich durch den Kauf des Springer-Fachverlags Heidelberg 1999 an die Spitze der Sparte gesetzt hat, genügt das offenbar nicht. In Gütersloh denkt man global, und da steht die Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer nur auf Platz Neun der Rangliste. Deswegen wohl war im August 2000 davon die Rede, dass die gesamte Fachverlagssparte verkauft werden solle (nachdem Fusionsgespräche mit Vivendi gescheitert waren). Wenig später wurden Gespräche über einen Kauf von Wolters Kluver weitergetragen. Beides ist anschließend dementiert worden.

Die Kundenzeitschriften …
… sorgen weiterhin für Goldgräberstimmung. Im Zuge des Werbebooms seit Anfang der Neunzigerjahre hat sich die Zahl dieser Blätter auf etwa 2500 mehr als verdoppelt. Die Gesamtauflage dürfte bei 350 Millionen Stück liegen (d.h. fast doppelt so viel wie bei den Publikumszeitschriften), der Gesamtumsatz bei 4 Milliarden Mark. Die Magazine werden zunehmend professioneller geschrieben und gestaltet und sind nicht selten werbe(teil-)finanziert.

Bei den hier engagierten Verlagen sind noch etliche konzernunabhängige Unternehmen tätig, die Großen der Branche zeigen aber wachsendes Interesse. Die Bertelsmann-Tochter K+S ist von der Titelzahl her die Nummer 2. Springer hat 1999 den Yukom-Verlag gekauft, die WAZ-Gruppe ist mit Gong und Trurnit, Holtzbrinck mit Corps und der Süddeutsche Verlag mit dem SV-Medienservice dabei.

Die zehn größten Verlage für Kundenzeitschriften nach Auflagen 1999 (Mio. Expl.)

WDV Wirtschaftsdienst

24,4

VWA Vereinigte
Verlagsanstalten

23,8

Gong-Verlag (WAZ)

21,4

K+S Kundenzeitschr.
(Bertelsmann)

12,1

F. Trurnit und Partner (WAZ)

9,6

Sparkassenverlag

2,8

Journal International

2,4

Strebel Zielgruppen-Verlag

2,1

SV-Medienservice
(Süddt. Verlag)

1,6

Jahreszeitenverlag

1,5

Quelle: acquisa 1/00

Hörfunk: Viele Sender, wenige Anbieter

Auch für die Radiosender hat das Jahr 2000 einen Werbeboom gebracht: Erstmals sind mehr als zwei Milliarden Mark umgesetzt worden. Reichlich zwei Drittel davon – 1,4 Milliarden – wurden von Privatsendern kassiert, die damit ihre Einnahmen um 13,2 Prozent steigern konnten.12 1998 hatte der Werbeanteil der Privaten noch bei 64,7 Prozent gelegen.13 Nach der neuesten „Media-Analy-se 2001/I Radio“ ist die Reichweite des Hörfunks leicht (um 0,8 Prozent) gesunken. Die öffentlich-rechtlichen Stationen sind mit 47,3 Prozent „Hörermarktanteil“ erstmals unter die 50 Prozent gerutscht (MA 2000: 51,6 Prozent).

Die FAZ-Gruppe hat ihre Hörfunksparte ausgebaut. Im November 2000 ist „FAZ 93,6 Berlin“ auf Sendung gegangen, im Februar 2001 eine Radiolizenz für München erworben worden. Die FAZ-Gruppe betreibt zehn Stationen und strickt an einem bundesweiten „Business-Radio-Netz“. Um eine entsprechende Lizenz im Rhein/Main-Gebiet hat sie sich beworben.

Im Mai 2001 hat außerdem die Firma GoldStar TV (Kirch, Zmeck) die Lizenz für ein bundes- und (via Satellit) europaweites „Radio GoldStar“ erhalten. Die französische NRJ-Gruppe („Radio Energy“, Sitz Hamburg) hat im Mai ihr Verbrei-tungsgebiet nach Baden-Württemberg ausgeweitet. Energy betreibt schon Stationen in München, Hamburg, Nürnberg, Berlin und Sachsen.

Die Hörfunklandschaft ist davon geprägt, dass sich mächtige private Senderverbünde und -konzerne herausbilden. Es verwundert nicht, dass sich dabei die großen deutschen Verlagsgruppen wiederfinden.

Beteiligungen beim deutschen Hörfunk Anfang 2000

Konzern

Zahl der Beteiligungen*)

Oschmann

30

Springer

18

WAZ-Gruppe

17

Holtzbrinck

14

Burda

12

RTL (Bertelsmann)

11

Energy-Gruppe (NRJ)

10

*) direkte und indirekte Beteiligungen
Quelle: Media Perspektiven Basisdaten 2000, S. 30 ff; KEK-Bericht, S. 327 ff.; Berliner Morgenpost, 19.6.01

Eine Sonderrolle spielt der Nürnberger Telefonbuch- und Anzeigenblattverleger Gunther Oschmann. Er hat sich ein Imperium an 17 direkten und 13 indirekten Hörfunkbeteiligungen in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Hessen und Mecklenburg-Vorpommern zusammengekauft, außerdem Anteile an elf lokalen Fernsehsendern in Bayern und Sachsen. An 40 Prozent aller bayerischen Radiosender ist Oschmann beteiligt, an 53 Prozent aller Standorte ist er mit eigenen Lokalprogrammen in Bayern präsent14. Im Mai 2001 ist bekannt geworden, dass Oschmanns „Radio FR 1“, Freiburg, künftig unter dem Namen FR-TV auch Regionalfernsehen ausstrahlen darf15.

 

Fernsehen: Kirch ist noch mächtiger geworden

Beim Fernsehen besteht seit Jahren die stärkste Marktbeherrschung aller Mediensparten. In Deutschland sind 22 private und zwölf öffentlich-rechtliche Fernsehsender bundesweit zu empfangen. Dazu kommen neun Abonnementskanäle mit jeweils mehreren Programmen,. Von Spartenprogrammen wie Musik-, Wirtschafts- oder Nachrichtenkanälen abgesehen hat der Zuschauer nur die Auswahl zwischen drei Anbietern: den öffentlich-rechtlichen Anstalten ARD und ZDF, der Kirch-Gruppe und Bertelsmanns RTL-Gruppe.

Zuschaueranteile bundesweiter Fernsehsender (in Prozent)

ab drei Jahren

14 bis 49 Jahre

1999

2000

1999

2000

ö.r. Sender

40,1

40,3

 

24,5

Kirch-Gruppe gesamt

25,7

25,0

32,8

31,9

RTL-Gruppe gesamt

24,4

24,7

29,7

30,5

andere private Sender

9,8

10,0

 

13,1

Quelle: werben & verkaufen 2/01; horizont, 15.3.01I

 

In jüngster Zeit sind die Strukturen noch verfestigt worden. Bertelsmann hat im Februar 2001 die Mehrheit an der „RTL-Group“ gekauft, nachdem diese im Jahr vorher mit Pearson TV zur größten Fernsehgruppe Europas fusioniert worden war. Zwar hatte der Gütersloher Konzern die Holding auch bisher schon geführt, aber nur eine Minderheitsbeteiligung gehalten.

Die Kirch-Gruppe hat im Januar 2001 von Rupert Murdochs News Corp. den Sender tm 3 gekauft und (über Umwege) in die eigene Familie eingegliedert. Murdoch hat dafür 2,5 Prozent an der Kirch Media erhalten. Kirch hat außerdem seine drei Ballungsraumsender Hamburg 1, tv.berlin und tv.münchen formiert und im Mai 2001 mit sun.tv ein einheitliches Rahmenprogramm gebildet.

An diesen drei Vorgängen werden die Tendenzen sichtbar, die derzeit im privaten Fernsehen vorherrschen:

1. Bertelsmann und Kirch haben „Senderfamilien“ gebildet (RTL-Group, ProSieben Sat 1 Media AG). Sie dienen dazu, die einzelnen Sender für bestimmte Zielgruppen und Qualitätsstandards zu positionieren: Premiumprogramme (RTL, Sat 1), Sekundärsender (vox, Pro Sieben) und Abspielkanäle (RTL 2, Kabel 1) sowie Spezialangebote (Super RTL, DSF und N 24). Auf diese Weise können Übertragungsrechte und Produktionen durch Wiederholungen ausgeschlachtet und der Schrott aus Paketkäufen untergebracht werden.

2. Regionalfernsehen wird zum eigenständigen Wirtschaftsfaktor. Kirch ist hier mit seinen drei Ballungsraumsendern Marktführer und will die Position durch weitere Sender in NRW und im Rhein/Main-Gebiet ausbauen. Das Rahmenprogramm sun.tv beliefert auch die meisten anderen Regionalsender. Der Vorteil für Kirch liegt auf der Hand: Es lassen sich Sendungen, die bundesweit ausgelutscht sind, abermals „verwerten“.

3. Für das Medium Fernsehen werden zusätzliche Märkte erschlossen. Derzeit gilt das hauptsächlich für sogenannte Shopping-Kanäle. Kirch war von Anfang an am Marktführer HSE (früher HOT) mit 26,7 Prozent beteiligt, Bertelsmann ist im Februar 2001 mit dem Programmfenster RTL-Shop eingestiegen. Der neue Kirch-Sender tm 3 soll auf dieses Schema umprofiliert werden.

Wenn Kirch und Bertelsmann den Markt beim privaten Fernsehen beherrschen, dann gilt das auch für die dortigen Werbeeinnahmen. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind hier starken Beschränkungen unterworfen, der größte Teil bleibt bei den Privaten.

Brutto-Werbeeinnahmen von Fernsehsendern (in Mrd. DM)

1. Qu. 2000

1. Qu. 2001

ARD/ZDF

0,26

0,23

RTL-Group gesamt

1,38

1,51

Kirch-Gruppe gesamt

1,84

1,74

Quelle: Horizon-net, Juni 2001

Der Rückgang bei den Werbeeinnahmen im Frühjahr 2001 hat auch die privaten Fernsehbetreiber etwas gestutzt. Das Wehgeschrei war groß und das Reaktionsmuster bekannt: Bei der Pro Sieben Sat 1 Media AG ist ein Einstellungsstopp erlassen worden, RTL-Chef Bellens verlangte 80 bis 100 Millionen Mark Einsparungen bei den deutschen Sendern.16 Hiergegen hat der deutsche RTL-Chef Zeiler allerdings protestiert.17

Der Kirch-Konzern ist die Nummer Eins beim deutschen Privatfernsehen. Aber er hat eine verwundbare Stelle namens Premiere World. Diese Plattform für Bezahlfernsehen hat bisher alle Erwartungen enttäuscht und produziert Monat für Monat riesige Verluste. Das teure Angebot kommt in Deutschland nicht an: statt vorausgesagter 3,4 Millionen Abonnenten dümpelt die Zahl bei 2,4 Millionen.

Die Kirch-Gruppe ist dadurch schon mehrfach in finanzielle Schwierigkeiten gekommen und war gezwungen, ausländischen Investoren Firmenanteile zu verkaufen. Vor allem der Einstieg des australisch-amerikanischen Medienmoguls Rupert Murdoch mit 22 Prozent bei der Holding Kirch Pay TV war riskant: Im Vertrag steht, dass Murdoch beim Verfehlen der Premiere-Prognosen seine Anteile (verzinst) zurückgeben oder eine Mehrheit an Premiere World erwerben kann. Als Datum zum Abrechnen war Dezember 2001 festgelegt; inzwischen hat Rupert Murdoch die Frist um zwölf Monate bis Ende 2002 verlängert.

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben in den letzten Monaten vor allem durch das monatelange Gezerre um die Fußballweltmeisterschaften 2002 und 2006 von sich reden gemacht.

Die Übertragungsrechte hat sich Kirch (zusammen mit der inzwischen bankrotten ISL) für 3,4 Milliarden Mark gekauft. Für 2002 waren sie in Europa schwer weiterzuverkaufen, weil die Spiele in Ostasien stattfinden und hier zu Lande frühmorgens übertragen werden müssen. Trotzdem hatten die Verhandlungsführer von ARD und ZDF mit Kirch Ende 2000 einen Vertrag zu aberwitzigen Bedingungen ausgehandelt. Als die ARD-Intendanten die Unterschrift verweigerten, übten Politiker (Schröder, Stoiber, Beck u.a.) Druck aus. Deshalb kam der Deal mit geringfügigen Änderungen schließlich doch zu Stande.

Die wesentlichen Inhalte: ARD und ZDF zahlen für 24 Frühmorgen-Spiele 250 Millionen Mark. Eine Garantie für die Spiele 2006 (in Deutschland) haben sie trotzdem nicht, und das heißt, dass die Preise dafür mindestens doppelt so hoch sein werden. Für das Recht der Radioübertragung (bislang kostenlos) öffnet die ARD den Kirch-Sendern ihr Sportarchiv (siehe M 6 und 7/01).

Im Mai 2001 hat der Südwest-Rundfunk ein Thema aktualisiert, das eigentlich nicht neu ist: die Auslagerung von Fernsehproduktionen an privatrechtliche Tochterfirmen. Im konkreten Fall ging es um die Firma Maran, an der der SWR 51 Prozent hält. Sie soll die Filmproduktion, die bislang im SWR selbst erfolgt ist, Feder führend gestalten (siehe M 6/01).

Die meisten öffentlich-rechtlichen Sender (auch das ZDF mit Network Movie) haben in den vergangenen Jahren ähnliche Schritte getan: Studio Hamburg (NDR), Bavaria (WDR, BR, SWR), Askania (ORB, Bavaria), Taunusfilm (HR), Telefilm Saar (SR). Spitzenreiter ist der MDR, der unter der Drefa-Holding ein ganzes Geflecht von Tochter- und Enkelinnenfirmen unterhält und so einen Teil seiner Geschäftstätigkeit der öffentlichen Kontrolle entzieht.18

Die Kritik an dieser Unternehmenspolitik ist vielschichtig. Einerseits richtet sie sich dagegen, dass die Sender ihre Programmkompetenz teilweise abgeben, andererseits dagegen, dass die Tochterfirmen vielfältige Geschäfte mit der privaten Konkurrenz betreiben. Die Drefa-Holding des MDR z.B. unterhält drei Joint Ventures mit der Kinowelt AG und eines mit der Kirch-Gruppe.19 Die privaten Filmproduzenten (allen voran Bertelsmann und Kirch) wiederum kritisieren, dass sie womöglich weniger Aufträge erhalten.

 

Film und Video mit leichtem Wachstum

„Von der Hand in den Mund“ hat das Magazin Focus die Situation der mittelständischen Produktionsfirmen für Fernsehfilme beschrieben.20 Hintergrund ist die Tatsache, dass die öffentlich-rechtlichen und die großen privaten Fernsehsender einerseits die Zahl der Eigenproduktionen senken und andererseits mehr Filme in den eigenen Häusern bzw. von eigenen Tochterfirmen herstellen lassen. Unter den zehn größten TV-Produzenten stehen die unabhängigen Unternehmen hinten.

Umsätze von TV-Produktionsfirmen in Deutschland 1999/2000

Unternehmen

Umsatz
in Mio. Mark

Ufa (Bertelsmann)

566

KirchMedia

355

Bavaria Film (ARD u.a.)

315

Studio Hamburg (ARD)

198

Endemol

184

Novafilm Otto Meissner

110

Producers AG

90

Brainpool

72

Regina Ziegler Film

65

Neue Münchner
Fernsehproduktion

55

Quelle: Focus 15, 9.4.01

 

Schon für 1998 hatten Autoren in einer ausführlichen Studie davon geschrieben, dass die Produktionsbranche „von der größten Konzentrationswelle ihrer Geschichte erfasst“ sei.21 Diese Tendenz setzt sich fort.

Die Produktion von Spielfilmen hat etwas bessere Ausgangsbedingungen, weil hier staatliche Fördermittel gezahlt werden. Fast 350 Millionen Mark flossen im Jahr 1999 dafür aus diversen Bundes- und Landestöpfen – eine Rekordsumme, die 2000 in ähnlicher Höhe gehalten worden ist.

Fördermittel für den deutschen Film

1999 349 Mio. DM
1998 308 Mio. DM
1997 256 Mio. DM
1996 271 Mio. DM
1995 269 Mio. DM

Quelle: Der Spiegel 24 vom 12.6.00

37 Prozent der Fördermittel kommen vom Bund, der Rest aus sechs Bundesländern. 211 Millionen davon wurden speziell für die Förderung von Kinofilmen verwendet.

Allerdings wandern die weitaus höchsten Summen in relativ wenige (oft internationale) Großprojekte. Nach Angaben der Berliner Filmförderungsanstalt FFA ist im Jahr 2000 jede fünfte Mark aus deutschen Filmfonds in Hollywood-Produktionen gewandert. Laut FFA-Vorstand Rolf Bähr sei das „filmpolitisch sicher nicht gewollt“, die Banken hätten aber „offenbar gut verdient“.22

Der Marktanteil deutscher Filme in den hiesigen Kinos war trotz aller Bemühungen im vergangenen Jahr wieder rückläufig: Nur 12,4 Prozent der Zuschauer haben ihre Eintrittskarte wegen einem deutschen Streifen gekauft.

Bei den Filmtheatern hat sich der Zentralisationsprozess fortgesetzt. Die Zahl der Spielstätten und der eigenständigen Unternehmen sinkt seit Jahren, die der Spielsäle (Leinwände) steigt, die Umsätze stagnieren.

Die wirtschaftliche Entwicklung bei den deutschen Kinos

1997

1998

1999

2000

Besucher (Mio.)

143,10

148,90

149,00

152,50

Umsatz (Mrd. DM)

1,47

1,60

1,58

1,61

Unternehmen

1210

1189

1173

Spielstätten

1978

1934

1880

1865

Spielsäle

4284

4435

4651

4783

– dar. Multiplexe

.

729

957

1463

Standorte

1093

1073

1064

1054

Marktanteil dt.
Filme (v.H.)


17,3


9,5


14,0


12,4

Quelle: Horizont mediafacts 2/01, S. 20; filmecho-filmwelt, Dez. 00

Am deutlichsten kommt die Zentralisation in den Multi- und Megaplex-Kinos zum Ausdruck. 87 solcher Großkinos waren im Jahr 1999 in Betrieb, 32 sind im vergangenen Jahr dazu gekommen. Ende 2000 stellten sie 40 Prozent der Besucher und 44 Prozent des Branchenumsatzes.

Der Markt für Multiplex-Kinos wird von wenigen Gruppen beherrscht, die ihre Position in der jüngsten Vergangenheit durch Zusammenschlüsse und Managementverträge gestärkt haben. Der größte Anbieter, Cinemaxx, hat sich mit der Ufa vereinigt, Kinowelt hat 50,1 Prozent von Theile und 25,2 Prozent von Village Roadshow gekauft und hält außerdem Arthaus. Die Betreibergruppen Hoyts und Warner haben sich aus dem deutschen Markt zurückgezogen.

Marktanteile der Multiplex-Betreiber 2000

Betreiber

Leinwände

Anteil an allen
Leinwänden

Cinemaxx AG

717

15,42 %

Kieft & Kieft

346

7,44 %

Kinowelt Medien AG

236

5,07 %

UCI

164

3,53,%

zusammen

1463

31,46 %

Quelle: filmecho/filmwelt, Dezember 2000 (nach RMC Medien Consult)

 

Medien im Banne der Börse

Im Sommer 2000 hatte der Münchner Medienkonzern EM.TV angekündigt, dass sein Umsatz in den kommenden zwölf Monaten von 1,6 auf 2,5 Milliarden Mark steigen werde. Damit hätte sich die Vorzeigefirma der New Economy in die Gruppe der ganz Großen der Medienwirtschaft geschoben.

Daraus ist bekanntlich nichts geworden. Das EM.TV-Management musste im Dezember 2000 eingestehen, dass man sich überhoben hat. Der Einstieg des Kirch-Konzerns und das Börsendebakel der EM-Aktie waren die Folge. Die Existenzkrise ist bis heute nicht überwunden.

So ähnlich ist es auch mehreren anderen Unternehmen (z.B. Sunburst, Advanced) gegangen, die über Börsengänge Milliarden eingenommen hatten und glaubten, damit allein schon ein erfolgversprechendes Geschäftskonzept zu besitzen. Andere, wie z.B. die Kinowelt AG, mussten ihre hoch fliegenden Expansionspläne aufgeben und beschränken sich wieder auf ihr Kerngeschäft (in diesem Fall Film, Kino und Rechtehandel).

Derartige Krisen gehen in erster Linie immer zu Lasten der Beschäftigten. Das gilt auch für die Sparte der elektronischen Medien, bei denen inzwischen ebenfalls viele euphorische Pläne zerstieben. Die Hauptgründe sind hier die ausbleibenden Werbeeinnahmen und die Überkapazitäten bei den Angeboten; der Konjunkturabschwung tut ein Übriges. Etliche kleinere Internetfirmen (jüngstes Beispiel: Kabel New Media) mussten aufgeben oder sind von Großkonzernen geschluckt worden. Diese selbst fahren ihre Aktivitäten im Internet ebenfalls herunter:

Bertelsmann:

    • barnesandnoble.com
      (E-Commerce): 700 Millionen Mark Umsatz und 340 Millionen Mark Verlust; Abbau von 350 Arbeitsplätzen (16 Prozent) weltweit
    • Lycos Europa
      (Portal): „hohe Verluste“; Gewinn wird frühestens 2004 erwartet.
    • Pixelpark
      (Internetagentur): 55 Millionen Mark Umsatz und 10,5 Millionen Mark Verlust; 300 Entlassungen geplant.
    • BOL

(Online-Buchhandel) wird aufgelöst und mit den Buchklubs verschmolzen.

Kirch-Gruppe:

    • Kirch New Media
      wurde im Sommer 2000 gestartet; im Herbst 2000 sind Investitionen von mehreren hundert Millionen Mark gestrichen worden. Abbau von 80 der 160 Arbeitsplätze.
    • Maxdome

(Entertainment-Portal) ist drei Monate nach dem Start gestoppt worden.

Springer-Verlag:

  • Bild.de
     das spektakulär angekündigte Internetportal ist auf der Hauptversammlung im Juni 2001 erheblich „tiefer gehängt“ worden.23

Auch die Konzerne Holtzbrinck und Burda buttern bislang bei ihren Onlinegeschäften zu. Erst recht gilt das für branchenfremde Kapitale, die geglaubt hatten, in der Medienwirtschaft schnelles Geld machen zu können: Die Deutsche Bank z.B. hat ihr Medienengagement für gescheitert erklärt. Andere suchen die Zusammenarbeit mit „Content-Lieferanten“. Die E-Commerce-Tochter des Otto-Versands hat deshalb mit dem Springer-Verlag angebandelt, der Programmanbieter SAP mit Yahoo, T-Online will mit dem ZDF ein gemeinsames Internetportal schaffen und plant ein „Entertainment-Portal“ mit Springer.

Die Internet- und Entertainmentfirmen haben allerdings einen Prozess beschleunigt, der die Medienwirtschaft künftig prägen wird, die Börsenorientierung. Auch wenn der Neue Markt derzeit depressiv wirkt: Die Aussicht auf schnelle Millionen durch Börsengänge ist zu verführerisch, als dass dieser Weg nicht immer wieder versucht werden würde. Herausragendstes Beispiel war, dass der Bertelsmann-Konzern sich im Zuge der Übernahme der RTL-Group im Februar 2001 für die Börse geöffnet hat – ein bis dahin unumstößliches Tabu.

Börsengängigkeit bedeutet, dass Unternehmensentscheidungen wesentlich vom Börsenklima bestimmt werden – und damit von kurzfristigen Interessen und fachfremden Kriterien. Eine inhaltliche Bindung an das Medium, Qualitätsstandards über den aktuellen Publikumserfolg hinaus haben im Zweifel hinter der Orientierung am Shareholder Value zurückzustehen.

Für anspruchsvollere Medienschaffende und Konsumenten keine erfreulichen Aussichten.


  • Dr. Gert Hautsch, Frankfurt/M., ist Redakteur und Betriebsrat beim WDV Wirtschaftsdienst in Bad Homburg.Er schreibt u.a. zu medienwirtschaftlichen Themen und besorgt seit 1998 den jährlichen „Reader Medienökonomie“ von IG Medien bzw. ver.di.


    1 Die Erhebung stützt sich auf die Auswertung verschiedener Tageszeitungen, Fachzeitschriften und Fachinformationsdienste
    2 Handelsblatt, 23. 1. 01
    3 Quelle: Börsenverein (Hsg.), Buch und Buchhandel in Zahlen 2000, S. 57
    4 buchreport.magazin, 4/01
    5 buchreport.magazin, 3/01
    6 FAZ, 22. 5. 01; nach Börsenverein
    7 Frankfurter Rundschau, 9. 6. 01
    8 Frankfurter Allgemeine, 26. 4. 01
    9 Frankfurter Allgemeine, 29. 3. 01
    10 horizont-net,27.6.01
    11 horizont, 10. 5. 01
    12 epd medien, 24. 2. 01
    13 Fortschreitende Medienkonzentration im Zeichen der Konvergenz, Bericht der Kommission zur Ermittlung der Konzentration in der Medienbranche (im Folgenden: KEK-Bericht), Berlin 2000, S. 296
    14 Die Woche, 5. 1. 01
    15 epd medien, 19. 5. 01
    16 Süddeutsche Zeitung, 22. 3. 01; Frankfurter Allgemeine, 9. 4. 01
    17 Süddeutsche Zeitung, 27. 3. 01
    18 Näheres vgl. Horst Röper, Aufstrebende Töchter, in „M“ 37, 8-9/00.
    19 Der Spiegel, 30. 10. 00
    20 Focus 15, 9. 4. 01
    21 Formatt-Institut, Dortmund, zit.n. epd medien, 26. 1. 00, S. 32
    22 Tagesspiegel, 17. 2. 01
    23 Financial Times Deutschland, 28. 6. 01




 

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